Eine Nonne kämpft um ihr Kloster

Das Kloster Wonnenstein liegt idyllisch in den Hügeln des Appenzellerlandes. Doch die Idylle trügt: Um das Kloster ist seit Monaten ein Streit im Gange.
Vor einigen Jahrzehnten lebten im Kloster Wonnenstein noch 40 Ordensschwestern. Heute lebt nur noch Schwester Scolastica dort.
2014 übertrugen die verbliebenen Schwestern die Gebäude an einen Verein, der sich um die Instandhaltung und Erneuerung der Gebäude kümmern soll. Der Verein besteht hauptsächlich aus Mitgliedern der Studentenverbindung Bodania der Universität St. Gallen HSG.
Wohnungen und ein Restaurant
Die Renovation der Klosterkirche ist zur Zeit in vollem Gang, die weiteren Pläne beinhalten Räume für eine neue religiöse Gemeinschaft, aber auch Wohnungen, Gewerberäume oder ein Restaurant.
Schwester Scolastica lebt allein im Kloster. Damit eine neue Gemeinschaft einziehen kann, soll sie das Kloster verlassen. So haben es das Bistum und auch der Vatikan beschlossen, denn eine Schwester allein sei keine Gemeinschaft.

Die Kapuzinerschwester Scolastica möchte im Kloster bleiben. Die Schwestern seien sich der Konsequenzen nicht bewusst gewesen, als sie die Klostergebäude an den Verein übertrugen, sagt sie heute. Über den Streit reden darf sie nicht. Der Vatikan hat ihr ein Redeverbot erteilt.
Das Kloster Wonnenstein ist 640 Jahre alt. 2020 verstarb die letzte Oberin des kontemplativen Kapuzinerinnenklosters. «490 Schwestern haben hier gelebt. Das gäbe ein wunderbares Buch», sagt Schwester Scolastica.
Eine Interessensgemeinschaft unterstützt Schwester Scolastica. Sie argumentiert, ein Klosterbetrieb zusammen mit Restaurant oder Gewerbebetrieben, das gehe nicht. Die Gebäude müssten ausschliesslich als Kloster zur Verfügung stehen.
Profitdenken befürchtet
Zudem müsse der Verein in eine Stiftung umgewandelt werde, da ein Verein die Statuten leicht ändern könne, was bei einer Stiftung nicht möglich sei. Die Interessensgemeinschaft befürchtet, dass der Verein die Gebäude zu Geld machen will und den Vereinszweck entsprechend ändern könnte.

Der Verein will sich zum Streit nicht äussern, dafür spricht der Bischof von St. Gallen, Markus Büchel. Das Bistum ist für das Kloster zuständig und unterstützt die Entscheidungen des Vereins. Eine Nutzung mit einer religiösen Gemeinschaft sowie anderen Zwecken sei sehr wohl möglich, sagt Büchel. Dafür gebe es auch andere Beispiele von Klöstern im Bistum.
Keine Lösung in Sicht
An einer Auflösung des Klosters habe er kein Interesse, aber eine neue Gemeinschaft werde kleiner sein. Diese werde nicht mehr sämtliche Räume brauchen, man könne sehr gut einen Teil abtrennen und für andere Zwecke nutzen.
Eine Lösung zeichnet sich nicht ab. Als Nächstes soll nun ein Gespräch mit allen Beteiligten stattfinden. Ob dies den erhofften Fortschritt bringt, ist angesichts der verhärteten Fronten fraglich.

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