Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Von Forschungszusammenarbeit profitieren alle

Die Moskauer Professorin Natalia Menschutina: "Wir haben unglaublich viel von der Zusamenarbeit profitiert. swissinfo/Alexandra Stark

Seit über 15 Jahren unterstützt die Schweiz Forschungskooperationen von Schweizer Wissenschaftern mit Kollegen aus Osteuropa.

Bis Mitte Mai können sich Forscherinnen und Forscher um Beiträge aus der fünften Tranche bewerben.

Seit 1990 haben im Rahmen des SCOPES (Scientific Co-operation between Eastern Europe and Switzerland) genannten Kooperations-Programms insgesamt über 3000 Wissenschafter aus 21 Ländern in mehr als 1500 Projekten von Beiträgen in der Höhe von 33.6 Mio. Franken profitiert.

Mit den Geldern sollte die schwierige Situation vieler Wissenschafter und renommierten Forschungsinstitutionen und Universitäten Mittel- und Osteuropas nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entschärft werden. Von der Zusammenarbeit profitierten allerdings nicht nur die Wissenschafter, sondern auch ihre Schweizer Partner.

Nachhaltiges Engagement

Mehr als tausend Wissenschafterinnen und Wissenschafter, vom Ozeanologen über die Raumplanerin bis zum Biotechnologen aus Ländern wie Albanien, Kirgistan, Turkmenistan, Moldawien und Russland sind bislang unterstützt worden. Das Schweizer Engagement wird fortgesetzt: Noch bis Mitte Mai läuft die Bewerbungsfrist für die neuste Tranche von SCOPES.

“Wir haben von der Zusammenarbeit unglaublich viel profitiert”, sagt Natalia Menschutina, Professorin für Kybernetik an der Mendelejew Universität für chemische Technologie in Moskau.

“Wie” ist entscheidend

Viel wichtiger als die finanziellen Mittel seien aber andere Dinge: “Beim Klavierspielen ist es wichtig, dass die Haltung der Hand stimmt. Es ist wichtig, wie man etwas macht”, sagt sie und erzählt, wie sie von ihrem Schweizer Partner, Professor Hans Leuenberger vom Institut fürpharmazeutische Technologie der Uni Basel, gelernt habe, an Aufgaben im Bereich der Pharmazie heranzugehen.

Die Zusammenarbeit hat auch die Schweizer vorangebracht: “Wir haben im IT-Bereich viel gelernt, zum Beispiel über künstliche Intelligenz und Datenbank-Management”, sagt Hans Leuenberger. “Ohne diese Kooperation wären wir heute in Basel nicht so weit, dass wir multimediale Lernmethoden in der universitären Ausbildung einsetzen könnten.”

Optimismus

Heute schaut Natalia Menschutina optimistisch in die Zukunft. Das war nicht immer so. Der Geldmangel brachte zu Beginn der 1990-er Jahre selbst Wissenschafter an international renommierten Instituten in Bedrängnis: Mittel für Forschung blieben aus, die Inflation frass die Löhne auf, wenn sie überhaupt bezahlt wurden.

Die Infrastruktur zerfiel, die Bibliotheken veralteten, die Reisebudgets wurden zusammengestrichen. Die Institutionen büssten an Reputation ein, was es ihnen noch schwieriger machte, international an Mittel zu gelangen.

Brain drain

Hoch qualifizierte Wissenschafter wanderten ins private Business oder ins Ausland ab. “Ich persönlich bin zum Glück nie an den Punkt gekommen, an dem ich aus finanziellen Gründen meinen Job hätte an den Nagel hängen müssen”, erzählt sie. “Mein Mann verdient gut.”

Der wirtschaftliche Aufschwung in einigen Ländern trägt dazu bei, die Situation zu entschärfen. Doch gerade in den ärmeren Ländern Zentralasiens ist die Situation nach wie vor prekär. Auch in den Ländern, denen es wirtschaftlich besser geht, hat der Staat nach wie vor wenig Geld, immer öfter springt dort aber die Industrie in die Lücke. Allerdings nur in denjenigen Forschungszweigen, die der Industrie direkten Nutzen bringen.

Die SCOPES-Erfahrung zeigt, dass es nicht immer riesige Summen braucht. “Es kann mit wenig Geld Ansehnliches initiiert werden”, schildert Professor Hans Beck. Physikprofessor an der Uni Neuenburg seine Erfahrung in der Zusammenarbeit mit einer Gruppe von theoretischen Physikern in Kiew (siehe dazu Text “Durch Kooperation aus der Isolation gefunden”).

Das ukrainische Institut versank in der Isolation, ihnen waren die Mittel für Abonnemente von Journals, Computer und Reisen an Konferenzen zusammengestrichen worden. Mit SCOPES-Geldern wurden Computer gekauft, der Austausch organisiert und damit der Anschluss wieder hergestellt.

Der Einsatz hat sich gelohnt: “Das wissenschaftliche Niveau bewegt sich im Rahmen internationaler Forschung. Von der Zusammenarbeit haben wir alle profitiert”, sagt Beck.

Proftiert haben alle Beteiligten auch auf der persönlichen Ebene: “Not macht erfinderisch, das ist heute in der Schweiz weniger ausgeprägt, denn unser Land befindet sich in einer Sättigungsphase, in der Trägheit vorherrscht. Ich schätze den Enthusiasmus und die Energie, die die Leute während ihrer Arbeit freisetzen”, sagt Hans Leuenberger.

swissinfo, Alexandra Stark, Moskau (Mitarbeit Reinhard Lässig).

Seit 1990 flossen insgesamt 33,6 Mio. Franken in die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Osteuropa. Über 3000 Wissenschafter aus 21 Ländern haben mit Schweizer Partnern in über 1500 Projekten zusammengearbeitet.
Ziel der Zusammenarbeit ist es, die Wissenschafter aus ihrer Isolation zu holen, die Infrastruktur zu verbessern und ihnen damit den Anschluss in ihrem Forschungsgebiet zu ermöglichen.
Bis Mitte Mai können beim SNF Gesuche für die Finanzierung weiterer Projekte durch SCOPES-Mittel eingereicht werden.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft