
Der Krieg im Gazastreifen und der humanitäre Kollaps

Der Krieg Israels im Gazastreifen hat die Enklave an den Rand eines humanitären Zusammenbruchs gebracht. Von Genf aus – seit Jahrzehnten Zentrum des humanitären Rechts und der internationalen Hilfsdiplomatie – versucht dieser Sonderbericht von Swissinfo, das Ausmass der humanitären Katastrophe im Gazastreifen zu dokumentieren.
In Gaza liegen ganze Stadtteile in Trümmern. Spitäler sind von Treibstoff und Medikamenten abgeschnitten. Familien sind gezwungen, immer wieder zu fliehen.
Trotz der Ankündigung einer Waffenruhe am 9. Oktober ist ein endgültiges Ende des Kriegs bis heute nicht in Sicht.
Es begann mit einem Angriff der palästinensischen militanten Gruppe Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Bei dem Überfall wurden laut Angaben Israels 1195 Menschen getötet und mehr als 200 als Geiseln genommen.
Nach zwei Jahren befanden sich noch 48 Geiseln in Gefangenschaft im Gazastreifen. Es wird angenommen, dass nur noch 20 von ihnen am Leben sind.
Als Reaktion startete Israel eine Militäroffensive, die nach eigenen Angaben darauf abzielt, die militärischen und zivilen Strukturen der im Gazastreifen herrschenden Hamas zu zerstören, die Geiseln zu befreien und künftige Angriffe auf Israel zu verhindern.
Doch die Offensive hat sich zum tödlichsten und zerstörerischsten Konflikt in der Geschichte des Gazastreifens entwickelt, wo die Hamas seit Juni 2007 die de facto regierende Autorität ist.
Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen wurden seit Oktober 2023 mehr als 66’000 Palästinenser:innen getötet.
Israel hat stets betont, dass es im Einklang mit dem Völkerrecht handle und das Recht habe, sich zu verteidigen.
Bereits wenige Wochen nach Ausbruch des Kriegs warnten UNO-Organisationen in Genf, dass in Gaza Unterernährung bis hin zur Hungersnot drohe. Internationale Hilfsorganisationen haben Israels wiederholte Angriffe auf Spitäler, humanitäre Helfer:innen und Hilfe suchende Zivilist:innen verurteilt. Sie fordern bis heute, dass humanitäre Hilfe ungehindert nach Gaza gelangen müsse.
Hier finden Sie eine Übersicht über einige der wichtigsten Akteure mit Sitz in Genf und deren Tätigkeitsbereiche:
Das Ausmass der Gewalt in Gaza ist so gross, dass der Vorwurf des Völkermords gegen Israel vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gebracht wurde.
Am 16. September kam die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete zum Schluss, dass Israel an den Palästinenser:innen im Gazastreifen einen Genozid verübt habeExterner Link.
Auszug aus der Pressekonferenz der Vorsitzenden der Vereinte Nationen (UNO)-Untersuchungskommission, Navi Pillay:
Israel weist die Vorwürfe zurück. Gleichzeitig aber verweigert es bis heute internationalen Journalist:innen die Einreise nach Gaza, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen und Fakten zu überprüfen.
Diese Aufgabe übernehmen stattdessen humanitäre Helfer:innen und lokale Journalist:innen.
Die ausführliche Version dieses Artikels finden Sie in unserem Multimedia-Langformat (auf Englisch)Externer Link.
Von Ernährungsunsicherheit zu Hungersnot
Frühe Warnungen
Innerhalb der ersten zwei Kriegsmonate, zwischen Oktober und Dezember 2023, hatte der Konflikt 1,9 Millionen Palästinenser:innen in die Flucht gezwungenExterner Link.
Bereits damals schrieb das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) in seinem Lagebericht, dass die Hälfte der vertriebenen Familien angab, in mindestens zehn der letzten 30 Nächte hungrig zu Bett gegangen zu sein.
Ein starker Anstieg gegenüber der Umfrage einen Monat früher: Dort war es noch ein Drittel der Haushalte.
Die zentralen Eskalationsstufen der humanitären Krise:
Blockierte Hilfe
Israel hat während des Kriegs zweimal eine vollständige Blockade für Hilfslieferungen nach Gaza verhängt: das erste Mal für ein paar Wochen, unmittelbar nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023. Das zweite Mal im Jahr 2025 über fast zwei Monate hinweg: von Anfang März bis zum 19. Mai.
Die Analyse von Swissinfo auf Grundlage von Daten der israelischen RegierungExterner Link zeigt, dass Gaza seit Kriegsbeginn nur in der Hälfte der Zeit genügend Nahrungsmittel erhalten hat, um den Grundbedarf zu decken.
Nach Schätzungen des WFP und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)Externer Link benötigt der Gazastreifen monatlich zwischen 60’000 und 62’000 Tonnen Nahrungsmittelhilfe, um den täglichen Mindestkalorienbedarf zu decken.
In den 24 Monaten bis September 2025 wurde dieser Schwellenwert jedoch nur in 13 Monaten erreicht.
Humanitäre Organisationen betonen, dass ein stetiger, vorhersehbarer und nachhaltiger Fluss von Nahrungsmittelhilfe – im Gegensatz zu sporadischen Lieferungen – unerlässlich sei, um die Ernährungsunsicherheit zu lindern und Hungersnöte zu verhindern.
Steigende Nahrungsmittelpreise und Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen
Im Gegensatz zu anderen Konfliktgebieten haben die Bewohner:innen Gazas praktisch keine Möglichkeit, Nahrungsmittel selbst anzubauen – nur 1,5% der Landwirtschaftsfläche stehen für den Anbau zur Verfügung.
Die Preise für Grundnahrungsmittel sind seit Beginn des Kriegs stark gestiegen.
Das Hilfssystem der Vereinten Nationen bricht zusammen
Bis Anfang 2025 wurden die Lieferungen humanitärer Güter, darunter Lebensmittel, Medikamente, Wasser und Notunterkünfte, im Gazastreifen durch die Vereinten Nationen organisiert.
Das UNO-Nothilfebüro (OCHA) koordinierte die Transporte, die Durchführung oblag grösstenteils dem UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA). Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das WFP und das UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF) leisteten zusätzliche Unterstützung.
Dann, im März 2025, verhängte Israel eine vollständige Blockade. Es untersagte internationalen UNO-Mitarbeiter:innen die Einreise und fing an, alternative Hilfskanäle zu fördern. Das UNO-System jedoch brach in Folge der Blockade zusammen.
Die UNRWA fällt aus
Im Zentrum dieses Systems stand die UNO-Agentur UNRWA. Sie betrieb im Gazastreifen Schulen, Kliniken, Unterkünfte und verteilte Lebensmittel für über 1,7 Millionen Menschen.
Ende Januar 2025 verbot Israel der Agentur ihre Tätigkeit mit dem Vorwurf, sie sei von der Hamas unterwandert. Eine Behauptung, welche die UNRWA als haltlos zurückweist. Es gebe keine Belege für die Anschuldigungen.
Andere Organisationen mussten einspringen und ihre Aktivitäten ausweiten – und damit wurde Raum für neue Akteure geschaffen.
Die Gaza Humanitarian Foundation
Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die von den USA und Israel unterstützt wird, wurde im Februar dieses Jahres in Delaware registriert und damit beauftragt, die humanitären Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu übernehmen. Sie wurde im Mai offiziell ins Leben gerufen, wird jedoch seit ihrer Gründung von Kontroversen begleitet.
Im Februar eröffnete die GHF eine Niederlassung in Genf. Ihr Schweizer Büro verschaffte ihr internationales Ansehen. Doch am 2. Juli wurde es von den Schweizer Behörden aufgelöst: Die Stiftung habe mehrere rechtliche Pflichten nicht erfüllt, hiess esExterner Link.
Ende Mai 2025 nahm die GHF den Betrieb von vier militärisch kontrollierten Verteilstellen für Lebensmittel in Gaza auf. Dieses neue System reduzierte die Zahl der Verteilstellen laut Angaben humanitärer Organisationen dramatisch: Vorher, als die UNO während der Waffenruhe die Hilfslieferungen koordinierte, waren es 400. Die Folge war laut UNO-Angaben ein deutlicher Anstieg der Hungerfälle.
GHF-Verteilstellen verursachen Chaos, Tod und Verletzungen
UNO-Beamte, NGOs und palästinensische Gruppen werfen der GHF vor, die Hilfeleistungen zu politisieren und als Waffe einzusetzen. Sie würde den Empfänger:innen ihre Würde nehmen und Verteilstellen schaffen, die zu Todesfallen würden. Ärztinnen und Ärzte vor Ort waren die ersten, die Alarm schlugen wegen des Blutvergiessens in der Nähe der von der GHF verwalteten Verteilstellen.
Zwischen dem 7. Juni und dem 24. Juli 2025 behandelten die beiden Gesundheitszentren von Ärzte ohne Grenzen (MSF) im Süden Gazas, die beide in der Nähe von GHF-Verteilungsstellen liegen, 1380 Verletzte, darunter 174 mit Schussverletzungen, und versorgten 28 Leichen, die von den Verteilungsstellen gebracht wurden.
MSF bezeichnete das System der Hilfsgüterverteilung als «orchestriertes Töten»Externer Link und betonte, dass diese Zahlen nur einen Bruchteil der tatsächlichen Opferzahlen widerspiegelten.
Am 16. Juli starben 20 Palästinenser:innen, als sie an der Verteilstelle in Khan Yunis von einer Menschenmenge erdrückt wurden. Die GHF behauptete, die Hamas sei für den Vorfall verantwortlich, und stellte ihn als Teil eines umfassenderen Musters dar, mit dem die militante Gruppe die Arbeit der Stiftung untergraben wolle.

Hungersnot ausgerufen
Am 22. August 2025 bestätigte die Integrated Food Security Phase Classification (IPC), die weltweit führende Autorität in Sachen Hunger, dass Gaza unter einer Hungersnot leidetExterner Link.
Auszug aus einem Interview, das der israelische Präsident Isaac Herzog Chatham House gewährt hat:
Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation wurden bis zum 30. September 2025 in Gaza 411 Todesfälle im Zusammenhang mit Unterernährung verzeichnet, darunter 108 Kinder.
Wichtige Versorgungsgüter sind weiterhin knapp
Daten der israelischen COGAT zeigen, dass die Menge der nach Gaza gelieferten Nahrungsmittelhilfe und des Treibstoffs im August 2025 und in geringerem Mass auch im September zugenommen hat. Dies folgte auf eine Phase stark eingeschränkter Lieferungen unmittelbar nach der dreimonatigen Blockade, die im Mai endete.
Viele Güter sind jedoch nach wie vor knapp, besonders Ausrüstung zur Unterbringung, die sehr gefragt ist. Seit Jahresbeginn ist fast kein Kochgas (LPG) mehr nach Gaza gelangt und erst im August wurden kleine Wasserlieferungen wieder aufgenommen.
«Es werden immer noch viele Dinge abgelehnt – besonders Ausrüstungsgegenstände und Dinge, die als Dual-Use-Güter gesehen werden könnten», sagt Olga Cherovka, OCHA-Sprecherin in Gaza, gegenüber Swissinfo.
«Für diejenigen, die unter schwerer Unterernährung und monatelanger Entbehrung gelitten haben, reicht es nicht aus, einfach einen Sack Mehl zu verteilen, um diesen Schaden zu beheben. Sie brauchen spezielle Nahrung und spezielle medizinische Hilfe», sagt sie.
Das Gesundheitssystem in Gaza unter Beschuss
Das Gesundheitswesen in Gaza war bereits vor der Eskalation im Oktober 2023 stark belastet und durch zahlreiche von Israel auferlegte Beschränkungen und Auflagen behindert, sagt MSF-Missionsleiter Leo Cans, der 2023 in Jerusalem stationiert und für Gaza zuständig war.
Insgesamt sei es jedoch «möglich gewesen, zu arbeiten», so Cans. «Doch dann wurden [die Spitäler] angegriffen.»
Seit Beginn des Kriegs sind bei Angriffen auf Spitäler in Gaza Hunderte Menschen ums Leben gekommen. Die überwiegende Mehrheit davon (90%) waren Patient:innen oder medizinisches Personal.
Fast ein Drittel der Gesundheitseinrichtungen in Gaza wurde zerstört, und keine einzige ist noch voll funktionsfähig.
Am 25. August 2025 griff Israel erneut das Nasser-Spital an, das zu diesem Zeitpunkt das letzte noch teilweise funktionsfähige Spital im Süden Gazas war. Bei dem Angriff kamen mindestens 20 Menschen ums Leben, darunter fünf Journalist:innen.

Hilfe leisten und Zeugnis ablegen
Der Zugang für humanitäre Hilfe im Gazastreifen ist stark eingeschränkt. Laut OCHA können Hilfsorganisationen nur in etwa 12% des Gebiets tätig sein.
Die Hilfsorganisationen versuchen, wo immer möglich Hilfe zu leisten und gleichzeitig eine humanitäre Krise zu dokumentieren, die von UNO-Fachleuten als Völkermord angeprangert wird – eine Krise, über welche die meisten internationalen und lokalen Medien vor Ort nicht berichten können.
Herausforderungen bei Zugang und Logistik
Die humanitäre Arbeit im Gazastreifen steht vor gewaltigen logistischen Herausforderungen, angesichts der tödlichen Bedrohung und der wiederholten Vertreibungen der Bevölkerung.
Nur ein Bruchteil der Hilfsmissionen ist erfolgreich. Seit dem 18. März, als Israel einen Überraschungsangriff auf den Gazastreifen startete und damit den Waffenstillstand mit der Hamas beendete, hat Israel 39% der beantragten Hilfsmissionen genehmigt und 34% abgelehnt.
Im August gab es eine deutliche Verbesserung hinsichtlich des Zugangs.
Etwa jede sechste Hilfsmission (17%) stösst nach ihrem Start auf Hindernisse. Selbst, wenn die israelische Koordinierungs- und Verbindungsbehörde (CLA) den Antrag genehmigt, wird der Transport vor Ort blockiert oder verzögert, was zum Abbruch der Missionen führt.
Aufgrund logistischer, operativer oder sicherheitsrelevanter Probleme stornieren humanitäre Organisationen 10% ihrer Anträge.
«Das Hauptproblem ist nach wie vor der Zugang sowie die Menge [der Hilfsgüter], die hineingelangt», sagt Olga Cherovka, Sprecherin von OCHA im Gazastreifen, gegenüber Swissinfo. «Derzeit besteht die grösste Priorität darin, sicherzustellen, dass die am stärksten gefährdeten Gruppen erreicht und vorrangig versorgt werden.»
Humanitäre Pflicht, menschliche Kosten
Der Krieg stellt nicht nur die Widerstandsfähigkeit der Palästinenser:innen in Gaza und der humanitären Helfer:innen auf die Probe, sondern auch die Relevanz des humanitären Völkerrechts.
Dieses schützt Zivilpersonen – besonders Frauen und Kinder –, Verwundete und Kranke, Kriegsgefangene, humanitäre oder medizinische Helfer:innen sowie Journalist:innen, die nicht an Kriegshandlungen beteiligt sind. In Gaza aber werden diese Schutzmassnahmen nicht eingehalten.
Im Krieg wurden laut Daten des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums in Gaza, die von OCHA zitiert werden, bisher über 66’000 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet. Fast die Hälfte der Todesopfer sind Frauen und Kinder.
Der tödlichste Konflikt seit Beginn der Aufzeichnungen für Helfer:innen und Journalist:innen
Humanitäre Einsätze in Gaza sind mit extremen Risiken verbunden. 2025 ist bereits jetzt das tödlichste Jahr für Helfer:innen seit Beginn des Kriegs.
Die meisten Opfer unter den humanitären Helfer:innen in Gaza sind Mitarbeiter:innen der UNRWA.
Während internationale Hilfsarbeiter:innen dazu beigetragen haben, Gaza dem Westen näherzubringen, dokumentieren palästinensische Journalist:innen die Ereignisse vor Ort.
Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten (CPJ) wurden seit Kriegsbeginn mindestens 197 palästinensische und internationale Journalist:innen und Medienschaffende in Gaza getötet.
Andere Organisationen geben höhere Opferzahlen an: Reporter ohne Grenzen schreibt von 220, die Palästinensische Journalistengewerkschaft von 250 getöteten Medienschaffenden.
Mit 82 Todesopfern war 2024 das tödlichste Jahr für Journalist:innen und Medienschaffende seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1992.
Entspannung in Sicht?
Am 15. September startete Israel eine neue Bodenoffensive in Gaza-Stadt und schickte Panzer und Truppen in wichtige Stadtteile.
Seitdem sind Hunderttausende Palästinenser:innen in den Süden geflohen, während diejenigen, die geblieben sind, Bombardierungen ausgesetzt sind und unter Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten leiden.
Hilfsorganisationen warnen vor Massenvertreibungen, steigenden Opferzahlen und einer sich verschärfenden humanitären Krise.
Die Diplomatie wird verstärkt
Der internationale Druck, den Krieg zu beenden, nimmt zu. Am 12. September verabschiedete die UNO-Generalversammlung mit 142 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen und 43 Enthaltungen die «New Yorker Erklärung», die eine Zwei-Staaten-Lösung für den langjährigen israelisch-palästinensischen Konflikt unterstützt.
Die Zwei-Staaten-Lösung sieht einen palästinensischen Staat im Westjordanland und im Gazastreifen mit Ostjerusalem als Hauptstadt vor, der weitgehend auf den vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 bestehenden Grenzen basiert.
Die Erklärung fordert einen «lebensfähigen» palästinensischen Staat neben Israel, einen sofortigen Waffenstillstand, die Freilassung von Geiseln, die Entwaffnung der Hamas und ein Ende der humanitären Krise.
Grossbritannien, Kanada, Australien, Portugal, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Malta, Andorra und Monaco haben im September Palästina als Staat anerkannt und sich damit mehr als 140 Ländern weltweit angeschlossen.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die Anerkennung Palästinas als «absurden Preis für Terrorismus» und schwor, dies niemals zuzulassen.
Ein Durchbruch?
In einem überraschenden diplomatischen Coup gab US-Präsident Donald Trump am 9. Oktober bekannt, dass sich Israel und die Hamas auf einen lang erwarteten Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln geeinigt hätten. Das stufenweise Abkommen soll unter anderem den ungehinderten Fluss von Hilfsgütern nach Gaza vorsehen.
«Die Vereinten Nationen werden die vollständige Umsetzung des Abkommens unterstützen, die Lieferung nachhaltiger und prinzipientreuer humanitärer Hilfe ausweiten und die Wiederaufbau- und Wiederherstellungsbemühungen in Gaza vorantreiben», sagte UNO-Generalsekretär António Guterres.
Er forderte alle Parteien auf, «diese einmalige Gelegenheit zu nutzen, um einen glaubwürdigen politischen Weg zur Beendigung der Besatzung einzuschlagen, das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volks anzuerkennen und eine Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen, die es Israelis und Palästinenser:innen ermöglicht, in Frieden und Sicherheit zu leben».
Gaza in Trümmern
Viele Expert:innen weisen darauf hin, dass die Chancen für einen «lebensfähigen» palästinensischen Staat gering sind, solange Gaza in Trümmern liegt und Israel den Ausbau seiner Siedlungen im Westjordanland weiter vorantreibt.
UNOSAT hat insgesamt fast 193’000 beschädigte Gebäude im Gazastreifen identifiziert, was fast 80% aller Gebäude entspricht. UNO-Zahlen zeigen, dass im Gazastreifen 436’000 WohnhäuserExterner Link– 92% der Gesamtzahl –, fast 3500 km Strassen – 77% des StrassennetzesExterner Link – und mehr als 90% der Schulen zerstört oder beschädigt wurden.
Etwa 70% der Wasser- und Sanitäranlagen in Gaza befinden sich in militarisierten Zonen Israels und sind für die Zivilbevölkerung weitgehend unzugänglich.
Der aktuelle Krieg in Gaza hat mehr Trümmer verursacht als alle zerstörerischen Konflikte der letzten Jahre zusammen.
Editiert von Nerys Avery und Virginie Mangin, Übertragung aus dem Englischen: Meret Michel/me/jg/raf

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