
Berner Stadtrat verurteilt Demo-Gewalt und streitet über Polizei

Die Gewaltexzesse an der Palästina-Demo sind am Donnerstag im Berner Stadtrat einhellig verurteilt worden. Kritik bekam aber auch die Stadtregierung zu hören. Die Ratslinke warf zudem die Frage auf, ob der Polizei-Einsatz verhältnismässig war.
(Keystone-SDA) Dominik Fitze (SP) sagte, die Gewaltexzesse von Demonstrierenden, die Hetze und die antisemitischen Parolen seien unerträglich gewesen. Nun brauche es aber auch eine Aufarbeitung des Polizeieinsatzes. Berichte zum Beispiel über den Einsatz von Gummischrot auf Augenhöhe müssten ernstgenommen werden.
Auch unbewilligte Demonstrationen seien grundrechtlich geschützt, rief Lea Bill (Grünes Bündnis) in Erinnerung. Deshalb sei der Entscheid der Stadt richtig gewesen, die Kundgebung zunächst laufen zu lassen. Die Gewalt einiger Teilnehmer sei zu verurteilen, doch stelle sich in der Tat die Frage, ob die Polizei verhältnismässig vorgegangen sei. Auch friedliche Demonstrierende seien verletzt worden.
Ronja Rennenkampff (JA) sagte, der Grossteil habe friedlich ein Zeichen gegen den Genozid in Gaza setzen wollen. Die grüne Jungpartei forderte eine Melde- statt Bewilligungspflicht für Demos sowie die Abschaffung der Kostenüberwälzung an Randalierer.
David Böhner (AL) warf sowohl den Demo-Organisatoren als auch der Polizei Verantwortungslosigkeit vor. Er forderte den Gemeinderat auf, eine unabhängige Untersuchung in Auftrag zu geben.
SVP für Demo-Verbot im Zentrum
Harte Kritik an der Stadtregierung kam von der SVP. Die Deeskalationsstrategie sei gescheitert. Thomas Glauser forderte ein Demo-Verbot in der Innenstadt inklusive Bundesplatz. Kundgebungen sollten «ab sofort nur noch auf dem Parkplatz vor der Reithalle» geduldet werden.
Die Demonstration vom vergangenen Samstag habe niemandem etwas gebracht, sagte Béatrice Wertli (Mitte) – schon gar nicht den notleidenden Menschen im Nahen Osten. Den Polizei-Einsatz bezeichnete sie als verhältnismässig. In Zukunft müssten unbewilligte Demonstrationen möglichst im Keim erstickt werden.
«Dem Hass entgegentreten»
Nik Eugster (FDP) kritisierte, der gewaltverherrlichende Aufruf zur Demo habe den Ton vorgegeben. Ein antisemitischer Zug sei dann durch Bern gezogen. Nicht nur die Gewalt entsetze, sondern auch die Inhalte. «Was ist das für eine Stadt, in der das Recht auf freie Meinungsäusserung auf Kosten von Minderheiten geht?» fragte Debora Alder-Gasser (EVP) mit Blick auf die jüdische Bevölkerung.
Michael Ruefer (GFL) übte Kritik an beiden Lagern. Krawallmacher wie auch Sicherheitsfanatiker bedrohten ernsthaft den friedlichen Protest in Bern.
Die Behörden seien nicht unvorbereitet in eine schwierige Situation geraten, sagte Corina Liebi (GLP). Sie hätten das ihnen Mögliche getan, auch wenn die Demo dann aus dem Ruder geraten sei. Nun sei es am Rechtsstaat, die Verantwortlichen zu identifizieren und Straftaten konsequent zu verfolgen.
Gemeinderat verspricht Aufarbeitung
Der Gemeinderat will das Geschehen sorgfältig aufarbeiten, wie Stadtpräsidentin Marieke Kruit (SP) versprach. Sie dankte der Polizei für ihre Arbeit unter schwierigen Bedingungen und verurteilte die Randalierer. Es sei legitim, gegen Israels Kriegsführung in Gaza zu demonstrieren, «aber diese Gewalt akzeptieren wir nicht».
Es sei logisch, dass die Polizei Gewalt anwenden müsse, wenn der Rechtsstaat angegriffen werde, ergänzte Sicherheitsdirektor Alec von Graffenried (GFL). Es habe sich um Notwehrsituationen gehandelt, sagte er zum Abschluss der rund 70-minütigen Debatte.