
EU-Prüfer decken Unregelmässigkeiten in Milliardenhöhe auf

Beim Einsatz von EU-Geldern wird weiter in grossem Ausmass geschlampt oder getrickst. Der Europäische Rechnungshof (EuRH) kommt zu dem Ergebnis, dass im vergangenen Haushaltsjahr geschätzte sechs Milliarden Euro rechtswidrig aus dem EU-Haushalt geflossen sind.
(Keystone-SDA) Dies entspricht für 2024 einer Fehlerquote von 3,6 Prozent, wie aus dem neuen Kontrollbericht des EuRH hervorgeht.
Im Vorjahr hatte die Quote mit 5,6 Prozent auf dem höchsten Stand seit Jahren gelegen. Bereits ab einer Schwelle von zwei Prozent gelten vorschriftswidrige Ausgaben allerdings als «wesentlich».
Fehlerhafte Zahlungen
Bei vielen Regelverstössen geht es dem Bericht zufolge darum, dass EU-Geld in nicht förderfähige Projekte fliesst oder Kosten erstattet werden, die eigentlich nicht erstattet werden dürften. Zudem werden auch Verstösse gegen die Vergabevorschriften bei öffentlichen Aufträgen als ein häufiger Fehlergrund genannt. In einem der in Deutschland ermittelten Fälle hätten die gewährten Beihilfen die zulässige Beihilfeintensität überstiegen, heisst es in dem Bericht. Details werden aus Datenschutzgründen aber nicht genannt.
Allgemein gesehen ist die geschätzte Fehlerquote den Angaben zufolge vor allem auf fehlerhafte Zahlungen bei den Ausgaben von EU-Strukturfördermitteln zurückzuführen. Mit den Geldern sollen wirtschaftlich schwach entwickelte Regionen in der EU unterstützt werden, um ökonomische und soziale Unterschiede auszugleichen. Die sogenannten Kohäsionsmittel sind einer der grössten Posten im Gemeinschaftsetat der EU.
Fehlerquote kein Mass für Betrug oder Verschwendung
Insgesamt sei die Verringerung der Fehlerquote zwar ein Fortschritt, doch gebe es bei den EU-Ausgaben immer noch zu viele Unregelmässigkeiten, mahnt der Präsident des Europäischen Rechnungshofs, Tony Murphy. Gründe dafür seien anhaltende Schwächen bei den Aufsichts- und Rechenschaftsmechanismen.
Allerdings ist die geschätzte Fehlerquote laut Rechnungshof «kein Mass für Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung». Sie sei eine Schätzung der Beträge, die nicht im Einklang mit den EU-Bestimmungen und nationalen Vorschriften verwendet worden seien. Bei ihrer Arbeit sind die Prüfer jedoch auch auf 19 Fälle gestossen, in denen sie Betrug vermuteten. Diese Fälle meldeten sie den zuständigen EU-Behörden.
Die EU-Prüfer warnen auch vor einem erhöhten Risiko für den EU-Haushalt durch die Aufnahme von Schulden. Um die Tragfähigkeit künftiger EU-Etats zu gewährleisten, müsse der wachsenden Belastung durch Kreditverpflichtungen ernsthaft Rechnung getragen werden, heisst es. Bis 2027 könnten die Schulden der EU auf mehr als 900 Milliarden Euro ansteigen – das sei fast zehnmal so viel wie vor Start des Corona-Aufbaufonds 2020.