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Timeline: Die Schweiz und der Krieg im Nahen Osten seit dem 7. Oktober 2023

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SWI swissinfo.ch / Helen James / Getty Images


Seit dem 7. Oktober 2023 hat die Schweiz – der Depositarstaat der Genfer KonventionenExterner Link – wiederholt die Notwendigkeit betont, die Feindseligkeiten im Nahen Osten zu beenden. Die Schweizer Positionen wurden jedoch als zu nachsichtig gegenüber Israel kritisiert.

Am 7. Oktober 2023 greift die Hamas gemeinsam mit anderen bewaffneten palästinensischen Gruppen Israel an, tötet mehr als 1100 MenschenExterner Link und verschleppt rund 251 Geiseln nach Gaza.

Israel reagiert mit einer gross angelegten Militäroperation im Gazastreifen. Die palästinensischen Gesundheitsbehörden geben an, dass Israels Boden- und Luftangriffe gegen militante Hamas-Kämpfer seit Beginn des Krieges vor zwei Jahren mehr als 67’000 MenschenExterner Link getötet haben.

Im September startete Israel eine Offensive gegen die Stadt Gaza mit Luftangriffen, Artillerie und Bodenoffensiven. In einem am 16. September veröffentlichten Bericht Externer Linkkommt eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zu dem Schluss, dass Israel Völkermord an den Palästinenserinnen und Palästinensern in Gaza begangen hat. Israel hat die Ergebnisse des Berichts zurückgewiesen.

Eine internationale Beobachtergruppe warnte im Juli 2025 vor dem Worst-Case-Szenario einer Hungersnot in GazaExterner Link, da die israelische Armee humanitäre Hilfe in die Enklave seit Anfang März 2025 blockiert.

In den letzten zwei Jahren hat die Schweiz weiterhin ihre guten Dienste angeboten, um die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zu unterstützen. Sie stufte die Hamas als Terrororganisation ein, sah von der Anerkennung eines palästinensischen Staats ab und erwog, ihre finanziellen Beiträge an die UNRWA, die UNO-Agentur zur Unterstützung palästinensischer Flüchtlinge, einzustellen.

Oktober bis Dezember 2023: Bezeichnung der Hamas als Terrororganisation

Demonstrierende halten Transparente mit Bildern von Geiseln und israelischen Nationalflaggen hoch
Demonstrierende halten während einer Versammlung neben dem UNO-Sitz in Genf, am Sonntag, 22. Oktober 2023, Transparente mit Bildern von Geiseln und israelischen Nationalflaggen hoch. Keystone / Magali Girardin

Bern verurteilt die Terrorakte der Hamas aufs Schärfste, anerkennt das legitime Recht Israels auf Sicherheit und Verteidigung und fordert alle Parteien auf, das humanitäre Völkerrecht zum Schutz der Zivilbevölkerung zu achten.

Nach den Anschlägen organisiert die Schweiz Flüge für rund 700 Schweizer Staatsangehörige von Tel Aviv nach Zürich und stellt 90 Millionen Franken für humanitäre Hilfe im Nahen OstenExterner Link bereit.

11. Oktober: Vier Tage nach dem Anschlag erklärt die Schweizer Regierung, sie wolle die Hamas in der Schweiz verbieten. Im November wird ein Gesetz vorgelegt, das im Mai 2025 in Kraft tritt.

Dies stellt eine Kehrtwende gegenüber der bisherigen Nahostpolitik der Schweiz dar, die sich als Vermittlermacht positioniert und die Hamas nicht als Terrororganisation eingestuft hatte.

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29. Dezember: Als nichtständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats in den Jahren 2023 und 2024 betont die SchweizExterner Link, die kein Vetorecht besitzt, in einer Krisensitzung in New York die Notwendigkeit einer dauerhaften politischen Lösung im Nahen Osten.

Die Schweiz bekräftigt ihre Unterstützung für eine von den Vereinten Nationen skizzierte Zwei-Staaten-Lösung auf der Grundlage der Grenzen von 1967Externer Link.

Demonstrierende halten palästinensische Flaggen und Plakate hoch
Demonstrierende halten palästinensische Flaggen und Plakate während einer genehmigten Kundgebung zur Solidarität mit Palästina vor dem Bundeshaus in Bern am Samstag, 28. Oktober 2023. Keystone / Anthony Anex

2024: Humanitäre Hilfe in Gaza in der Krise

Im Jahr 2024 weitet Israel seine Militäroperation in Gaza aus, führt anhaltende Luftangriffe und Bodenoffensiven durch und verhängt Versorgungsblockaden.

In der Folge verschlechtert sich die humanitäre Lage in Gaza drastisch, zugleich eskaliert auch in der Westbank die Gewalt zwischen israelischen Siedlerinnen und Siedlern, der israelischen Armee und Palästinenserinnen und Palästinensern.

Trotz wiederholter internationaler Appelle zur Deeskalation kann kein dauerhafter Waffenstillstand erreicht werden, und die Friedensverhandlungen stagnieren.

Die Schweiz betont, dass alle am israelisch-palästinensischen Konflikt beteiligten Parteien sich ausnahmslos strikt an das humanitäre Völkerrecht halten müssen und besteht auf einer Zwei-Staaten-Lösung für Israel und Palästina.

Nach Vorwürfen Israels, mehrere UNRWA-Mitarbeitende seien an den Hamas-Anschlägen beteiligt gewesen, berät das Schweizer Parlament im Lauf des Jahres 2024 über die Einstellung der UNRWA-Beiträge.

Das Parlament kommt zum Schluss, dass jede Finanzierung der UNRWA zunächst mit den Aussenpolitische Kommissionen des Ständerats besprochen werden muss.

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Aussenpolitik

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Israel behauptet, die UNRWA arbeite mit der Hamas zusammen, worauf Geberländer dem Hilfswerk die Finanzierung verweigern. Ein Blick auf die Vorwürfe.

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18. April: Der UNO-Sicherheitsrat stimmt für eine ResolutionExterner Link, die Palästina für die Vollmitgliedschaft in der UNO empfiehlt. Die Resolution erhält zwölf Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen (von Grossbritannien und der Schweiz) und wird schliesslich von den Vereinigten Staaten, einem der fünf ständigen Mitglieder des Rats, mit einem Veto blockiert.

Dieses Veto verhindert die Weiterleitung der Resolution an die UNO-Generalversammlung, wo für die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied eine Zweidrittelmehrheit erforderlich wäre.

Die Schweiz erklärt, sie habe sich der Stimme enthalten, da sie zum Schluss gekommen sei, die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied der UNO würde zum jetzigen Zeitpunkt weder zur Entspannung noch zur Förderung der Friedensbemühungen im Nahen Osten beitragen.

19. Juli: Der Internationale Gerichtshof (IGH) veröffentlicht ein GutachtenExterner Link, in dem er die Präsenz Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten für rechtswidrig erklärt. Die Schweiz wirkte am Gutachten des IGH mit und unterstützte es.

18. September: Die Schweiz enthält sich bei einer Abstimmung der UNO-Generalversammlung zur Unterstützung des Gutachtens des IGH der Stimme, bekräftigt jedoch ihr Bekenntnis zum Völkerrecht.

Die Schweiz argumentiert, dass bestimmte Punkte der am 18. September verabschiedeten Resolution über das Gutachten hinausgingen, besonders die Frist von zwölf Monaten für den Rückzug Israels aus den besetzten palästinensischen Gebieten, ohne dass erwähnt werde, wie die Sicherheit Israels gewährleistet werden solle.

«Unsere Enthaltung schmälert in keiner Weise unser Engagement, das humanitäre Völkerrecht im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet zu respektieren und dessen Einhaltung sicherzustellen», heisst esExterner Link.

2025: Hungersnot bedroht den Gazastreifen

Menschen kämpfen um gespendete Lebensmittel
Palästinenserinnen und Palästinenser kämpfen am Montag, 4. August 2025, in einer Gemeinschaftsküche in Gaza-Stadt im nördlichen Gazastreifen um gespendete Lebensmittel. AP Photo / Jehad Alshrafi

Trotz anhaltender internationaler Appelle zu einem Waffenstillstand dauern die Feindseligkeiten im Nahen Osten an. Seit Juli ist die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen nach Angaben der Vereinten Nationen vom Hungertod bedrohtExterner Link. Dies löst internationale Kritik an Israel aus und veranlasst das Land dazu, die Lieferung von mehr Hilfsgütern in die Enklave zuzulassen.

Das israelische UNRWA-VerbotExterner Link tritt am 30. Januar in Kraft und erschwert die Verteilung der Hilfsgüter im Gazastreifen zusätzlich. Darüber hinaus schliesst Israel die Grenzübergänge zum Gazastreifen vollständig und verhindert von März bis Mitte Mai die Einfuhr von Nahrungsmitteln, Wasser und humanitärer Hilfe.

6. März: Eine geplante Konferenz der Genfer Konventionen zum Schutz der Zivilbevölkerung in den palästinensischen Gebieten wird aufgrund schwerwiegender Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Parteien abgesagt.

Die Schweiz wird dafür kritisiert, die Konferenz nicht wie von der UNO-Generalversammlung mandatiert abgehalten zu haben. Ziel der Konferenz war es, den Schutz von Zivilpersonen und zivilem Eigentum in den besetzten palästinensischen Gebieten zu bekräftigen.

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15. Mai: Beginn eines fünfjährigen Verbots der Hamas in der Schweiz.

21. Mai: Die Schweiz verpflichtet sich, im Jahr 2025 wie im Vorjahr zehn Millionen Schweizer Franken (zwölf Millionen US-Dollar) an die UNRWA zu spenden, um deren Aktivitäten in Jordanien, Libanon und Syrien zu unterstützen.

30. Mai: Die Schweizer Regierung verurteilt Israels Genehmigung von 22 neuen Siedlungen im Westjordanland in den besetzten palästinensischen Gebieten.

Anfang Juni: Aussenminister Ignazio Cassis sieht sich wegen seiner als nachsichtig empfundenen Haltung gegenüber Israel innenpolitischer Kritik ausgesetzt. Diese wird von seinem eigenen Team im Aussenministerium bekräftigt.

10. bis 11. Juni: Cassis reist unter internem Druck in den Nahen OstenExterner Link, zum ersten Mal seit den Angriffen der Hamas. Während seines Besuchs in Jerusalem betont er die Verpflichtungen Israels nach dem humanitären Völkerrecht, besonders seine Pflicht als Besatzungsmacht, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu gewährleisten.

Der Schweizer Aussenminister fordert Israel auf, mehr Hilfe für Gaza zuzulassen. Er führt auch Gespräche mit dem palästinensischen Premierminister Mohammad Mustafa in Ramallah.

2. Juli: Die umstrittene, von den USA und Israel unterstützte Gaza Humanitarian Foundation (GHF) mit Sitz in Genf wird in der Schweiz aufgelöst. In den USA bleibt sie weiterhin tätig. Sie wurde im Februar 2025 als Ersatz für die humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen im Gazastreifen gegründet und war ursprünglich in Genf registriert.

29. Juli: Auf der Nahostkonferenz der Vereinten Nationen Ende Juli erklären mehrere westliche Länder, darunter Grossbritannien und Kanada, Palästina als unabhängigen Staat anzuerkennen. Frankreich hatte seine Absicht bereits zuvor bekundet. Die Schweiz verzichtet darauf mit der Begründung, die Bedingungen seien nicht erfüllt.

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Warum die Schweiz Palästina nicht als Staat anerkennt

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Knapp 160 Staaten – über 80% der UNO – erkennen Palästina als Staat an. Die Schweiz nicht. Das sind die Gründe.

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12. August: «Wir brauchen einen Waffenstillstand, der den Krieg beenden kann», erklären 29 westliche Staaten, darunter die Schweiz, im August. «Wir sind den USA, Katar und Ägypten dankbar für ihre Bemühungen um einen Waffenstillstand und die Suche nach Frieden. Wir brauchen einen Waffenstillstand, der den Krieg beenden kann, damit Geiseln freigelassen werden und Hilfsgüter ungehindert auf dem Landweg nach Gaza gelangen können», erklären die UnterzeichnerstaatenExterner Link.

September – Oktober: In mehreren Schweizer Städten, darunter Genf und Zürich, demonstrieren Tausende für eine Anerkennung Palästinas und gegen die Gewalt in Gaza. Das EDA hält die völkerrechtlichen Bedingungen dafür für erfüllt, doch der Bundesrat zögertExterner Link. Eine Genfer Initiative scheiterte im Ständerat, während nun eine Volksinitiative vorbereitet wirdExterner Link.

5. Oktober: 19 Schweizer Aktivist:innen der «Waves of Freedom»-Flotilla wurden nach dem Stopp vor Gaza in Israel festgenommen. Die ersten Aktivist:innen, die in die Schweiz zurückkehrten, berichten von MisshandlungenExterner Link. Das EDA verlangt Zugang zu den Inhaftierten und plant eine Protestnote an Israel, nachdem ein Besuch von Schweizer Diplomaten abgebrochen wurde.

7. Oktober: Am Jahrestag der Angriffe der palästinensischen Miliz Hamas auf Israel hat Karin Keller-Sutter zum Frieden aufgerufen. «Zwei Jahre nach den Terroranschlägen der Hamas gegen Israel sind unsere Gedanken bei allen, die leiden. Es ist höchste Zeit, die Gewalt zu beenden. Die Hamas muss alle Geiseln freilassen. Die Verzweiflung und das immense Leid müssen ein Ende haben. Frieden ist der einzige Weg nach vorn», twittere die Schweizer Bundespräsidentin. 

Folgende Timeline befasst sich mit den Beziehungen der Schweiz zum Konflikt in der Region seit 1897, dem Jahr des ersten Zionistenkongresses in Basel, bis zum schicksalhaften 7. Oktober 2023:

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Mit Input von May Elmahdi-Lichtsteiner, editiert von Virginie Mangin/livm. Übertragung aus dem Englischen mit der Hilfe von Deepl: Petra Krimphove

Dieser Text wurde am 7. Oktober 2025 aktualisiert.

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