Deutsche Börse kritisiert Gesetzesentwurf zu Verbot von Leerverkäufen
FRANKFURT (awp international) – Die Deutsche Börse hat den Gesetzesentwurf der Bundesregierung über ein Verbot von Leerverkäufen kritisiert und einen anderen Vorschlag gemacht. «Sollte das Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte in der jetzigen Fassung umgesetzt werden, würde das eigentliche Ziel des Gesetzgebers, nämlich spekulative Angriffe gegen Unternehmen zu unterbinden, nicht erreicht», teilte der Marktbetreiber am Mittwoch in Frankfurt mit. Nach der aktuellen Fassung fiele nämlich auch das Anbieten und Zurückkaufen von Aktien innerhalb eines Tages unter die Bezeichnung Leerverkauf, heisst es in der Stellungnahme. Dies seien aber «für sich genommen keine problematischen Aktivitäten».
Ein Leerverkauf ist der Verkauf von Wertpapieren, die der Verkäufer (Shortseller) noch nicht besitzt. Er spekuliert bei diesem Termingeschäft darauf, dass die Kurse sinken bis die Wertpapiere an die Käufer geliefert werden müssen, und er sie sich dann billiger beschaffen kann. Dies wird in der Fachsprache als «Eindeckung» bezeichnet, und der gesamte Vorgang dauert mehrere Tage oder auch Wochen. Die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Einkaufskurs verbleibt dem Käufer als Gewinn oder Verlust.
Um Angriffe gegen Unternehmen durch Spekulanten zu verhindern, empfiehlt die Deutsche Börse dem Gesetzgeber daher, nur die ungedeckten Tagesendpositionen zu verbieten. Während das Anbieten und Zurückkaufen von Aktien innerhalb eines Tages, also ohne sie über Nacht zu halten, äusserst wichtig sei, «um liquide und transparente Märkte zu organisieren und damit zur effizienten Refinanzierung der Realwirtschaft beizutragen», gelte dies nicht für ungedeckte Tagesendpositionen. Spekulanten, die sich an Unternehmen «anschleichen», oder das Ziel haben, Aktienkurse unter Druck zu setzen, müssten ihre Handelspositionen über mehrere Tage lang halten, um mit einer solchen Strategie erfolgreich zu sein.
Ein Verbot solcher Tagesendpositionen hat laut der Deutschen Börse mehrere Vorteile: Die Aufsichtsbehörden könnten leicht kontrollieren, ob ungedeckte Leerverkaufspositionen aufgebaut wurden. Zudem wäre dies konform mit dem aktuellen Vorschlag der europäischen Wertpapieraufsicht (CESR) hinsichtlich der Veröffentlichungspflichten von Leerverkäufen. Zudem wäre damit auch ein Zuspruch auf europäischer Ebene wahrscheinlicher.
Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 18. Mai dieses Jahres ein Verbot von bestimmten ungedeckten Leerverkäufen erlassen. Grund ist, dass Shortseller für die Zuspitzung der Krise verantwortlich gemacht wurden. Mit Hilfe des «Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte» will die Bundesregierung nun die gesetzliche Grundlage für das Vorgehen der BaFin schaffen. Zusätzlich soll das von der BaFin verhängte Verbot auf weitere Leerverkaufsarten ausgedehnt werden./ck/fn