Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

EU/Bisher kein Hilfsantrag aus Portugal

BRÜSSEL/LISSABON (awp international) – Das mit schweren Finanznöten kämpfende Portugal hat bisher keine europäischen Milliardenhilfen beantragt. Das sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel. “Die Kommission ist bereit, einen jeglichen Antrag zu prüfen.”
In Portugal wurde ein Bericht der “Financial Times” dementiert, wonach die Regierung in Lissabon zur Zeit mit der EU über finanzielle Hilfe für kurzfristige Zahlungsverpflichtungen verhandelt. “Das ist nichts weiter als ein Gerücht ohne Grundlage”, erklärte ein enger Mitarbeiter des geschäftsführenden Regierungschefs José Sócrates der Zeitung “Público” in Lissabon.
Der Sprecher von EU-Währungskommissar Rehn sagte weiter, das europäische Hilfsinstrumentarium stehe seit längerem für Notfälle bereit. Das ist vor allem der Rettungsfonds EFSF, der bis zu 250 Milliarden Euro an klamme Eurostaaten ausleihen kann. Im Gegenzug wird von dem Krisenstaat ein striktes Sparprogramm verlangt.
Der Sprecher sagte zu Spekulationen, wonach Lissabon mit bilateralen Krediten anderer Eurostaaten geholfen werden könnte: “Falls andere solche Pläne haben, fragen Sie sie.”
Es gebe im Rahmen der Budgetüberwachung regelmässige Kontakte zwischen der EU-Kommission und Lissabon, sagte der Sprecher. “Länder mit einem überhöhten Defizit brauchen eine verstärkte Überprüfung.” Auf Details ging er nicht ein.
Nach portugiesischen Medienberichten drängen inzwischen auch einige der wichtigsten Banken Portugals die Regierung auf, einen Antrag auf externe Finanzhilfe zu stellen. Eine “Zwischenhilfe” in Höhe von 15 Milliarden Euro könne bis zum Sommer reichen, heisst es. Den Berichten zufolge beschlossen diese Banken zudem, den Kauf von portugiesischen Staatsanleihen vorerst einzustellen. Erst am Montag hatte sich Sócrates erneut gegen einen Hilfsantrag ausgesprochen.
Portugal gilt als zur Zeit grösster “Wackelkandidat” der EU. Viele Finanzexperten gehen davon aus, dass das Land früher oder später unter den Euro-Rettungsschirm flüchten muss. Sócrates war am 23. März zurückgetreten, nachdem seine Minderheitsregierung im Parlament keine Mehrheit für das jüngste Sparpaket gefunden hatte.
Portugal muss für langfristige Staatsanleihen hohe Risikoaufschläge zahlen. Ratingagenturen hatten die Kreditwürdigkeit des ärmsten europäischen Landes mehrfach herabgesetzt./cb/er/DP/bgf

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft