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Staatsvertrag ausgebremst

Das ungeliebte Abkommen: Die deutsche Länderkammer will den Fluglärm-Staatsvertrag nicht ratifizieren. Keystone

Der Deutsche Bundesrat hat Einspruch gegen den Fluglärm-Staatsvertrag mit der Schweiz eingelegt. Der deutsche Verkehrsminister hält dennoch am Abkommen fest.

Der Sprecher von Verkehrsminister Kurt Bodewig erklärte nach dem Einspruch des Bundesrates, der Länderkammer, am Freitag in Berlin: «Wir wollen den Staatsvertrag.» Dieser sei «ein fairer Kompromiss».

In der Schweiz hatte der Nationalrat (grosse Kammer) den Vertrag bereits Mitte Juni mit grosser Mehrheit abgelehnt. Der Ständerat hat das Geschäft noch nicht behandelt, doch auch dort stösst das Abkommen auf wenig Begeisterung.

Nach dem Einspruch der deutschen Länderkammer gegen den Vertrag bangt das Schweizer Verkehrsministerium nun um die künftige Anflugkapazität von Zürich-Kloten. Man hoffe, dass der Ständerat angesichts der jüngsten Entwicklung das Dossier mit grösster Sorgfalt prüfe und der Landesregierung folge und dem Abkommen zustimme, erklärte ein Sprecher des Ministeriums in Bern.

Bodensee-Zusammenstoss als neues Argument

Der Antrag zum Einspruch gegen den Fluglärm-Staatsvertrag war von Baden-Württemberg eingebracht worden. Begründet wurde der Antrag unter anderem mit der Rolle der Schweizer Flugsicherung Skyguide beim Zusammenstoss bei Überlingen am Bodensee.

Zudem müsse Deutschland für eine gerechtere Verteilung der An- und Abflüge nach Zürich-Kloten über Süddeutschland sorgen. Die Bevölkerung in den Grenzregionen werde von dem Fluglärm durch den Airport Zürich «gequält».

Nachdem Einspruch der Länderkammer zu dem Ratifizierungs-Gesetz geht das Geschäft an den Bundestag (grosse Kammer). Er muss den Einspruch der Länderkammer mit der so genannten Kanzler-Mehrheit zurückweisen, wenn die Ratifizierung nicht scheitern soll.

Gelegenheit dazu bietet sich im September, wenn der Bundestag noch einmal zu ersten Budget-Beratungen zusammentritt. Der Staatsvertrag regelt die An- und Abflüge nach Zürich-Kloten über Süddeutschland neu.

Wenig Chancen

Dass es bei dem neuen Votum im Bundestag die Kanzler-Mehrheit gibt, ist jedoch nach einem Bericht des «Südkurier» aus Konstanz «unwahrscheinlich». Acht Bundestags-Abgeordnete der Grünen aus Baden-Württemberg hätten Bodewig geschrieben, dass sie den Staatsvertrag als gescheitert ansähen, meldete die Zeitung am Freitag. Deshalb solle der Minister eine einseitige Rechtsverordnung erlassen.

Bodewig hatte dies für den Fall des Scheiterns des Staatsvertrages angekündigt. Die Rechtsverordnung soll dann die Zahl der Zürich-Flüge über Süddeutschland noch stärker als im Staatsvertrag geplant begrenzen.

Auch soll aus rechtlichen Gründen die Flugkontrolle von Deutschland wieder bis zur Grenze wahrgenommen werden. Seit Jahrzehnten erfolgt diese durch die Schweiz.

Trotz Zusammenstoss am Bodensee

Auch nach dem schweren Flugzeug-Unglück bei Überlingen am Bodensee, nach welchem die Schweizer Flugsicherung Skyguide hart ins Visier der Kritik geriet, will Bodewig an der Kontrolle durch die Schweiz festhalten. Sein Sprecher sagte am Freitag noch einmal, sonst gebe es «einen Rückfall in die Kleinstaaterei».

Auch die Deutsche Flugsicherung (DFS) sprach sich gleichentags gegen die Forderung aus, den Schweizern die Zuständigkeit für den süddeutschen Raum zu entziehen. Es sei international sinnvoll, die Kontrolle der Lufträume in Grenzgebieten zu delegieren, hiess es an der Jahres-Medienkonferenz der DSF. So kontrollierten DSF-Lotsen den österreichischen Luftraum von Innsbruck bis zum Brenner.

swissinfo und Agenturen

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