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Der grenzenlose Appetit indischer Informatiker

Noida, ein Aussenbezirk von New Delhi: Der Sitz von Tata Consultancy Services wurde von Mario Botta gebaut. swissinfo.ch

In Indien gibt es immer mehr Firmen, die sich auf informatisierte Verwaltung spezialisieren. Sie bieten heute 750'000 Personen Arbeit und weisen einen Umsatz von 13 Mrd. Dollar aus.

Dazu gehören ein paar Riesen wie Infosys, Tata consultancy services und Wipro.

“Indien ist auf dem besten Wege, der globale Lieferant von Dienstleistungen zu werden”, erklärt Phiroz Vandreva. “Das grösste Hindernis”, so der Leiter von Tata consultany services (TCS) weiter, “sind die künstlichen Schranken der westlichen Länder, welche den freien Personenverkehr behindern.”

Mit 24’000 Angestellten und Zweigstellen in der ganzen Welt ist TCS heute in Indien die grösste Firma für Informatik-Dienstleistungen. Und ihrem weiteren Wachstum sind kaum Grenzen gesetzt.

2002 überschritt TCS mit einem Umsatz von über einer Milliarde Dollar eine symbolische Schwelle. Ihr Konkurrent Infosys erwartet, bis Ende 2003 auch ebenso weit zu sein. Das dritte indische Schwergewicht, Wipro, folgt dicht dahinter.

Eine Industrie, die voll im Aufschwung ist

Neben diesen drei grossen Playern gibt es in Indien nahezu 2000 mehr oder weniger grosse Unternehmen, die in den Informations-Technologien tätig sind. Ihr wichtigster Exportmarkt ist Amerika, gefolgt von Europa und, mit etwas Abstand, Japan.

Aus Spargründen lagern immer mehr westliche Firmen ganze Segmente ihrer Verwaltung und Informatik nach Indien aus.

Dort sind die Kosten im Durchschnitt fünf Mal tiefer als in den westlichen Ländern. “Ein indischer Ingenieur verdient maximal 20’000 Dollar pro Jahr”, meint Carlo Donati, CEO von Nestlé India.

Ausgezeichnete Ausbildung

Aber diese Tendenz – das Outsourcing – ist auch wegen des ausgezeichneten Ausbildungsniveaus der indischen Ingenieure interessant. Das ist einem langjährigen, bewährten Ausbildungssystem zu verdanken.

“Es war Nehru, der Gründervater des modernen Indiens, der die Ingenieurausbildung aufgebaut hat”, erinnert Kurt Vögele, Leiter des Kooperationsbüros der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in New Delhi.



Indien hat sechs technologische Institute, deren Niveau der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich oder Lausanne entspricht. Zu diesen hochmodernen Zentren kommen noch 32 regionale Ingenieurschulen und 320 Universitäten hinzu.

Die Auswahl, um an diese Institute zugelassen zu werden, sei erbarmungslos, betont Ranjit Mathew, Kaderangestellter einer Firma für Informatikprogramme in New Delhi. Resultat: “Jedes Jahr bringen unsere Hochschulen 200’000 Ingenieure für Informationstechnologien hervor”, betont Vandrevala.

Lückenhafte Infrastruktur

Trotzdem gibt es in dieser triumphalen Symphonie noch einige Misstöne. Es kommt regelmässig zu Strompannen. Ausserdem sind die Netzspannung nicht immer konstant und die Telefonverbindungen nicht immer optimal.

Basheerhamad Shadrach weist auf ein anderes grosses Problem hin. “Die Software-Industrie ist ganz auf den Export ausgerichtet”, meint der Leiter der Informationssite Oneworld.net für Südasien.

“Die Anwendungsmöglichkeiten sind für die Bedürfnisse des Landes weitgehend unzureichend”, fährt der Vertreter der indischen Zivilgesellschaft weiter. Dieser Analyse stimmt auch der Schweizer Jacques Derron zu.

“Indien hat kleine Entwicklungsinseln, die mit den Industriestaaten konkurrenzieren können”, führt der Wirtschaftsberater der Schweizer Botschaft in New Delhi aus. “Aber es gibt Sektoren wie die Landwirtschaft, die von diesem Wachstum nicht profitiert haben.”

Historische Chance

Ranjit Mathew seinerseits zeigt sich entschieden optimistisch. “Dank den Informationstechnologien hat Indien zum ersten Mal die Möglichkeit, in die Reihen der reichen Länder aufzusteigen.”

Und wegen des internationalen Wettbewerbs müssten sich die Unternehmen an die internationalen Qualitätsstandards halten. “Von dieser Notwendigkeit ist die gesamte indische Wirtschaft mehr und mehr betroffen.”

swissinfo, Frédéric Burnand, New Delhi
(Übertragung aus dem Französischen: Charlotte Egger)

Im 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung erfindet der indische Astronom Brahmagupta die Null, ein Konzept, ohne das es die Informatik nicht gäbe.

Heute arbeiten in Indien 750’000 Personen in der Software- und Internetdienstleistungs-Industrie.

Bis 2010 dürfte dieser Sektor 2,5 Millionen Personen beschäftigen, einen Umsatz von über 70 Milliarden Dollar erarbeiten und 35% der indischen Exporte ausmachen.

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