Expo.02: Countdown läuft

Hundert Tage vor der Expo-Eröffnung gibt sich Präsident Franz Steinegger zuversichtlich. Obwohl die Liquidität noch nicht gesichert ist, hat er bewusst kein Worstcase-Szenario ausgearbeitet.
swissinfo: Noch 100 Tage bis zur Expo.02. Schleicht sich die Landesausstellung in Ihre Träume?
Expo-Präsident Franz Steinegger: Die Expo darf jetzt nicht schleichen, sonst werden wir mehr als hundert Tage brauchen… Sie wird natürlich immer konkreter, die Stimmung ist relativ gut, doch es gibt noch viele Probleme zu bewältigen.
Wo drückt der Schuh am meisten?
Es gibt noch gewisse Bauprobleme. An der Plattform in Biel müssen beispielsweise zusätzliche Verstrebungen gebaut werden. Ein Problem ist auch die Aufrechterhaltung der Liquidität, die Frage, ob das Parlament im März diesen 120 Millionen-Kredit bewilligt.
Was passiert, wenn das Parlament Nein sagt?
Ich habe ausdrücklich nicht veranlasst, dass man ein entsprechendes Szenario vorbereitet, es wären viele Spekulationen damit verbunden. Aber selbstverständlich würde es eine sehr schwierige Situation geben. Man müsste mit den Hauptsponsoren überlegen, was man noch machen will und kann.
Wenn wir rund 120 Millionen abstreichen müssten, gäbe das eine sehr reduzierte Expo. Dadurch wären natürlich auch die Einnahmen gefährdet. Ich würde sagen, man kann diese Frage nur zusammen mit einem Nachlassverwalter entscheiden.
Sie nehmen sich als ehemaliger Präsident der Freisinnigen die Freiheit, bei ihren National- und Ständeratskollegen betteln zu gehen – aus dem Katastrophen-Franz wird ein Bettler-Franz.
Ich bin nicht gerne noch einmal zum Bundesrat gegangen und auch zum Parlament überhaupt nicht. Wir, und ich besonders, wollten das auf jeden Fall vermeiden. Allerdings fühle ich mich überhaupt nicht als Bettler, weil das Parlament seinerzeit grünes Licht für die Expo gegeben hat, eigentlich in Kenntnis der Probleme.
1996 hatte man ein Budget von 1.3 Milliarden, das ist jetzt etwas höher. Und man hat erwartet, dass 800 Millionen durch Sponsoring eingebracht werden. Das war eine Fehlüberlegung, an welcher sich praktisch das ganze Parlament beteiligt hat. Und aus diesem Grund sehe ich mich eher als Sanierer, der jetzt eine schwierige Situation meistert.
Sind Sie enttäuscht, dass die Wirtschaft nicht soviel bezahlt hat?
1999 schätzten wir, dass 453 Millionen an Sponsoringeinnahmen realistisch sind. Auch die Vertreter der Wirtschaft sagten damals, das sollte erreichbar sein. Enttäucht bin ich von einzelnen Wirtschaftsleuten, die nicht mitgezogen haben und wir das Ziel nun verfehlen.
Welchen Vorteilt hat das Publikum, wenn der Staat sich mehr beteiligt und die Wirtschaft weniger?
Dass damit vielleicht der Gedanke der Landesausstellung stärker betont wird. 1939 hatte man es von Anfang an anders gehalten. Motto: die Politik macht die Landesausstellung und wir schauen dann, was die Wirtschaft bringt.
Für die Zukunft muss man wissen: Wenn man eine Landesausstellung will, eine Themenausstellung und nicht einfach eine Produkte-Schau, wird den Grossteil der Gelder die öffentliche Hand beisteuern müssen.
Die Renaissance des Staates, Sie als ehemaliger Präsident der FDP, tut Ihnen das weh?
Im Zusammenhang mit der Landesausstellung tut mir das eigentlich nicht weh. Ich stelle einfach fest, dass es für eine Themenausstellung, die den Anspruch erhebt, eine nationale Ausstellung zu sein, notwendig ist, dass die öffentliche Hand über 50 Prozent beisteuert. Denn man kann nicht befehlen, macht eine Landesausstellung und anderen dann sagen, ihr zahlt es jetzt.
Was soll die Expo im Ausland auslösen?
Ich hoffe, das die Expo.02 dem Ausland beweist, dass wir ein grosses Projekt realisieren können. Dass wir imstande sind, auf eine festliche und auch freudige Art und Weise uns mit dem eigenen Land in Ruhe auseinander zu setzen.
Seit Dezember läuft eine grosse Fundraising-Kampagne bei den Auslandschweizern, bisher ist noch kein einziger Franken eingegangen…
Wir können niemanden zwingen, uns zu helfen. Ich habe aber ein gewisses Verständnis, weil die Auslandschweizer durch die Finanzierung der Auslandschweizerschulen bereits stark belastet sind.
Welches Gefühl sollen die Besucherinnen und Besucher der Expo mit nach Hause nehmen?
Es soll den Corpsgeist der Eidgenossen etwas stärken. Man soll mit einer gewissen Freude und Stolz nach Hause gehen, dass man Bewohnerin oder Bewohner dieses Landes ist.
Und man soll vielleicht auch mit zwei, drei Fragestellungen nach Hause gehen, um sich etwas intensiver mit der Schweiz auseinander zu setzen.
«Suisser» nennt dies Ben Vautier, der welsche Schriftsteller – «suisser» sich also mit der Angelegenheit Schweiz etwas auseinandersetzen. Nicht indem ich mich in eine Bibliothek verkrieche, sondern in einer festlichen und fröhlichen Athmosphäre. Aber immerhin ist das Thema die Schweiz.
Kathrin Boss Brawand und Peter Salvisberg

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