
Roche baut weltweit rund 3’000 Stellen ab – 600 in Basel

Aderlass beim Personal des Pharmakonzerns Roche: Der Basler Konzern streicht in der Pharma-Division weltweit 3'000 Arbeitsplätze, 600 davon in Basel. Dies und weitere Massnahmen sollen die Pharmadivision rentabler machen. Die Gewerkschaften reagierten entsetzt.
Roche beschäftigte Ende letzten Jahres rund 65’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen etwa 41’000 in der Pharma-Division tätig waren. Mit der Streichung von 3’000 Stellen baut Roche 7 Prozent aller Beschäftigten im Bereich Pharma-Division ab.
Am stärksten vom Abbau betroffen sind die US-Niederlassungen in Nutley im Bundesstaat New Jersey und in Palo Alto in Kalifornien. Hier ist nach einer vorläufigen Analyse mit der Streichung von 900 beziehungsweise 200 Stellen zu rechnen. In Basel sollen der Restrukturierung rund 600 Arbeitsplätze zum Opfer fallen, im englischen Welwyn deren 700. Dies teilte das Unternehmen am Mittwoch (30.05.) mit.
Nachhaltige Gewinnsteigerung erhofft
Die Massnahmen haben das Ziel, die schleppenden Verkäufe der Division Pharma zu verstärken, die Kostenstruktur zu verbessern und damit die Profitabilität dieses Geschäftsbereichs nachhaltig zu erhöhen.
Innerhalb von zwei bis drei Jahren soll die operative Marge des Pharmageschäfts auf 20 bis 25 Prozent des Umsatzes gesteigert werden. Im Jahr 2000 lag die
Marge bei 18 Prozent. Roche-Präsident und Konzernchef Franz B. Humer sagte, er sei zuversichtlich, dass die Restrukturierung das Geschäft auf eine solide Grundlage auf dem stark umkämpften Pharmamarkt bringen werde.
Restrukturierungskosten und -nutzen noch nicht bekannt
Roche sei noch daran, die Kosten des Stellenabbaus und der übrigen Restrukturierungs-Massnahmen zu evaluieren, sagte Roche-Konzernchef Franz Humer der Wirtschafts-Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires. Gleiches gelte für das
Ausmass der Kosteneinsparungen. «Wir sind derzeit immer noch am Rechnen», sagte Humer. Über die Zahlen wolle er nicht spekulieren. Die Beträge dürften Mitte August, bei der Bekanntgabe des Halbjahresresultats bekannt sein.
Reduktion der Produktion in Basel
Der Stellenabbau wird damit begründet, dass Änderungen im Produkte-Portfolio teilweise zu Überkapazitäten geführt hätten. Die Produktion soll deshalb weltweit reorganisiert werden. So ist geplant, die Produktion im englischen Welwyn ganz einzustellen und die chemische Produktion in Basel zu reduzieren.
Bei der klinischen Entwicklung will Roche seine Aktivitäten in Palo Alto stoppen und an andere Standorte verlegen. Im Stammhaus in Basel sollen zudem die Kosten reduziert und alle Dienstleistungen überprüft werden. Der Leiter der Division Pharma, William M. Burns, kündigte zugleich Massnahmen zur Steigerung der Verkäufe an. Dabei vertraue man wie bisher auf inneres Wachstum und werde dieses mit gezielten Lizenzabkommen, Allianzen und Produkte-Akquisitionen unterstützen.
Gewerkschaft schockiert über Shareholder-Denken
Die Gewerkschaft Syna ist über die von Roche angekündigte Massnahmen mit einem Abbau von weltweit 3’000 Arbeitsplätzen schockiert. «Die 600 Stellen, die in Basel gestrichen werden, entsprechen rund zehn Prozent der dort Beschäftigten», sagte Syna-Zentralsekretär Arno Kerst in einer ersten Reaktion. Bei der Massnahme gehe es dem Pharmaunternehmen ausschliesslich um den Shareholder-Value. Die Betriebsgewinnmarge von Roche sei mit 19 Prozent immer noch hoch, wenn vielleicht auch unter der branchenüblichen.
Gemäss Gesamtarbeitsvertrag müsse jetzt die Betriebskommission involviert werden, um zu sehen, ob die Arbeitsplätze nicht zumindest teilweise erhalten werden könnten. Die Ausarbeitung eines allfälligen Sozialplans steht für die Gewerkschaften laut Kerst erst an zweiter Stelle.
Auch die Gewerkschaft GBI ist bestürzt über das Ausmass. Man plane, dem Stellenabbau und Entlassungen entschieden entgegenzutreten. Die Personalvertretung werde, sobald Einzelheiten bekannt seien, eigene Vorschläge zur Rettung der bedrohten Stellen ausarbeiten. Die GBI kündigte für den (morgigen) Donnerstag eine Protestaktion in der Mittagspause an.
Basler Regierung bedauert Entscheid
Die Basler Regierung hat den Stellenabbau bei Roche mit Bedauern und Betroffenheit aufgenommen. Dadurch verlören viele Personen unfreiwillig ihren Arbeitsplatz in der Region. Der Regierungsrat sei aber überzeugt, dass Roche einen grosszügigen Sozialplan und faire Abgangs-Entschädigungen anbieten werde. Der Regierungsrat sei zudem zuversichtlich, dass Basel auch weiterhin der bedeutendste Standort für Roche bleiben werde. Mit Genugtuung sei festzustellen, dass der Bereich Forschung vom Stellenabau nicht tangiert sei.
swissinfo und Agenturen

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