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«Die Schweiz steht unter Schock»: Diese Feststellung ist am Tag nach dem Inkrafttreten der 39-prozentigen US-Zölle in den Schweizer Leitartikeln am häufigsten zu lesen. Viele Zeitungen kritisieren die Strategie des Bundesrats, geben die Hoffnung aber nicht auf. Sie fordern die Regierung auf, unverzüglich einen Plan B auszuarbeiten.

Viel Spass beim Lesen!

Ein Mann und eine Frau, dahinter eine Schweizer Flagge
Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin suchen noch nach dem richtigen Hebel, um Donald Trump umzustimmen. Keystone / Peter Schneider

Die Schweizer Presse kritisiert am Freitag die Strategie des Bundesrats, der die Verhängung von Zöllen in Höhe von 39% durch die Vereinigten Staaten nicht verhindern konnte. Unzufriedenheit wird von links wie rechts geäussert.

Die Schweiz «stürzt tief und sieht ihre Wirtschaft ins Wanken geraten», schreibt die Westschweizer Zeitung Le Temps. «Man spürte deutlich die Ohnmacht einer Regierung eines kleinen Landes gegenüber der Willkür und Machtdemonstration einer Grossmacht», fügt 24 Heures hinzu. Die deutschsprachigen Titel der TX-Group ziehen eine Lehre aus den letzten Tagen: «Mit Trump die Konfrontation zu wagen, ist gefährlich. Noch viel gefährlicher ist es freilich, ihm zu vertrauen.»

Die Leitartikel sind sich einig, dass die Eidgenossenschaft ihre Haltung gegenüber dem US-Präsidenten ändern muss. Die Schweiz sollte vielleicht bluffen, meinen die Zeitungen der CH-Media-Gruppe. Sie stellen fest, dass die Strategie der «Musterschülerin» gescheitert ist. «Die Schweizer Software braucht ein umfangreiches Update», meint Le Temps und schlägt vor, mehr Opportunismus zu zeigen.

Auch die Linke und die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) kritisieren die Regierung. «Die Strategie von Karin Keller-Sutter, sich vor Trump zu verbeugen und einen Alleingang zu wagen, ist ein herber Misserfolg», meint die Präsidentin der Grünen, Lisa Mazzone. Die SVP ist hingegen der Ansicht, der Bundesrat habe die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sträflich vernachlässigt.

Ein Labor, auf der Scheibe der Aufdruck "Roche"
Der Pharmakonzern Roche ist Teil der Strategie des Bundes, um den amerikanischen Präsidenten zu beschwichtigen. Keystone / Georgios Kefalas

Um die Haltung von Donald Trump zu den Zöllen zu beeinflussen, erwägt die Schweiz Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten. Der Bund und der Tages-Anzeiger haben versucht, den Inhalt des Schweizer Angebots an Washington zu erfahren.

Laut den Tageszeitungen gehört zu den Investitionen der Ausbau der Produktionsstätten des Pharmakonzerns Roche in den Vereinigten Staaten. Das Schweizer Unternehmen plant, einen Grossteil seines neuen Medikaments gegen Fettleibigkeit dort herzustellen. Ausserdem möchte Roche einen Teil seiner Forschung dorthin verlagern.

Der Bundesrat möchte zudem amerikanisches Flüssiggas und Erdöl importieren. Die Zeitungen behaupten weiter, Bern wolle mehr amerikanische Waffen kaufen. Die Fluggesellschaft Swiss könnte ihrerseits einen Beitrag leisten, indem sie Flugzeuge des Typs Boeing kauft. Es bleibt abzuwarten, ob auch die Landwirtschaft einen Beitrag leisten muss. Es geht darum, die Einfuhr von Rindfleisch aus den Vereinigten Staaten zu erleichtern.

Die Schweizer Exportunternehmen entwickeln eigene Lösungen. Einige von ihnen erwägen eine Verlagerung. So plant das in der biomedizinischen Industrie tätige Unternehmen Ypsomed beispielsweise, einen Teil seiner Produktion aus der Schweiz abzuziehen, da die Zölle im Ausland weniger stark ins Gewicht fallen. «Bei 39 Prozent bleibt uns keine andere Wahl, als einen Teil der Produktion nach Deutschland und Nordamerika zu verlagern», sagt Konzernchef Simon Michel.

Ein Kampfanzug der Armee hängt an einer Wäscheleine im Freien
Ein Oberst der Schweizer Armee wurde suspendiert und musste in die Schweiz zurückkehren. Keystone / Laurent Gillieron

Ein Oberst der Schweizer Armee wurde vom Dienst suspendiert und von seinem Posten im Ausland abberufen. Der Offizier steht im Verdacht, Informationen an Russland weitergegeben zu haben, wie eine Untersuchung von SRF ergab.

Der Mann im Zentrum dieser Affäre ist ein langjähriger wichtiger Mitarbeiter des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS): Er arbeitet seit 20 Jahren dort und hatte bereits wichtige Posten im Ausland inne. So war er in Wien für die Schweizer Delegation bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) tätig, als er zurückbeordert wurde.

Laut SRF wird der Oberst beschuldigt, im Sommer 2024 ein Dokument an Russland weitergegeben zu haben. In seinem beruflichen Umfeld wird die Sanktionierung kritisiert: Es handle sich dabei um ein Dokument, das ohnehin wenige Stunden später an die gesamte OSZE weitergeleitet worden wäre. Das VBS wollte aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Angaben zur Art der gegen den Oberst erhobenen Vorwürfe machen.

Die Militärjustiz hat eine Untersuchung eingeleitet. Diese richte sich nicht gegen eine bestimmte Person, sondern diene der Klärung des Sachverhalts. Ein militärstrafrechtliches Verfahren wird laut VBS nur eingeleitet, wenn sich daraus «ein hinreichender Verdacht auf ein strafbares Verhalten einer Person» ergibt.

Ein Mann in Siegerpose in einem farbigen Hemd, das sein eigenes Konterfei zeigt
Der ehemalige Chef der Credit Suisse, Tidjane Thiam, war Präsidentschaftskandidat in der Elfenbeinküste, wurde jedoch aus dem Rennen geworfen und lebt nun in Frankreich. EPA / Legnan Koula

Wie die Zeitungen 24 Heures und Tribune de Genève am Freitag berichten, wirft der ehemalige Chef der untergegangenen Grossbank Credit Suisse, Tidjane Thiam, der Schweizer Justiz Rassismus vor. Seine Äusserungen sorgen in der Schweiz für Kontroversen.

«Ich kann in der Schweiz kein faires Verfahren bekommen. Denn die Schweiz ist überzeugt, dass der Zusammenbruch ihrer Bank die Schuld des Schwarzen ist, der sie fünf Jahre lang geleitet hat», sagte Thiam in einem Interview mit der in Frankreich ansässigen Plattform AFO Média, die in Afrika weit verbreitet, aber in der westlichen Öffentlichkeit wenig bekannt ist.

Thiam richtet sich gegen die Zürcher Justiz, die seine Klage gegen seine ehemalige Haushälterin im Juli abgewiesen hat. Er hatte sie wegen versuchter Nötigung angeklagt. Zur Erinnerung: Letztere forderte die Zahlung von 587’000 Franken für Überstunden. Eine Sprecherin des Zürcher Gerichts weist die Rassismusvorwürfe von Thiam als unbegründet zurück.

«Man kann nicht pauschal behaupten, dass die Schweizer Justiz rassistisch ist», meint Giulia Reimann, stellvertretende Leiterin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Sie betont jedoch, dass eine rassistische Situation nicht immer leicht zu beurteilen sei: «Bei unseren Beratungen gehen wir davon aus, dass die Empfindungen der betroffenen Person ernst genommen werden müssen.»

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