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Messerschmiede mit über 160 Jahren Tradition

Schmieden, schleifen, wetzen: Hinter dem präzisen Schnitt eines Schweizer Messers verbirgt sich eine Arbeit voller Staub und Öl. Ein Besuch in der Werkstatt Klötzli, wo seit über 160 Jahren eine Familie von Messerschmieden das Metall zähmt.

Beim Betreten der Werkstatt im Industriequartier von Burgdorf in der Nähe von Bern fällt als Erstes der Geruch auf. Die Nase wähnt sich bei Schlossern und Mechanikern. Es riecht nach Eisen und Stahl, nach Schleifmittel, Öl und Fett. Der Geruch begleitet einen bis zum Ende des Besuches.

Die Messerschmiede Klötzli wird heute in sechster Generation von Nina und Samuel Klötzli geführt: Nina kümmert sich um die Administration, die Buchhaltung und manchmal auch um den Verkauf in einem der beiden Geschäfte in Burgdorf und Bern. Zuvor war sie in der Hotellerie tätig, doch im letzten Jahr hat sie mit 34 Jahren noch eine Lehre als Messerschmiedin begonnen. Ihr Bruder Samuel befasst sich vor allem mit dem Marketing. 

Rüstzeug wie aus Grossmutters Schublade

Rita Beer arbeitet in der Montage und bohrt gerade Löcher in die Holzgriffe eines einfachen Küchenmessers. Werden diese mit der Klinge verschraubt, hält man ein “Grossmutter”-Messer in den Händen: Ein einfaches, aber effizientes Werkzeug zum Rüsten von Gemüse und Früchten in der Küche. Ein unscheinbarer Gebrauchsgegenstand – nichts Exklusives, nicht besonders teuer – aber beständig, ohne Plastik.

Zwischen vielen halbfertigen Produkten fällt eine besonders geformte Klinge auf. Die meisten kennen das Bild nur aus der Werbung: Ein urchiger Käser wuchtet einen schweren Käselaib auf den Tisch. Mit einem Käsebohrer aus Chromstahl sticht er damit tief in den Laib, zieht ihn wieder heraus, riecht daran, begutachtet das, was er aus dem Laib gebohrt hat. Eine herausgeschnittene Kostprobe, ohne dass der Käserund halbiert werden muss. Solche Rundmesser werden hier in der Werkstatt produziert, und in die ganze Welt exportiert.

Vom Schleifen und Wetzen

In der Werkstatt der Familie besteht ein grosser Teil des Alltags aus Servicearbeiten: Zum Beispiel das Nachschleifen von teuren Präzisionswerkzeugen aus der Industrie und dem Medizinalbereich. Auch Küchenmesser von Profi- und Hobbyköchen werden hier wieder in Schwung gebracht. Eine ganze Kiste mit Scheren aus dem Handarbeitsunterricht einer Gemeindeschule wartet ebenso auf ihren Service.

Das Schleifen ist zwar eine präzise, aber keine saubere Angelegenheit: Der abgetragene Metallstaub löst sich langsam in der Schleiffflüssigkeit auf. Dies ist mal Wasser, mal Öl, je nach Aufgabe. Die Flüssigkeit verfärbt sich grau und schwarz, während sich der Schleifschlamm mit dem Schleifmittel vermischt. Dieses wird in der Werkstatt selbst hergestellt, aus Rindertalg und Korund, einem harten Mineral. Während des Schleifens entsteht der typische, metallene Geruch in der Werkstatt.

Der Patron ist die letzte Instanz

Im Lager liegen in den Regalen Rohlinge von Klingen, halb montierte Klappmesser und Rohmaterialien für edlere Messergriffe: Mondstein, Hirschgeweih oder, etwas moderner, Carbon. Denn der Familienbetrieb ist heute vor allem für seine Klappmesser bekannt: Vom 70-jährigen Patron Hanspeter Klötzli entworfen und in Handarbeit hergestellt. Sie sind schlicht, mechanisch tadellos – und je nach Ausführung auch nicht billig. 

Keines dieser Messer verlässt die Werkstatt, ohne dass der Meister es noch einmal selbst geprüft hat. Der perfekte Widerstand beim leisen Einklicken der Stahlfeder, welche die Klinge einrasten lässt, entlockt ihm zum Abschluss ein zufriedenes Lächeln.


Mitarbeit Text: Marguerite Meyer

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