
Animierte Doku beleuchtet Menschenhandel in der Schweiz

Der Diplomfilm "Hinter verschlossener Tür" von Vivian Waldvogel führt vor Augen, wie in der Schweiz Frauen Menschenhandel widerfährt. Der animierte Kurzfilm ist ein Erfahrungsbericht von Greta, die aus Spanien nach Biel kam.
(Keystone-SDA) Als Greta im Jahr 2021 mit dem Ziel Schweiz in Spanien aufbrach, war sie glücklich. Endlich würde sie ein neues Leben erwarten. Doch angekommen in der Schweiz fand sie sich in einem Albtraum wieder: Hier traf sie nicht auf das schöne Haus, das ihr ein Bekannter versprochen hatte. Sondern auf eine Bruchbude in Biel, in der sie gefangen und zu Sex mit Männern gezwungen wurde.
Von ihrer Zeit in der Schweiz erzählt Greta in der animierten Kurzdoku «Hinter verschlossener Tür». Was ihr unter anderem in der Schweiz widerfahren ist, sorgt für erschütternde sieben Minuten. Die Stimme der Protagonistin erklingt auf Spanisch aus dem Off und schildert, wie es in den Stunden purer Verzweiflung in ihr aussah: «In dem Moment, als der erste Kunde herein kam, beschloss ich, meinen Geist von meinem Körper zu trennen.»
Reduzierte Bildsprache
Es ist eine der wenigen Aussagen im Erfahrungsbericht, der im Film der Zürcherin Vivian Waldvogel mit einer Animation visualisiert wird. Denn die Bildsprache von «Hinter verschlossener Tür» ist eine sehr reduzierte. Fast nur das Gesagte von Greta geht auf Deutsch verschriftlicht über das dunkle Bild.
Ursprünglich plante Waldvogel mehr Animationen, doch nach dem Gespräch mit Greta habe sie sich dagegen entschieden, wie sie der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte: «Mir wurde klar, wie bildhaft sich Greta ausdrückt. Diese Emotionalität, die schon nur beim Mitlesen entsteht, wollte ich nicht mit neuen Bildern überlagern.» So seien lediglich zur Ergänzung metaphorische Animationen dazugekommen, die das Innenleben der Betroffenen visualisieren.
Kurzfilm und Podcast
Zum animierten Dokumentarfilm, den Waldvogel schuf, um ihr Diplom an der Zürcher Hochschule der Künste im Fach Audiovisuelle Medien zu erlangen, hat sie einen begleitenden Podcast veröffentlicht. Dieser enthält in rund 30 Minuten einen umfangreicheren Erfahrungsbericht, der über Gretas dunkles Kapitel in der Schweiz hinausgeht. Hier setzt sie früher an, in ihrer Zeit in der Heimat, wo sie von einer prekären Lage in die nächste schlitterte – und schliesslich in Biel landete.
Kennengelernt hat Waldvogel ihre Protagonistin am «Walk for Freedom», einer stillen Demonstration gegen Menschenhandel. «Ich kann natürlich nicht für Greta sprechen, ich glaube aber, dass der Erfahrungsbericht eine sehr bestärkende Erfahrung für sie war, und sie mit dem Film auf ihre Geschichte aufmerksam machen will», so Waldvogel.
Die Ausbeutung, die Greta und andere Frauen in Biel erfuhren, führte im vergangenen Mai zu einem Menschenhandelsprozess, bei dem die Bordellbetreiber zu Haftstrafen verurteilt wurden.
Noch ist «Hinter verschlossener Tür» nicht auf der Kinoleinwand zu sehen. Waldvogel wolle ihren Film an diversen Festivals, etwa bei den Schweizer Jugendfilmtagen oder den Solothurner Filmtagen, einreichen.
Von der Zürcher Hochschule der Künste ist die Filmemacherin mit dem Diplomwerk für den Förderpreis nominiert worden. Anlässlich des interdisziplinären Refresh-Festivals der Kunsthochschule, das vom 2. bis 5. Oktober stattfindet, wird der animierte Kurzfilm im Toni-Areal in Zürich gezeigt.
https://www.youtube.com/@Hinter-verschlossener-Tuer