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SNB will Eurokurs unter 1,20 CHF nicht mehr akzeptieren (Zus.)

Bern/Zürich (awp/sda) – Im Kampf gegen den starken CHF zieht die Schweizerische Nationalbank (SNB) unmissverständlich eine Grenze. Die Währungshüter signalisieren den Finanzmärkten und den Währungsspekulanten, dass sie einen Eurokurs unter 1,20 CHF nicht mehr hinnehmen.
Dazu ist die SNB auch bereit, die zeitweise sehr umstrittenen Eurokäufe wieder aufzunehmen. Sie wolle wenn nötig uneingeschränkt Devisen kaufen, um den Märkten die Stirn zu bieten, teilte die Notenbank am Dienstag mit. Zuletzt hatte die SNB im Frühling 2010 versucht, so die Frankenaufwertung zu bremsen.
Devisenkäufe können verhindern, dass der Eurokurs erneut absinkt, aber sie bergen wegen der wachsenden Franken-Geldmenge auch ein Inflationsrisiko. Das Placet der Politik haben die SNB und ihr Präsident Philipp Hildebrand dennoch: Der Bundesrat, alle grossen Parteien, wichtige Wirtschaftsverbände und die Gewerkschaften begrüssten den bereits als historisch taxierten Schritt.
EUROKURS SCHNELLT HOCH
Die Finanzmärkte reagierten nach der SNB-Ankündigung um 10 Uhr sofort. Der Wert der europäischen Einheitswährung schoss innerhalb von kurzer Zeit von 1,12 CHF auf über 1,20 CHF. Das Tageshoch des Umtauschkurses lag bei 1,2162 CHF, ein Wert, den der Euro zuletzt Anfang Juli hatte.
Ein Kursanstieg von rund 10 Rappen in nicht einmal einer Stunde ist zudem einer der grössten Kursausschläge seit Bestehen der europäischen Einheitswährung. Anfang August, noch bevor die SNB offiziell aktiv wurde, wurde der Euro für einem Moment fast 1:1 zum CHF gehandelt. Für die Wirtschaft, vor allem den Export und den Tourismus, war dies eine desaströse Situation.
SNB MUSS ENTSCHLOSSEN SEIN
Die SNB setzte das letzte Mal im Oktober 1978 eine Kursuntergrenze für eine ausländische Währung. Vor 33 Jahren unternahm die Notenbank erfolgreich Massnahmen, um den Kurs der damals zum Franken stark abgewerteten D-Mark bei mindestens 80 Rappen zu halten.
Was die nunmehrige Intervention die SNB koste, lasse sich nicht abschätzen, sagte Credit-Suisse-Ökonom Martin Neff. Da die Überbewertung der Schweizer Währung aber massiv sei, sei er für das Mindestkursziel zuversichtlich. Womöglich stelle sich dann die Frage, den Franken längerfristig an den Euro-Kurs zu binden.
Auch beim Kurs 1,20 zum Euro ist der Franken laut Experten aber stark überbewertet. Die SNB lässt offen, ob sie das Kursziel später erhöht. Wie seit Anfang August, als die Währungshüter Franken in den Markt pumpten und mit einer Leitzinssenkung auf Null gegen das Frankenhoch zu kämpfen begannen, sprach sie von «weiteren Schritten», die gegebenenfalls eingeleitet werden könnten.
PSYCHOLOGISCHER EFFEKT
Mit ihrer Ankündigung habe die SNB im Kampf gegen die Frankenspekulation aber den ultimativen Schritt unternommen, hiess es am Markt. Anleger, die ihr Geld sicher in Franken anlegen wollen, oder beispielsweise Hedge-Fonds, die auf bestimme Währungskurse wetten, zu einem gewissen Grad abgeschreckt sein.
Man werde es sich zweimal überlegen, gegen dieses Ziel der SNB zu spekulieren, sagte ein Experte der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Gegenreaktion der Märkte könnte dennoch folgen: «Wir werden sicher Versuche sehen, die Marke von 1,20 zu testen», zitierte Reuters einen anderen Analysten.
Die SNB könne den Kurs aber nur auf dem gewünschten Level halten, oder das Kursziel später schrittweise erhöhen, wenn sie entschlossen am Ziel festhalte, mahnten Experten. Am eigentlichen Grund für die Stärke des Frankens gegenüber dem Euro, der europäischen Schuldenkrise, habe sich grundlegend nichts geändert.
uh

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