Katzenwahnsinn in der Schweiz
In der Schweiz ist erstmals eine Katze an einem BSE-ähnlichen Erreger erkrankt. Die Infektions-Ursache ist noch unbekannt. In England, Irland, Norwegen und dem Fürstentum Liechtenstein ist FSE bereits aufgetreten. Für den Menschen besteht offenbar keine Gefahr.
Der Katze aus dem Kanton Waadt wurde entweder rohes oder ungenügend erhitztes Fleisch verfüttert oder aber infiziertes Tierfutter – und dies wohl in ihrem ersten Lebensjahr. 1995 wurde sie geboren, seit 1996 wird in der Schweiz so genanntes Risikomaterial, also Hirn und Rückenmark von Kühen, verbrannt und gelangt somit nicht mehr in die Nahrungskette.
Laut Bundesamt für Veterinärwesen liegt die mittlere Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Erkrankung, bei rund fünf Jahren, wie beim Rinderwahnsinn. FSE, Feline Spongiforme Enzephalopathie, ist wie BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) eine übertragbare schwammartige Gehirnerkrankung.
FSE tritt nur bei ausgewachsenen Katzen auf. Symptome sind: Verhaltensänderungen, Koordinationsstörungen, manchmal grundlos aggressives, manchmal ängstliches Verhalten. Prof. Kurt Wüthrich von der ETH Zürich, Rinderwahnsinn-Experte, überrascht dieser Fall überhaupt nicht.
«War diese Katze mal in England?» lautete seine erste Frage. Denn in England tauchte 1990 der erste FSE-Fall auf, und seither sind dort offiziell rund 90 Katzen daran erkrankt. Ein Fall wurde 1995 in Norwegen bekannt (in dem bisher kein BSE aufgetaucht ist) und ein weiterer im Fürstentum Liechtenstein 1996. Auch in Irland wurden ein paar wenige Fälle bekannt.
Sogar bei exotischen Wildkatzen wie Tiger, Löwen, Pumas oder Geparden sind FSE-Fälle aufgetreten.
Weshalb ein BSE-ähnlicher Erreger noch nie bei Hunden aufgetaucht ist, die ähnlich wie Katzen gefüttert werden, ist Wüthrich noch nicht klar. Rapporte gebe es keine, Forschungen dazu seien aber geplant. Dr. Rosmarie Fatzer, Veterinärmedizinerin an der Universität Bern, vermutet dahinter genetische Gründe – ähnlich wie bei Pferden.
Seit 1996 ist in der Schweiz die Verwendung von Risikomaterialien für Tierfutter verboten. Seit 1998 wird auch bei Importen darauf geachtet, dass kein gefährliches Rohmaterial darin verarbeitet wird. Grosse Tierfutter-Hersteller verzichten jedoch bereits seit 1990 freiwillig auf Risikomaterial und zeigen sich deshalb wenig besorgt über diesen Fall.
Fürsprecher Bernhard Welten vom Verband für Heimtiernahrung (Interessenvertreter der Heimtierfutter-Industrie): «Ich lege dafür die Hand ins Feuer, dass da kein Risiko besteht.»
Und die Vertreiberin der grössten Tierfuttermarken, Effems, eine Tochtergesellschaft von Mars Inc. USA, garantiert in einer Stellungnahme gegenüber dem Magdeburger Tierschutzverein, dass von ihren Produkten keine Gefahr für Hund und Katze ausgeht. Sie verzichtet gemäss eigener Aussage seit Jahrzehnten auf die Verarbeitung von Tiermehl aus Kadavern kranker oder verendeter Tiere verzichtet und verwendet nur Rohmaterial von gesunden Tieren.
Das Rohmaterial im Tierfutter, das die Mitglieder des Verbandes für Heimtiernahrung herstellen, ist «genehmigt zum menschlichen Verzehr», wie es Interessen-Vertreter Welten formuliert.
Für den Menschen besteht durch FSE offenbar keine Gefahr. Auch bei Katzen wird es nicht von Tier zu Tier übertragen, wie das Bundesamt für Veterinärwesen mitteilt. Die Krankheitserreger werden auch nicht mit Blut, Urin oder Speichel ausgeschieden. Eine Ansteckung könnte einzig via Nahrungskette erfolgen.
Rebecca Vermot
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