Die Biologie des unendlich Kleinen
Seit Dienstag läuft in Montreux die 10. Europäische Konferenz über die Mikro- und Nanotechnologien im Dienste der Life Science.
Während drei Tagen erörtern die Forscher ihre Arbeiten und tauschen ihre Erfahrungen aus, in erster Linie im Bereich der Flüssigkeiten. Die Industrie verfolgt das Ganze interessiert.
«Wir sind Ingenieure im Bereich des Kreislaufs von Flüssigkeiten in kleinsten Grössenordnungen», sagt Martin Gijs, Professor im Labor der Mikrosysteme 2 der Ecole polytechnique fédérale von Lausanne (EPFL).
Als Physiker und Ehemaliger der Labors von Philips gehört der Forscher mit belgischen Wurzeln zum Kreis der Habitués der Besucher der Konferenz in Montreux.
Wie seine Kollegen nimmt er in erster Linie an der Konferenz teil, um sich über die Situation im sehr breit angelegten Forschungsbereich dieser Disziplin zu informieren.
Doch bietet Montreux auch die Möglichkeit, dass Wissenschafter und Industrievertreter miteinander in Kontakt kommen, um sich eventuell eines Tages über ein Forschungsprojekt zu einigen.
Schirmherrschaft von «Science»
Wie im Vorjahr steht die Konferenz in Montreux unter der Schirmherrschaft der renommierten US-Zeitschrift «Science» – einer weltweiten Referenz bezüglich publizierten Forschungsarbeiten.
Der Anlass zieht rund hundert europäische Wissenschafter an. Dazu gesellen sich eine starke US-Präsenz und einige Exponenten aus Asien.
Ein schöner Erfolg für den Organisator, Alain Donzel, der den Anlass von Beginn weg wunderschön eingepackt offeriert: Vom Pavillon des Hotels Palace hat der Konferenzbesucher direkten Zugang zu den Quais am Seeufer voller Blumen und zum Alpenpanorama, dass sich hinter dem See erhebt.
Dem Reiz der Waadtländer Riviera kann sich auch Gijs nicht entziehen. Er gibt zu, dass der schöne Standort viel zum Erfolg der Konferenz in Montreux beiträgt.
10’000 mal kleiner als ein kleiner Blutstropfen
Die Konferenzthemen drehen sich vor allem um Flüssigkeiten. «In der Biologie arbeitet man mit Flüssigkeiten», erklärt Gijs. «Es geht auch um Kleinstmengen, und um das Erstellen schneller und präziser Analysen.»
Diese Analysemethoden werden bereits häufig benutzt, um genetische Anomalitäten aufzudecken, um damit Krankheiten oder genetisch veränderte Organismen offen zu legen.
Dazu werden ADN-Fragmente in Kleinstkanälen zur Zirkulation gebracht und elektrisch aufgeladen. Dabei indiziert die unterschiedliche Geschwindigkeit Anomalien.
«Gearbeitet wird mit Mustern in der Grössenordnung von 10 bis 100 Nanometer, das heisst Millionstel von Millimetern, respektive Mustern, die etwa 10’000 mal kleiner als ein Blutstropfen sind», erklärt Martin Gijs.
Mit einem Muster dieser Grösse lassen sich bereits Zehntausende von ADN-Fragmenten in einer einzigen Operation nachweisen. Diese Technik interessiert vor allem die Industrien im Bereich der medizinischen Diagnose, wie zum Beispiel die Basler Pharma-Gruppe Roche, die deshalb in Montreux regelmässig Präsenz zeigt.
Immer sauberste Pommes Frites
Doch nicht nur die Medizin profitiert von der Anwendung dieser Nano-Techniken. So konnte Martin Gijs ein Analyse-System konstruieren, dass die Degradation von Ernährungs-Ölen nachweist.
Unter der Bezeichnung «Clearfry» wird dieses System von der Firma Alpsens vermarktet – einem Start-Up der EPFL. Die Erfindung brachte den Pionieren 2005 den Unternehmer-Preis der Region Lausanne (PERL) ein.
Als Anwendung für industrielle und privat benutzte Friteusen dürfte diesem Apparat noch eine schöne Zukunft bevor stehen. Denn ein sauberes Fritieröl in der Küche ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch der Gesundheit.
swissinfo, Marc-André Miserez, Montreux
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander Künzle)
Die Konferenz in Montreux konzentriert sich auf die Nanotechnologien im Dienst der Life Science. Doch diese Wissenschaft umfasst einen viel weiteren Bereich, der von den Textilien über die Informatik bis zu Sonnencremen reicht.
Nanopartikel sind Objekte im Grössenbereich von Millionstel Millimetern. Es sind Moleküle, also Teilchen, die mindestens aus zwei zusammenhängenden Atomen bestehen.
Nichts zu tun haben sie mit den Elementarteilchen, die die Physiker im Genfer Forschungszentrum CERN mit ihren Teilchenbeschleunigern untersuchen. Diese Grundbausteine der Materie sind noch kleiner als Atome.
Im Nanotech-Bereich rangiert die Schweiz auf Platz 4, nach den USA, Deutschland und Japan.
In Basel gibt es einen nationalen Forschungs-Pool mit dem Namen «Nanoscale», die Universitäten von Genf und Freiburg forschen unabhängig, und die Empa, eine Forschungsinstitution im ETH-Bereich, hat aus dem Nano-Bereich eines ihrer fünf Schwerpunkt-Programme gemacht.
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