CH/Steuerstreit: EU-Steuerkommissar für Einbindung in EU-Verhaltenskodex
Brüssel (awp/sda) - Im Steuerdialog mit der Schweiz eröffnet die EU eine zweite Front. Am Dienstag hatten die EU-Finanzminister grünes Licht für Gespräche mit der Schweiz gegeben über den EU-Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung. Am Samstag skizzierte der EU-Steuerkommissar ein mögliches Vorgehen.
"Als erstes möchten wir mit der Schweiz einen möglichen Anschluss an den EU-Verhaltenskodex diskutieren", sagte Algirdas Semeta gegenüber der "Tagesschau" von Schweizer Fernsehen SF. "Und dann sollte selbstverständlich das Schweizer Steuersystem angeschaut werden, um zu sehen, ob es tatsächlich solche schädlichen Steuerpraktiken gibt."
Als schädliche Steuerpraktiken gälten unter anderem intransparente Systeme oder die Bevorzugung ausländischer Unternehmen gegenüber inländischen. Semeta betonte im Interview, dass es im Zusammenhang mit der Schweiz aber nicht um spezifische Fälle schädlicher Praktiken gehe.
Die Diskussion werde nach dem Aufräumen im "eigenen Haus", der EU, nun mit verschiedenen Ländern geführt, nicht nur mit der Schweiz und Liechtenstein.
Der Verhaltenskodex stammt aus dem Jahr 1997 und ist nicht rechtsverbindlich. Er dient der Identifizierung und zum Teil der Unterbindung von "schädlichen Steuerpraktiken". Bisher wurden EU-intern rund 400 solche nationale Steuerbestimmungen untersucht, über 100 wurden seither geändert oder abgeschafft.
Das Eidgenössische Finanzdepartement hatte am Dienstag Kenntnis davon genommen, dass die EU-Kommission mit der Schweiz einen Dialog über die Anwendung des Kodex aufnehmen soll. Für den Bundesrat sei "der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmensstandorts prioritär", hiess es damals auf Anfrage.
Zudem erinnert das EFD daran, dass die Schweiz mit der EU-Kommission bereits einen Dialog zur kantonalen Unternehmensbesteuerung (Holdingsteuer) führt. Dieser Dialog ist allerdings in der dafür zuständigen EU-Expertengruppe seit Monaten blockiert, weil unter anderem Italien einen Kompromiss verhindert.
Semeta will parallel vorgehen, weil es zwischen der Schweiz viele Themen gebe, die diskutiert werden müssten und es auch keinen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Dialogen gebe. Er will deshalb einerseits den Streit über den kantonalen Steuerwettbewerb lösen und andererseits den am Dienstag von der EU initiierten Steuerdialog vorantreiben.
Die Kommission soll dem Ministerrat vor Ende der belgischen EU-Ratspräsidentschaft, also vor Ende Dezember, über die Gespräche Bericht erstatten.
cc