Neuer Ferrostaal-Chef Secher startet Amnestie-Programm
ESSEN (awp international) – Der mit massiven Korruptionsvorwürfen konfrontierte Anlagenbauer Ferrostaal startet ein Amnestieprogramm für seine Mitarbeiter. Das kündigte der künftige Vorstandschef Jan Secher am Dienstag an. Der 52-jährige Schwede übernimmt den Posten zum 1. Juni. Sein Vorgänger Matthias Mitscherlich (61) war wegen der Vorwürfe Anfang Mai kurzfristig abberufen worden.
Gegen das Unternehmen mit rund 1,6 Milliarden Euro Umsatz und 4.400 Mitarbeitern ermittelt die Staatsanwaltschaft München wegen möglicher Schmiergeldzahlungen unter anderem für ein U-Boot-Geschäft mit Griechenland. Ferrostaal werde sich voll darauf konzentrieren, mögliche unsaubere Vorgänge aufzuklären und das Vertrauen von Kunden und Eigentümern wiederzugewinnen, sagte Secher.
Teil der Neuausrichtung bei Ferrostaal ist auch der Wechsel des ehemaligen Siemens-Korruptionsbeauftragten Andreas Pohlmann, der als neues Vorstandsmitglied bereits bei Ferrostaal angefangen hat. Mit einem Amnestieprogramm habe er bei Siemens beste Erfahrungen gemacht, sagte er. Mitarbeiter, die über unsaubere Vorgänge berichten und zur Aufklärung beitragen, sollen weder entlassen noch mit Schadenersatzforderungen konfrontiert werden. Künftig sollten die Beschäftigten umfassender auf Korruptionsgefahren vorbereitet, Kunden besser unter die Lupe genommen und Vergehen strenger bestraft werden, sagte Pohlmann.
Ferrostaal arbeitet seit Jahren als Generalunternehmer und Vermittler der deutschen Exportwirtschaft gerade in schwierigen und korruptionsanfälligen Ländern Lateinamerikas und Nordafrikas. Nach früheren Medienberichten ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen rund ein Dutzend Ferrostaal-Manager wegen möglicher Schmiergeldzahlungen. Angezweifelt werden Beraterhonorare von rund 180 Millionen Euro.
Ex-Vorstandschef Mitscherlich musste unter anderem deshalb gehen, weil er einen angezweifelten Millionenscheck an einen Berater unterschrieben und die Ermittlungen nicht ausreichend unterstützt haben soll. Sein Vertrag lief noch vier Jahre. Aufsichtsratschef Georg Thoma wollte sich nicht dazu äussern, ob eine gerichtliche Auseinandersetzung mit Mitscherlich über eine Abfindung droht.
Secher war drei Jahre lang Vorstandschef der Clariant AG und hatte drei Jahre lang Sicpa, einen weltweit führenden Hersteller von Sicherheitsdruckfarben und Sicherheitssystemen, geführt. Den Grundstein seiner Karriere legte der studierte Wirtschaftsingenieur in rund 20 Jahren bei ABB. Dort sei er viele Jahre lang auch im internationalen Projektgeschäft tätig gewesen, sagte er. Aktuell arbeitet Secher beim US-amerikanischen Private Equity Fonds Apollo (London).
rs/DP/fn