Stimmen aus der Community: «Bundesräte sind heute zu exponiert»

In einer nicht-repräsentativen Umfrage findet rund die Hälfte der «dialog»-Community, dass das Amt des Bundesrats aus verschiedenen Gründen unattraktiv geworden sei.
Wer will? Auf den frei werdenden Bundesratssitz von Viola Amherd gibt es bisher kaum Anwärterinnen und Anwärter. Zwei Männer wurden doch noch gefunden, die sich für den frei werdenden Mitte-Sitz zur Verfügung stellen: der St. Galler Nationalrat und Bauernverbandspräsident Markus Ritter und der Zuger Regierungsrat Martin Pfister.
Umso zahlreicher waren allerdings die Absagen, die bis zum Ablauf der Meldefrist eintrafen. Meist aus persönlichen Gründen. Zum Beispiel die des Mitte-Nationalrats aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden, Thomas Rechsteiner: Innert nützlicher Frist sei es nicht möglich, eine Nachfolgelösung für seine berufliche Tätigkeit zu finden.
Der Zürcher Nationalrat Philipp Kutter sagte, dass sein Familienleben durch das Bundesratsamt zu stark beeinträchtigt würde.
«Die sind total exponiert. Und das bei Löhnen, die im Vergleich zur Privatwirtschaft eher mau sind.»
«Alafin Cesttjsfederequigagne»
«dialog»-User
Und die Regierungsrätinnen Michaela Tschuor (Luzern) und Karin Kayser-Frutschi (Nidwalden) teilten mit, dass ihnen die aktuellen Aufgaben und Projekte auf kantonaler Ebene wichtiger seien.
Ist der 24-Stunden-Job Bundesrat also überhaupt noch attraktiv? Nein, finden rund 52 Prozent der Userinnen und User der SRG-Debattenplattform «dialog» in einer nicht-repräsentativen Umfrage.
User «Milli Vanilli» beispielsweise hat vollstes Verständnis für die Absage von Philipp Kutter: «Die Balance zwischen Arbeit und Familie wird bei der Entscheidung immer schwieriger.»

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Die Mitte-Partei hat zwei offizielle Bundesratskandidaten
Hinzu komme die wachsende Belastung durch das gesellschaftliche Scheinwerferlicht. «Die sind total exponiert. Und das bei Löhnen, die im Vergleich zur Privatwirtschaft eher mau sind», schreibt beispielsweise der User «Alafin».
Die Userin «Contributeur Exalté» sieht diese Exponierung ähnlich kritisch. «Die Tendenz zur Personalisierung der Bundesräte (jährliche individuelle Bilanzen, Angriffe von anderen Parteien) schadet dem Funktionieren des Bundesrats massiv. Ich möchte daran erinnern, dass unsere Exekutiven Kollegien sind.»
Was das Amt im Vergleich zu früher ebenfalls unattraktiver mache, sei die steigende Komplexität. Das wiederum wirft die Frage nach der Erhöhung der Anzahl Bundesratssitze auf.
«Viele Parlamentarier haben Büros und Berater engagiert, um teilweise noch Überblick über die anspruchsvollen Thematiken zu behalten.»
«Hp. G.»
«dialog»-User
User «Hp. G.» schreibt: «Viele Parlamentarier haben Büros und Berater engagiert, um teilweise noch Überblick über die anspruchsvollen Thematiken zu behalten.»
Dennoch finden rund 48 Prozent der Userinnen und User, dass das Amt weiter «interessant», «attraktiv» und «vielseitig» sei.
Und: «Der Job bleibt attraktiv, wegen dem hohen Ansehen und der hohen Rente, sowie den vielen Mandaten danach», findet Userin «Romantische Widersprecherin».
«Man gibt sein Leben für das Wohlergehen des Volkes auf. Es wird immer Leute geben, die bereit sind, diesen Preis zu bezahlen», ergänzt «Neugierige Logografin».
Deshalb sehen es die meisten Userinnen und User auf beiden Seiten nicht als etwas Schlimmes an, wenn eine Bundesratskandidatur gleichzeitig von Dutzenden Absagen begleitet wird.
Im Gegenteil, wie es User «Olle Politico» zusammenfasst: «Es braucht eine Persönlichkeit, die das wirklich will.»
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