Die Schweiz prüft, ob sie gegen Libyen vor internationalen Gremien wegen Entführung vorgehen kann. Dies kündigte die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey an.
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«Immerhin wurden sie fast acht Wochen lang isoliert», begründete Calmy-Rey ein mögliches Vorgehen der Schweiz gegen Libyen in einem Interview, das sie der Onlineausgabe des Gratisblattes 20 Minuten gab.
Die beiden Scheizer Geiseln Max Göldi und Rachid Hamdani waren am 18. September 2009 aus der Schweizer Botschaft in Tripolis gelockt worden und bis zum 9. November an einem unbekannten Ort getrennt festgehalten worden. Sie waren dabei ohne Tageslicht und ohne Kontakt zur Aussenwelt – zu ihrem Anwalt, ihrer Familie oder der Botschaft.
Calmy-Rey liess offen, welche Gremien das Aussenministerium in Bern in Betracht zieht für eine Klage. Gemäss Experten wäre ein Anrufung internationaler Gerichte, der UNO-Vollversammlung oder des UNO-Sicherheitsrates möglich.
Zugleich betonte sie erneut, die Schweiz wolle gegenüber Libyen keine Retourkutsche. «Natürlich sind wir wütend, ich auch», sagte sie. «Aber Retorsionsmassnahmen dienen unseren Interessen nicht.»
Calmy-Rey wehrte sich gegen den Eindruck, die Schweiz habe für die Freilassung Göldis ein Lösegeld bezahlt. Die 1,5 Mio. Franken auf einem deutschen Konto für Libyen seien eine Aufwandsentschädigung und kein Lösegeld, betonte sie.
Zudem werde das Geld nur bezahlt, wenn jene nicht gefunden und bestraft würden, die der Tribune de Genève die Polizeifotos von Hannibal Gaddafi zugespielt haben. Allerdings rechnet die Bundesrätin nicht damit: Die Identifizierung des Täters sei «eher unwahrscheinlich».
«Die Libyer müssen die Auslagen (…) noch belegen», sagte Calmy-Rey. Sollten diese tiefer liegen, wolle die Schweiz «die Differenz für humanitäre Projekte in Libyen einsetzen». Dies sei einer der Punkte in den Verhandlungen am Freitag in Madrid. Ein weiterer sei, dass Schweizer Bürger nach wie vor nicht nach Libyen reisen können.
Ebenfalls am Freitag hat der Präsident des rechtspopulistischen Mouvement citoyens genevois (MCG), Eric Stauffer, eine Klage gegen Muammar Gaddafi und dessen Sohn Hannibal eingereicht. Der Genfer Rechtspolitiker wirft ihnen Geiselnahme mit Lösegeld-Erpressung, Bedrohung und Erpressung vor.
swissinfo.ch und Agenturen
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