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Telekom-Experte sieht Anbieter in Wachstumsmärkten als Treiber von Innovation

KÖLN (awp international) – Mobilfunkanbieter in Wachstumsmärkten sind laut Einschätzung eines Experten die Treiber von Innovation in der Branche. “Diese Betreiber verstehen besser, was ihre Kunden wollen, als jene in entwickelten Märkten. Sie müssen dies tun, da sie sonst untergehen würden”, sagte Nicholas Jotischky, Telekom-Analyst der britischen Firma Informa, am Mittwoch bei der Handelsblatt-Telekomtagung in Köln.
In Subsahara-Afrika liegt der Anteil der Prepaid-Karten im Mobilfunkmarkt bei 99 Prozent. Daher müssen sich Anbieter etwas ausdenken, um bei ihren Kunden Markentreue zu erzeugen. In Kenia entstand ein System bargeldloser Zahlung über das Mobiltelefon ohne die Notwendigkeit eines regulären Bankkontos. Safaricom schuf diese Technik mit folgendem Gedanken. Das Unternehmen erachtet nicht nur andere Mobilfunkanbieter als ihre Konkurrenten, sondern auch Bierkneipen, sagte Jotischky. “Nutzer fällen jeden Abend die Entscheidung, ob sie Bier oder weitere Sprechzeit kaufen wollen. Dafür müssen sie zusätzliche Dienste anbieten, die dem Kunden nutzen.” Vor wenigen Jahren waren Zahlungen schwierig, in erster Linie wechselte Geld von Hand zu Hand, oder wurde Busfahrern anvertraut, die es an die Familie auf dem Land brachte. Heutzutage wird beinahe jede zweite Geldtransaktion in Kenia über M-Pesa abgewickelt.
Bleiben Prepaid-Kunden bei einem Anbieter, so müssen sie doch immer wieder zur Nutzung des Mobiltelefons angeregt werden, sagte Jotischky. Orange, die Mobilfunkmarke von France Telecom, bietet kostenlose Sprechzeit an, wenn die Nutzung zurückgeht.
MTN, südafrikanischer Mobilfunkanbieter in Afrika und dem Nahen Osten, gilt als einer der am schnellsten wachsenden Anbieter der vergangenen zehn Jahre. MTN bietet je nach Netzauslastung Rabatte, sagte Jotischky. Ist zu einer Tageszeit ein Sendemast nicht ausgelastet, schickt MTN dem Nutzer in diesem Gebiet per SMS ein Angebot eines Rabattes. Dies treibt den Nutzer zu mehr Sprechzeit und verteilt den Sprech- und Datenverkehr gleichmässiger über den Tag.
Derartige Ideen sollten von westlichen Anbietern übernommen werden, sagte Jotischky. Eine erneute Welle von Expansion westlicher Mobilfunkanbieter in weitere Wachstumsmärkte hält er für ausgeschlossen. Die Kosten dafür seien einfach zu hoch, da der Wettbewerb dort bereits sehr stark ist. Neue Anbieter werden Unternehmen aus anderen Wachstumsmärkten sein, die sich dort bereits starke Standbeine aufgebaut haben./fn/wiz

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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