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Luc Liebster: Mexiko feiert den Schweizer Küchenzauberer

Luc Liebster
Luc Liebster in der engen Küche des Canopia. Flurina Dünki, swissinfo.ch

Luc Liebster hat in den besten Küchen gelernt. Mit 26 zieht er jetzt sein eigenes Restaurant auf – und das in Mexiko-Stadt, wo alles ums Essen heilig ist. Eine Begegnung.

«Ich mag kleine Küchen, da ist alles nahe beieinander.» Die Restaurantküche von Luc Liebster ist heute nur ein paar Quadratmeter gross. Er kocht als Gast in der Weinbar «Canopia», in einem In-Quartier von Mexiko-Stadt gelegen. Ein Spitzenkoch übernimmt für einen Tag die Kelle: Solche Pop-up Anlässe sind längst in der Millionenstadt angekommen.

Mit 26 Jahren hat der Schweizer Luc Liebster Stationen vorzuweisen, die beeindrucken. Mit 15 zog er ins Hotel Waldhaus, ein Schlösschen, das über dem Schweizer Bergdorf Sils Maria im Engadin thront. Dort startete er seine Kochlehre.

Im Gepäck hatte er bereits die Mehlspeisen-Rezepte, die seine tschechische Grossmutter aus ihrer Wiener Zeit dem Enkel überliefert hatte. «Die Leidenschaft zu kochen ist in meiner ganzen Familie verbreitet», sagt Liebster, betont aber auch, dass ihn dies nicht automatisch in die Restaurantküche lotste.

Der Ausbildner im «Waldhaus» war zuvor Lehrmeister des Jahres. Von einem Mentor dieses Formats wollte er lernen. «Koch war nicht seit Kindesbeinen mein Traumberuf. Ich musste mich für eine Lehre entscheiden und entschied mich für dafür», erinnert er sich. Später schloss er als Jahrgangsbester ab.

Heuschrecken und Gruyère

Zehn Jahre später ist er es, der nun die mexikanischen Köche anweist. Für Ausländer ist das eine Ehre. Mit einer der besten Küchen der Welt ist in Mexiko alles ums Essen heilig.

Eine ungarische Langos mit Lachs und Senfsauce
Ungarische Langos mit Fisch und Senfsauce. Flurina Dünki, swissinfo.ch

Ruhig und in sauberem Spanisch erklärt er den Kollegen, wie das Menu gekocht wird, dessen Basis schon im Ölbad brutzelt. Langos, frittierte ungarische Flammkuchen, die er mit Eigenkreationen belegt, dazu Käsesauce, Trüffelpaste und Forelle mit Senfsamen. Seine Liebe zur mexikanischen Küche ist auf seinem Unterarm tätowiert, eine Chilischote. «Aber ich würde nie behaupten, dass ich als Schweizer authentisch mexikanisch koche», sagt er.

«Dafür muss man Mexikaner sein. Ich möchte meinen eigenen Stil finden.»

SWI swissinfo.ch: Wie beschreiben Sie Ihre eigene Küche?

¨Luc Liebster: Ich nenne es: «Luc-Essen». Eine Fusion aus verschiedenen Einflüssen aus meinen Restaurantstationen der Schweiz, Österreich und Mexiko.

Wie sieht so eine Mischung aus?

Wenn ich zu Besuch in der Schweiz auf Anlässen koche, mache ich etwa Gemüse mit einem Heuschrecken-Dip. Oder eine Tostada [frittierte Tortilla, Anm. der Red.] mit Gruyèrecreme. Oder weissen Spargel mit Hollandaise Sauce, in die ich scharf marinierte Chicatana-Ameisen einarbeite.

Wie reagiert die Schweizer Klientel auf die mexikanischen Heuschrecken?

Die Leute probieren es zumindest und darum geht es auch. Ich denke, die Gäste kommen für dieses Erlebnis. Die mexikanische Küche ist in Europa sehr beliebt, doch in der Schweiz gibt es noch nicht viele authentische Restaurants.

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Im Restaurant-Olymp von Wien

Die Quellen, aus denen Liebster für seine Fusion-Gerichte schöpfen kann, sind reich, eine kulinarische Schatzkammer. Nach seiner ersten Anstellung wollte er «im besten Restaurant im deutschsprachigen Raum» arbeiten. «Das ist das Restaurant Steirereck in Wien», sagt er. Zweimal flog er hin, um zur Probe zu kochen. Danach gehörte er zum Team. Dort kreierte Steiereck-Schmaus wie Melanzani mit Meerfenchel, Hendl Haxl mit Marillen oder Holunderblüten-Buttermilch Eis.

Liebster nennt Wien seine lehrreichste Erfahrung: «Das Restaurant Steirereck ist eine einzigartige Schule für einen Koch.» Mit «gelebter Nachhaltigkeit», die ihn geprägt hat und die er nun in Mexiko mit mehreren Beratungsmandaten weitervermitteln kann.

Beim Pionier der neuen Küche Mexikos

«Ich wollte nie länger als zwei Jahre im selben Restaurant bleiben», sagt Liebster. Stets habe er «mehr sehen, mehr lernen» wollen. Nach seiner Zeit im «Steirereck» wurde er Teil eines Küchenchef-Teams  in einem Österreicher Hotel mit Spitzenküche. Seine Ferien verbrachte er damals in Mexiko. Danach stand sein nächstes Ziel fest.

Die Suche nach hochklassiger mexikanischer Gastronomie führte ihn zunächst ins «Pujol» in Mexiko-StadtExterner Link. Es ist das Restaurant von Gastroikone Enrique Olvera, eines der Top 20-Restaurants der Welt. Olvera entwickelte um die Jahrtausendwende als Erster aus mexikanischen Gerichten Fine Dining Varianten.

Als der 24-jährige Schweizer anklopfte, wurde er als Sous-Chef eingestellt. Kannte Liebster bei der Abreise aus Europa die meisten mexikanischen Gerichte noch nicht, würde er deren Zubereitung nun gleich in der höchst veredelten Form lernen.

Der mexikanische Gastronomienachwuchs büffelt nicht umsonst ein eigenes Kapitel über Pionier Olvera. Im «Pujol» sind die Tacos gefüllt mit scharfer Erdnusssauce oder Hummer mit Kapern, und zum Dessert werden Maispfannkuchen mit Feigenblattsorbet serviert.

«Im Restaurant Pujol habe ich das motivierteste Personal meiner Karriere vorgefunden», sagt Liebster. Überhaupt lernte er die mexikanischen Mitarbeitenden als sehr diszipliniert kennen. «Bestimmt auch, weil Essen in Mexiko einen sehr hohen Stellenwert hat.» Restaurantgäste seien entsprechend heikel. «Bei ihnen zu Hause kocht die Grossmutter das beste Essen und sie erwarten mindestens dieses Niveau.»

Das eigene Restaurant

Seiner eigenen Regel folgend, nicht länger als zwei Jahre im selben Restaurant zu bleiben, verliess Liebster seinen mexikanischen Lehrmeister vor ein paar Monaten. In seiner nächsten Küche wird nun er bestimmen, was auf den Tisch kommt.

Luc Liebster vor dem Restaurant Canopia in Mexiko-Stadt
Luc Liebster vor dem Restaurant Canopia in Mexiko-Stadt. Flurina Dünki, swissinfo.ch

In Kürze eröffnet er es. Auf der Speisekarte werden auch die ungarischen Langos stehen. In der Küche wird er jedoch nicht täglich stehen. Im Restaurantberater hat er eine zweite Berufung gefunden. Und die mexikanische Gastroszene hat entdeckt, dass mit dem Zürcher ein Ausnahmetalent in die Stadt ist, von dem sie lernen kann.

«Ich koche auch nur Essen»

Auch die Schweizer Botschaft in Mexiko lässt inzwischen Luc-Essen auftischen. Sie beauftragte ihn kürzlich für das Catering eines Anlasses mit 350 Gästen aus Politik, Medien und Kultur, nachdem Liebster sich gegen Mitbewerber durchgesetzt hatte.

Mit dem eigenen Restaurant enden die Ambitionen des Jungkochs jedoch nicht. «Ziel ist es, einen guten Standort für ein Fine Dining Restaurant in Mexiko-Stadt zu finden», sagt er. Das ist sein wahres Projekt.

Es zieht sie also ins Hochklasse-Segment?

Ich liebe Fine Dining. Aber ich sage mir immer: «Du kochst auch nur Essen.»

So bescheiden?

Man darf sich nicht zu ernst nehmen, dann bleibt auch der Spass. Ich freue mich, wenn ich ein gutes Restaurant führe. Doch der Spass muss immer Priorität bleiben. Wenn ich und mein Team Freude an der Arbeit haben, spürt das auch der Gast. Unter Druck arbeitet ein Küchenteam immer, aber es muss ein positiver Druck sein.

Ist Spass denn möglich? Die Gastronomie gilt als hart mit ruppigen Sitten.

Ich hatte viel Glück mit meinen Küchenchefs. Nur selten hat einer rumgeschrien. Nie musste ich miterleben, dass jemand handgreiflich wurde. Natürlich gab es harte Momente. In gewissen Betrieben dauert der Arbeitstag 15 Stunden, was nicht ohne Folgen bleibt. Man wird sensibler, anfälliger auf Stress oder Provokationen der Kollegen. Davon lernt man auch.

Was ist Ihr Rezept, den Spass am Kochberuf zu halten?

Ich bin noch immer neugierig, neue Sachen zu entdecken. Dieser Hunger ist immer noch da.

Luc Liebster vermarktet sich selbst

Der international-mexikanischen Klientel munden die frittierten Fladenbrote des Pop Up Events. Geräucherte Forelle mit Honigsenf auf Fladenbrot, gewürzt mit Senfsamen und Dill. Von der Kreation macht der Koch ein Foto für sein Instagram-ProfilExterner Link. «Seit ich in Mexiko bin, sind fast alle Kontakte über Instagram entstanden», sagt er.

Und was kocht er eigentlich für sich selbst? «Ich mache ziemlich gute Pasta Carbonara.»

Das Selfie vom gekochten Werk darf nicht fehlen
Das Foto der heutigen Kreation geht gleich als Post auf Instagram. Flurina Dünki, swissinfo.ch

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