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Axpo heizt die Atomdebatte weiter an

Leibstadt. Hier steht eines der fünf Atomkraftwerke in der Schweiz. Keystone

Die in der Nordost- und Zentralschweiz tätige Axpo möchte ein neues Kernkraftwerk bauen, um das Energieangebot aufrecht zu erhalten.

Dieser Vorschlag heizt die laufende Atomdebatte über die künftige Stromversorgung der Schweiz auf. Deshalb bleiben negative Reaktionen nicht aus.

Der Stromkonzern Axpo beharrt angesichts eines absehbaren Engpasses in der Stromversorgung auf der Atomkraft. Bereits von 2012 bis 2019 könne es jeweils im Winter Versorgungslücken geben, teilte die Axpo am Dienstag in Zürich mit.

Versorgungslücke bis über 30%

Die Axpo rechnet für 2030 mit einem Manko von 15 bis 33% des erwarteten Verbrauchs, was einer Versorgungslücke von etwa zehn bis 30 Terawattstunden entspräche.

Um die Stromversorgung nach 2020 sicher zu stellen, ist gemäss Axpo – neben dem Import von Strom aus Gas-, Kohle- und Atomkraftwerken aus dem Ausland – in der Schweiz der Bau eines Gaskombikraftwerks und, zusammen mit Partnern, eines neuen Atomkraftwerks (AKW) vorgesehen.

Investitionen in erneuerbare Energie

Investiert werden soll auch in erneuerbare Energiequellen (Wasser, Wind, Sonne), die aber bis 2030 höchstens 6% des Stromverbrauchs decken könnten. Insgesamt plant Axpo in den kommenden 25 Jahren Investitionen von insgesamt rund 5 Mrd. Franken.

Bereits in den kommenden fünf Jahren sollen mindestens 100 Mio. Franken für erneuerbare Energien aufgewendet werden.

In den kommenden zehn Jahren will Axpo ihre Wasserkraftwerke für rund 2 Mrd. Franken ausbauen und erneuern und bis 2020 rund eine Mrd. Franken in den Ausbau und die Optimierung der Stromnetze stecken. Auch der sparsame Umgang mit Strom und die Energieeffizienz sollen gefördert werden.

Viele Reaktionen

Im Aargau ist die Diskussion über ein neues Atomkraftwerk in den Standortgemeinden Döttingen (Beznau I und II) und Leibstadt (KKL) bereits lanciert.

Im Aargauer Grossen Rat ortet die Fraktion der Grünen keinen Bedarf für neue Atomkraftwerke, wie dies zurzeit schweizweit diskutiert wird. In einer Fraktionserklärung vom Dienstag fordern sie stattdessen ein vielfältiges Stromangebot.

Ein einseitiges Angebot führe zu Klumpenrisiken. Auf dem aargauischen Energieweg seien deshalb Klumpenrisiken bei der Stromversorgung durch Grossanlagen zu reduzieren.

Bedenken des Energieministers

Energieminister und Bundesrat Moritz Leuenberger hat am Dienstag Bedenken gegen ein neues Atomkraftwerk in der Schweiz angemeldet. Solange das Problem mit der Endlagerung des Atommülls nicht gelöst sei, könne er nicht Hand bieten für ein neues Atomkraftwerk, sagte er gegenüber dem Deutschschweizer Radio DRS zu entsprechenden Absichten des Stromkonzerns Axpo.

Zudem könne er sich nicht vorstellen, wie in einem fakultativen Referendum ein neues Atomkraftwerk bewilligt würde, selbst wenn der Bundesrat geschlossen dahinter stünde.

Allerdings räumte er ein, dass sich die Frage nach einem Atom- oder Gaskombikraftwerk stellen werde, falls es nicht gelinge, die nötige Energie aus konventionellen und erneuerbaren Energiequellen zu beschaffen. Atomenergie habe wenigstens den Vorteil, kein CO2 zu produzieren.

Greenpeace meldet Widerstand an

Die Umweltorganisation Greenpeace hat die Pläne der Axpo für den Bau eines neuen Schweizer Atomkraftwerks am Dienstag vehement zurückgewiesen. Die Atompläne seien unverantwortlich und kurzsichtig, schrieb Greenpeace und kündete an, sich einem neuen Atommeiler mit allen Kräften entgegen zu stellen.

In einem nachhaltigen Energieszenario habe “die veraltete und dreckige Atomenergie” keinen Platz, heisst es in der Mitteilung. Das Argument der Industrie, Atomstrom schütze das Klima, sei falsch und gehöre ins Reich der Mythen und Märchen.

swissinfo und Agenturen

Zwischen 1969 und 1984 erbaut, werden die Schweizer AKW in 10 bis 20 Jahren aus dem Verkehr gezogen, weil sie die Alterslimite erreicht haben werden.

Eine gesetzlich vorgeschriebene Alterslimite gibt es aber nicht. Sind die Sicherheits-Standards garantiert, können die AKW in der Schweiz auch noch länger betrieben werden.

Dennoch muss bis 2020 die Schweiz zu Lösungen gekommen sein, um ihren Energieverbrauch weiter decken zu können.

Während die Linke und die Grüne auf alternative Energieformen setzen, ziehen die Rechte und die Energiebranche den Bau neuer AKW vor.

In der Schweiz stehen zur Zeit fünf Atomkraftwerke: Beznau I (1969), Beznau II (1971), Mühleberg (1971), Gösgen (1978) und Leibstadt (1984).
Die AKW produzieren nicht ganz 40% der schweizweit konsumierten Energie.
Die restlichen 60% stammen hauptsächlich aus Wasserkraftwerken.
Der Energieverbrauch in der Schweiz wächst jährlich durchschnittlich zwischen 1 und 2%.

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SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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