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Wirtschaftliche Kriterien in der Krankenpflege unerwünscht

Eine überwältigende Mehrheit von 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer stufen die Medikamentenpreise als zu hoch ein. Keystone

Ob ein Patient ärztlich behandelt wird oder nicht, darf nicht von wirtschaftlichen Kriterien abhängen, findet eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer. Die hohen Krankenkassen-Kosten und die teuren Medikamente sind für viele ein Problem.

Das Berner GfS-Forschungsinstitut hat im Juli unter gut 1000 Schweizer Stimmberechtigten eine Umfrage zu verschiedenen Fragen des Gesundheitswesens gemacht. Es ist die dritte derartige Erhebung unter dem Namen «Gesundheitsmonitor» nach 1997 und 1999. Am Dienstag (26.09.) stellten Claude Longchamp und Jeannine Dumont vom GfS-Institut die Ergebnisse vor.

Eine klare Abfuhr erteilten die Befragten dem Ansinnen, aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen zu entscheiden, ob ein Patient, eine Patientin eine medizinische Behandlung erhält oder nicht. Die Ablehnung ist seit der letzten Umfrage von 1999 deutlicher geworden. Eine Mehrheit ist der Ansicht, medizinische Überlegungen sollten auf jeden Fall vorgehen.

Der gleiche Trend gilt bei der Medikamentenwahl: 53 Prozent (plus 10) wollen das jeweils geeignetste Mittel verschrieben bekommen. Für elf Prozent (minus 8) ist der Preis ausschlaggebend. Nahezu gleich viele Befragte wünschen in erster Linie Originalprodukte (43 Prozent/plus 11) beziehungsweise preisgünstigere Nachahmerprodukte, sogenannte Generika (44 Prozent/minus 9).

Eine überwältigende Mehrheit von 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer stufen die Medikamentenpreise als zu hoch ein. Immer mehr befürworten denn auch gesetzlich festgelegte Höchstpreise: Waren es 1997 erst 38 Prozent, welche Höchstpreise befürworteten, so stieg dieser Anteil bis Juli 2000 auf 52 Prozent an. Für rezeptpflichtige Medikamente soll weiterhin öffentliche Werbung verboten bleiben, findet eine Mehrheit.

Zweiklassen-Gesellschaft droht

Obwohl also für Behandlung und Medikamente medizinische Überlegungen und nicht der Preis als wichtigste Kriterien angesehen werden, stellen die wachsenden Kosten im Gesundheitswesen – namentlich die Ausgaben für die Krankenkassen – für rund einen Drittel der Bevölkerung ein Problem dar.

Damit drohe im Gesundheitswesen eine Zweiklassen-Gesellschaft, sagte Projektleiterin Jeannine Dumon. Für die Mehrheit ist die Qualität ausschlaggebend, eine Minderheit muss sich an den Kosten orientieren.

Sparen bei Krankenkassen-Verwaltung

Dabei gäbe es nach Ansicht der Befragten durchaus noch Sparmöglichkeiten. An erster Stelle werden diese bei den Aufwändungen der Krankenkassen für Administration geortet. Aber auch etwa bei Privatspitälern und bei den Apotheken liesse sich einiges einsparen. Mittel verschieben würden die Befragten in die Bereiche Naturheilkunde, Psychotherapie, öffentliche Spitäler, Medikamentenforschung, Intensivmedizin und Spitex.

Die Ergebnisse der Studie werden nun allgemein zugänglich gemacht. Im Spätherbst, so Longchamp, kommen sie vollumfänglich als Buch heraus. Im Hinblick auf anstehende Entscheidungen im Gesundheitswesen seien die Resultate, insbesondere für Politikerinnen und Politiker, von Interesse. Die Studienreihe wird gemäss Longchamp fortgesetzt.

swissinfo und Agenturen

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