AKTIEN FRANKFURT: Verluste – Markt leidet unter Unsicherheit vor Krisengipfel
FRANKFURT (awp international) – Die Unsicherheit vor dem europäischen Sondergipfel zur Schuldenkrise hat den deutschen Aktienmarkt am Donnerstag belastet. Bis zum Mittag drehte der Dax deutlich ins Minus und verlor 0,77 Prozent auf 7.165,58 Punkte. Zuletzt hatte der Leitindex noch zwei Handelstage in Folge zugelegt. Der MDax mittelgrosser Werte gab am Donnerstag um 0,84 Prozent auf 10.680,00 Punkte nach und der TecDax verlor 0,94 Prozent auf 832,12 Punkte. Aussagen des amtierenden Chefs der Eurogruppe erhöhten den Abwärtsdruck auf die Börsen und stärker noch auf den Euro. Laut Jean-Claude Juncker ist ein teilweiser Zahlungsausfall für Griechenland eine Möglichkeit und eine Einigung auf Euro-Anleihen vom Gipfeltreffen nicht zu erwarten. Zudem sorgte eine eingetrübte Stimmung der Einkaufsmanager in China sowie Europa für Pessimismus.
Analyst Gregor Kuhn von IG Markets glaubt indes, dass es die Märkte im weiteren Verlauf erheblich stützen könnte, «sollte tatsächlich heute schon ein wegweisender Befreiungsschlag aus der Euro-Krise gelingen, der nicht nur Griechenland, sondern auch die anderen EU-Sorgenkinder mit einbezieht». Zum Handelsauftakt hatte noch die Nachricht gestützt, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Vortag auf eine gemeinsame Position zur Rettung des hoch verschuldeten EU-Mitglieds Griechenland verständigt hatten.
Auf Unternehmensseite sorgten vor allem Quartalszahlen für Bewegung: In Europa präsentierte unter anderem Siemens-Konkurrent ABB seine Resultate. Später sollten sich die Blicke auf Nokia und in den USA auf AT&T und Morgan Stanley richten. Dazu stehen einige US-Konjunkturdaten auf der Agenda.
EINIGE FINANZTITEL PROFITIEREN VON HOFFNUNG AUF KRISENGIPFEL
Finanztitel profitierten teilweise – ebenso wie bereits der Euro – von Hoffnungen auf eine Einigung beim europäischen Gipfel. Schon am Vortag hatten Banken- und Versicherungsaktien zu den grössten Gewinnern gehört. Im Dax gewannen Commerzbank 0,56 Prozent auf 2,524 Euro und besetzten damit abermals den Spitzenplatz. Papiere der Deutschen Bank drehten indes mit dem Markt und gaben zuletzt 1,19 Prozent auf 37,230 Euro nach. Im MDax gewannen Aareal Bank 1,29 Prozent auf 20,005 Euro.
Die laut Händlern durchwachsenen Aussagen des US-Halbleiterkonzerns Intel belasteten die Technologiewerte. Die Resultate zum zweiten Quartal und auch der Ausblick hätten über den Erwartungen gelegen, gleichzeitig habe der Konzern aber auch vor einer sich abschwächenden Entwicklung in den etablierten Märkten gewarnt. Dies drücke auf den Sektor. Nachbörslich verloren die Intel-Aktien knapp zwei Prozent. Für die Aktien des Softwareherstellers SAP ging es um 1,42 Prozent auf 40,625 Euro nach unten. Beim Halbleiterkonzern Infineon sorgten zudem pessimistische Erwartungen des südkoreanischen Konkurrenten Hynix für Verluste von 4,17 Prozent auf 6,909 Euro, während im TecDax Dialog Semiconductor 3,48 Prozent auf 13,300 Euro einbüssten.
WIDERSTAND GEGEN VERKAUF VON T-MOBILE USA BELASTET TELEKOM
Die Aktien der Deutschen Telekom gaben um 0,90 Prozent auf 10,410 Euro nach. Händler verwiesen darauf, dass der milliardenschwere Verkauf der Tochter T-Mobile USA an den Rivalen AT&T zur Zitterpartie wird. In mehreren US-Bundesstaaten und in Washington formiert sich der Widerstand, weil von aktuell vier landesweiten Mobilfunkanbietern nur noch drei übrig blieben. Die Sorge ist, dass die Preise steigen und der Service abnimmt. Am Mittwoch hat der einflussreiche Senator Herb Kohl die Kartellbehörden aufgerufen, das Geschäft zu untersagen. «Das sollte den Deal zwar nicht blockieren, aber Kohls Stimme hat sicherlich einiges Gewicht bei den Behörden, auch wenn seine Position nicht neu ist», kommentierte ein Händler.
Für die Tui-Titel ging es nach positiven Aussagen der Tochter L’Tur um 0,12 Prozent auf 6,492 Euro hoch. L’Tur sendet im Endspurt eines für Reiseveranstalter turbulenten Jahres positive Signale an die Investoren des Mutterkonzerns: «Der Umsatz liegt schon jetzt deutlich über dem Vorjahreswert von 394 Millionen Euro», sagte der Chef von Europas grösstem Last-Minute-Anbieter, Markus Orth, der «Financial Times Deutschland». Zur Höhe des Gewinns äusserte sich der Manager nicht. Ein Händler nannte die Aussagen ermutigend. Bei Adva Optical Networking sorgten indes durchwachsene Zahlen für das zweite Quartal für Kursverluste von 6,08 Prozent auf 4,313 Euro./gl/rum
— Von Gerold Löhle, dpa-AFX —