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Wolfabschuss vor Europarat

Der tote Bergeller Wolf: Die Abschussbewilligung wird unter die Lupe genommen. swissinfo.ch

Die Tötung des "Bündner" Wolfs im letzten Herbst soll gegen die Berner Konvention verstossen haben. Davon ist Italiens Umweltorganisation Legambiente überzeugt.

Legambiente hat die Schweiz beim Europarat angezeigt. Der Europarat will nun wissen, wieso der Bund den Abschuss bewilligte. Ein entsprechender Brief sei ans Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) gegangen, bestätigte Eladio Fernández-Galiano, Leiter der Abteilung Naturerbe beim Europarat, am Dienstag.

Länder wie Frankreich, Deutschland oder Norwegen hätten dieselben Probleme mit dem Wolf wie die Schweiz, sagte Fernández-Galiano. Aber dort habe man sich arrangiert. «Wenn andere Länder mit dem Wolf umgehen können, dann sollte das die Schweiz auch schaffen».

Das BUWAL kontert

Das BUWAL wehrt sich gegen den Vorwurf, die Abschussbewilligung verstosse gegen die Berner Konvention. «Nach unserer Meinung verletzt die Bewilligung die Konvention nicht», sagte BUWAL-Pressechef Andreas Stuber. Wie das BUWAL dies in seiner Antwort an den Europarat begründen wird, wollte er nicht sagen, bevor der Europarat den Brief bekommen habe.

In dem Artenschutzabkommen, das die Schweiz 1982 unterzeichnete, gehört der Wolf zu den streng geschützten Arten. Artikel 9 der Konvention erlaubt, ein geschütztes Tier abzuschiessen, unter anderem um «ernsthaften Schaden an Nutztieren zu verhindern», allerdings nur, wenn dies das Überleben der betreffenden Population nicht gefährdet.

Andere Wolfspolitik

Urs Tester war fünf Jahre lang Beobachter für Pro Natura bei den Sitzungen der Berner Konvention. Er glaubt nicht, dass der Abschuss beim nächsten Treffen im April als krasse Missachtung der Konvention geahndet wird. Eher werde man der Schweiz eine Empfehlung abgeben, wie sie ihre Wolfspolitik ändern könne.

Wahrscheinlich betrachte man den Bündner Wolf als Teil einer grösseren Population in den italienischen Alpen, sagte Tester, der heute Abteilungsleiter bei Pro Natura ist. Diese sei durch den Abschuss nicht gefährdet.

Beinahe 100 Schafe und Ziegen gerissen

Im vergangenen Herbst erschoss ein Bündner Jäger im Bergell einen Wolf. Das Raubtier hatte innerhalb eines halben Jahres beinahe 100 Schafe und Ziegen gerissen. Die Behörden hatten eine Abschussbewilligung erteilt. Denn das «Konzept Wolf Schweiz» erlaubt es, Wölfe zum Abschuss freizugeben, die über 50 Nutztiere getötet haben.

Vielleicht sind die Diskussionen um die Verletzung der Berner Konvention bald müssig: Im letzten Dezember hat der Ständerat nämlich eine Motion von Theo Maissen (CVP/GR) angenommen. Diese verlangt, dass der Wolf aus der Liste der geschützten Arten gestrichen wird.

Die Motion kommt voraussichtlich im Sommer in den Nationalrat. Würde dieser Ja sagen, müsste die Schweiz die Berner Konvention künden, oder zumindest einen Vorbehalt zum Schutz des Wolfs anbringen.

swissinfo und Agenturen

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