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Junge Köpfe sollen mitdenken

Jugendliche sollen nicht nur mitreden dürfen, sondern auch mitentscheiden, fordert die die eidgenössiche Kommission für Jugendfragen. Keystone

Jugendliche und Kinder haben immer noch wenig Chancen, das öffentliche Leben und unsere Demokratie mitzugestalten. Das soll sich ändern, fordert die eidgenössische Kommission für Jugendfragen (EKJ) in ihrem neusten Bericht - mit gutem Grund.

Nathalie Glauser, 19jährig, will etwas tun für ihre Gemeinde Moosseedorf. Deshalb gehört sie der Jugendpartei JuLi an, zusammen mit acht weiteren Mitgliedern, die früher wie sie im Moosseedorfer Jugendparlament gewesen sind. Heute sind sie «praktisch in jeder Kommission der Gemeinde vertreten.»

Dominik Büchel, Leiter der EKJ Arbeitsgruppe «Partizipation» könnte also recht haben mit der Vermutung: «Wenn bereits Jugendliche oder Kinder lernen, mit Entscheidungs-Macht umzugehen, so werden sie später aktiv an der Demokratie teilhaben».

Erfolgreiche Beispiele

Doch noch sind erfolgreiche Projekte aktiver Einbindung dünn gesät. «Jugendliche und Kinder sind im politischen Prozess ausgeschlossen von Entscheidungen, bis sie 18 Jahre alt sind. Auch in den Schulen und im beruflichen Bereich ist die Mitsprache gering», sagt Büchel.

Es gibt allerdings Beispiele, wo echte Partizipation von Kindern und Jugendlichen realisiert wird. Zum Beispiel eben in Moosseedorf. Vor ein paar Jahren haben junge Leute die Schaffung eines Jugend-Parlaments angeregt, darunter war auch Nathalie Glauser. Später wurde dann der «Moornseedorftag» ins Leben gerufen – ein Anlass, an welchem junge Leute Vorschläge zur Gestaltung der Gemeinde erarbeiten.

Im letzten Jahr wurde beispielsweise über den Umbau des Bahnhof-Platzes debattiert. Jetzt zieht eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Jugendlichen und Gemeindevertretern, das Projekt weiter. Nathalie Glauser hat erlebt, dass diverse Projekte, für die sie sich eingesetzt hat, verwirklicht wurden. «Das hat mich motiviert», sagt sie.

Der «Moornseedorftag» wird im Bericht der EKJ als gutes Beispiel vorgestellt, neben über 30 weiteren Projekten in den Bereichen Freizeit, Politik, Schule und Betrieb. «Diese Beispiele sollen Mut machen und zur Nachahmung anregen», sagt Leo Brückner-Moro, Präsident der EKJ.

Macht abgeben

«Uns geht es darum, dass Kinder und Jugendliche dort etwas zu sagen haben, wo sich auch etwas verändern kann», meint Dominik Büchel. Obwohl der Nutzen von Partizipation von vielen eingesehen werde, hapere es bei der Umsetzung. Wichtiger Hinderungsgrund sei ein psychologischer, vermutet die EJK: «Wenn man jemanden mitentscheiden lässt, muss man selber eine gewisse Entscheidungs-Macht abgeben».

Das ist schwierig für jene, die es nicht gewohnt sind. Für die Lehrerin und den Lehrer mag es nicht einfach sein, die Vorstellungen einer Pausenplatz-Umgestaltung hinter jene der Schülerinnen und Schüler zurückzustellen. Auch ein Politiker mag sich vielleicht nicht gerne «dreinreden» lassen, wenn er erst einmal gewählt ist.

Genau an diesem Punkt will die EKJ ansetzen. «Man muss Leuten mit Entscheidungs-Macht sagen, dass sie etwas gewinnen können, wenn sie andere teilnehmen lassen», betont Büchel. Umdenken sei wichtig, denn Partizipation zuzulassen habe vor allem mit einer bestimmten Haltung zu tun.

Politische Forderungen

Die EKJ hat Forderungen aufgestellt unter anderem an die Adresse von Bund, Kantonen und Gemeinden. Auch die Schweizerische Erziehungsdirektoren-Konferenz und der Schweizerische Arbeitgeberverband werden aufgefordert, aktiv zu werden und gute Partizipations-Modelle zu propagieren.

Die Forderungen reichen von der Einführung des Stimm- und Wahlrechts ab 16 Jahren über die Schaffung einer Ausbildung für Partizipations-Fachleute bis hin zu einer Preisverleihung für Partizipation an der Volkschule. Die EKJ wird nun das Gespräch mit den angesprochenen Verantwortlichen suchen. Dominik Büchel rechnet mit positivem Echo.

Kathrin Boss Brawand

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