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EnBW untersucht intern Geschäfte mit Russland

KARLSRUHE (awp international) – Wegen Ungereimtheiten prüft der Energiekonzern EnBW seine Nuklearbrennstoff-Geschäfte mit Russland. Bereits seit dem vergangenem Sommer laufe eine interne Untersuchung, sagte ein EnBW-Sprecher am Freitag und bestätigte damit einen Bericht der “Stuttgarter Zeitung”. Es gehe unter anderem um die Frage, ob alle rechtlichen Aspekte beachtet wurden. Details nannte er aber nicht. Die baden-württembergische Atomaufsicht wurde bislang nicht eingeschaltet. Sicherheitsaspekte spielten bisher auch keine
Rolle. Daher werde die Behörde nicht aktiv, sagte ein Sprecher im Umweltministerium. Die Grünen forderten eine umfassende Aufklärung.
Die EnBW hatte bereits im Februar mitgeteilt, dass sie im vergangenen Jahr 116,5 Millionen Euro vorsorglich abgeschrieben habe – “nachdem sich im Berichtsjahr Erkenntnisse ergeben haben, dass vertragliche Vereinbarungen möglicherweise nicht erfüllt werden”, hiess es damals.
Externe Gutachter sollen nach Informationen der Zeitung die “näheren Umstände der vertraglichen Beziehungen” durchleuchten. Die Ergebnisse lägen noch nicht vor, parallel dazu liefen Nachverhandlungen. Eingeschaltet worden sei nicht nur der EnBW- Vorstand unter Hans-Peter Villis, sondern auch der Aufsichtsrat mit den Vertretern der oberschwäbischen und französischen Grossaktionäre.
Seit vielen Jahren verarbeitet die EnBW hochangereichertes Uran aus alten russischen Militärbeständen zu Brennelementen für westliche Kernkraftwerke und macht die Bestände damit unschädlich. Bei den Lieferungen von Brennelementen für Atomkraftwerke aus Russland habe es bislang “keinerlei Auffälligkeiten” gegeben, sagte der Sprecher des Umweltministeriums. Kaufmännische Fragen und vertragliche Aspekte gingen das Ministerium nichts an.
Die Grünen im Landtag sind da anderer Meinung. Die gesetzlich vorgeschriebene Zuverlässigkeit von Betreibern kerntechnischer Anlagen könne berührt sein, sagte der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Franz Untersteller. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn es Hinweise auf Korruption gebe. Er forderte die EnBW auf, “Licht in diese dubiose Angelegenheit zu bringen”. Die Stuttgarter Atomaufsichtsbehörde müsse klären, ob “sicherheitsrelevante Fragen im Zusammenhang mit dem Betrieb der hiesigen Reaktoren” berührt seien. Untersteller stellte eine parlamentarische Anfrage, die in der kommenden Woche im Landtag behandelt werden soll.
Ein anderes Vorhaben hat die EnBW derweil ad acta gelegt: Beim Rückbau des stillgelegten Kernkraftwerks Obrigheim wurde geprüft, ob Bauteile in einem speziellen Ofen in Russland eingeschmolzen werden können. Dieses Vorhaben sei geprüft worden und wird nach Angaben eines Unternehmenssprechers “nicht weiterverfolgt”. Neben Obrigheim unterhält die EnBW in Baden-Württemberg noch die Atom-Standorte Philippsburg und Neckarwestheim./cat/DP/stb

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