Trotz Entlastung: Nachrichtendienstchef Regli wird abgelöst und pensioniert
Dem suspendierten Nachrichtendienstchef Peter Regli ist weder strafrechtlich noch disziplinarisch etwas vorzuwerfen. Dies ergab die von Max Widmer (Bild) geleitete Untersuchung im VBS. Regli wird dennoch abgelöst und geht nächstes Jahr in Pension.
Dem suspendierten Nachrichtendienstchef Peter Regli ist im Fall Bellasi weder strafrechtlich noch disziplinarisch etwas vorzuwerfen. Dies ergab die von Max Widmer (Bild) geleitete Administrativuntersuchung im VBS. Bundesrat Adolf Ogi hält Regli für ‚voll rehablitiert‘. Er hat die Beurlaubung des Nachrichtenchefs aufgehoben, Regli aber eine neue Aufgabe zugewiesen. Regli tritt im Laufe des nächsten Jahres vorzeitig in den Ruhestand.
Nach Auskunft Ogis wird Regli die Funktionsübergabe an den interimistischen Chef der Untergruppe Nachrichten, Divisionär Martin von Orelli, abschliessen. Er soll dem Generalstabschef für Sonderaufgaben zur Verfügung stehen und diesen vor allem bei der Neuaustrichtung des Nachrichtendienstes unterstützen.
Laut Ogi wäre Regli gemäss ordentlicher Personalplanung Ende 2000 ohnehin abgelöst worden. Die Stelle werde ausgeschrieben, sobald der Bundesrat über die Zukunft des Nachrichtendienstes entschieden habe.
Gravierende Verdächtigungen und Anschuldigungen hätten sich in Luft aufgelöst, sagte Ogi in seiner politischen Würdigung am Donnerstag vor den Medien. Der finanzielle Schaden und Vertrauensverlust aus dem Fall Bellasi seien aber gross. Die Berichte hätten die Dimension des Falles relativiert, sagte Ogi. Der Betrug und die Urkundenfälschung wären auch in einem andern Bundesamt möglich gewesen. Beim militärischen Zahlungsverkehr und insbesondere beim Nachrichtendienst bestehe aber ‚grosser Handlungs- und Erneuerungsbedarf‘.
Regli selber bedauerte das Geschehene und erklärte, er habe sich dem Entschluss zu unterziehen. Die vielen bösen Anschuldigungen seien jedoch vom Tisch, und er sei rehabilitiert worden. Dies sei ihm das Wichtigste gewesen.
Untergebene Reglis belastet
Hingegen bringt die Untersuchung einen weiteren Untergebenen Reglis ins Zwielicht, wegen der Annahme von Geschenken Bellasis im Wert von 20’000 Franken. Der Luzerner Jurist Max Widmer, ehemaliger Präsident eines Divisionsgerichtes, präsentierte am Donnerstag (2.12.) im Bundeshaus Ergebnisse und Empfehlungen aufgrund seiner Administrativuntersuchung, die er nach dem Auffliegen des Falles Bellasi im Verteidigungsdepartement durchführte. Der Bericht als Ganzes bleibt unter Verschluss. Denn es handelt sich laut VBS-Sprecher Oswald Sigg um ein internes Dokument; auch stehe der Persönlichkeitsschutz einer Veröffentlichung entgegen.
Was die Verantwortlichkeiten für den Fall Bellasi angeht, empfiehlt Widmer ein Disziplinarverfahren gegen den suspendierten Chef des Strategischen Nachrichtendienstes (C SND), Fred Schreier, und zwar unabhängig vom Strafverfahren und dessen Ausgang. Schreier hat dem mutmasslichen Betrüger Dino Bellasi 69 Vorschussmandate über 4,014 Millionen Franken unterzeichnet. Effektiv angefallen seien in dem Zeitraum Auslagen von rund 200’000 Franken, sagte Widmer. Schreier hätte das krasse Missverhältnis auffallen müssen, sein Verschulden sei als mindestens grobfahrlässig zu beurteilen. Dass er gar vorsätzlich handelte und mitprofitierte, glaubt Widmer nach eigenen Worten nicht. Vielmehr habe der Nachrichtendienstler wie andere in der Untergruppe Bellasi und dem Kontrollsystem blind vertraut. Dies sei aber keine hinreichende Entschuldigung.
Das Bundesamt für Betriebe des Heeres (BABHE) erfüllte seine Kontrollpflichten ungenügend und nicht vorschriftsmässig. Widmer sprach von gravierenden Fehlern. Ogi soll deshalb prüfen, ob die im Bundesamt disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden sollen. Schliesslich prangert Widmer Armin Balzer an, den Chef Dienststelle Besuche Militärprotokoll. Er habe es unterlassen, seine Vorgesetzten, insbesondere Regli, über die von Bellasi gegen diese noch vor seiner Kündigung erhobenen massiven Vorwürfe zu orientieren. Balzer hat zudem von Bellasi Geschenke in der Grössenordnung von 20’000 Franken angenommen. Mit der Geschenkannahme werde sich möglicherweise die zuständige Strafuntersuchungsbehörde noch befassen. Unabhängig davon empfiehlt Widmer zu prüfen, ob auch gegen Balzer ein Disziplinarverfahren einzuleiten sei.
Kein ausserordentliches Veruntreuungsrisiko geortet
Die Eidgenössische Finanzkontrolle gab gleichzeitig bekannt, im VBS bestehe kein ausserordentliches Prozessrisiko. Die Abwicklung der Zahlungen und der Budgetüberwachung sei im Grossen und Ganzen zufriedenstellend organisiert. Es bestehe zwar Verbesserungspotenzial. Dass Veruntreuung trotzdem auch in Zukunft vorkommen könne, wenn mit entsprechend krimineller Energie vorgegangen werde, könne aber wie in den andern Departementen nicht ausgeschlossen werden.
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