ABB-Chef Kindle lässt nicht locker
Fred Kindle will sich beim Technologie-Konzern weiterhin stark engagieren, trotz seines geplanten Einsitzes im Verwaltungsrat einer anderen Firma.
Im Gespräch mit swissinfo erläutert Kindle, wie er seine Rolle bei ABB mit dem Verwaltungsratssitz bei der Zurich Financial Services (ZFS) in Einklang bringen will.
ABB hat 2005 nach vier Verlust-Jahren erstmals wieder schwarze Zahlen geschrieben. Der schweizerisch-schwedische Konzern, der nach einer schwierigen Phase in eine Krise geraten war, weist nun einen Reingewinn von 735 Mio. Dollar aus, im Vergleich zu einem Verlust von 35 Mio. Dollar im Jahr 2004.
Im Asbest-Vergleich in den USA hat die ABB Hoffnung auf einen Absschluss. Der US-Bezirksrichter, der den revidierten Plan für die ABB-Tochter Combustion Engineering bewilligen muss, wolle den Plan befürworten, falls bis zum 21. Februar keine Einsprüche eingingen, schreibt ABB. Für den Vergleich hat ABB die Rückstellungen um 105 Mio. auf 1,128 Mrd. Dollar erhöht.
Sorgen machen der ABB lediglich von ihr entdeckte verdächtige Zahlungen im Nahen Osten, die unter das amerikanische Antikorruptions-Gesetz fallen dürften. ABB hat bereits eine disziplinarische Untersuchung gegen mehrere Angestellte eingeleitet und die US-Behörden informiert.
swissinfo: ABB ist 2005 in die Gewinnzone zurückgekehrt. Gleichzeitig ist Ihnen ein Sitz im Verwaltungsrat der ZFS angeboten worden, was Sie angenommen haben. Heisst das, dass Ihr Engagement bei der ABB nachlassen wird?
Fred Kindle: Die Situation der ABB ist viel besser unter Kontrolle als in den letzten fünf Jahren seit der Krise. Aber ich lasse nie nach. Ich bin nicht der Typ, der den Fuss vom Gaspedal wegnimmt und die Fahrt einfach geniesst.
Die Arbeit, die wir in die neue ABB-Struktur investieren, erlaubt mir, die hier gesetzten Prioritäten zu erreichen und eine Reihe weiterer Punkte hervorzuheben.
Mein Engagement an zwei Orten ist eine Win-Win-Situation: Bei der ZFS bringe ich mein industrielles Know-how ein und gleichzeitig lerne ich, wie der Versicherungskonzern Risiken managt, also das Kerngeschäft seiner Existenz.
swissinfo: ABB ist wieder auf Wachstumskurs. Wollen Sie künftiges Wachstum lediglich von innen heraus oder auch mit Akquisitionen generieren?
F.K.: Es ist wertvoller, Wachstum im organischen Sinn zu erreichen. Klar ist aber auch, dass wir uns gezielte Akquisitionen überlegen müssen.
Wenn es einmal soweit ist, werden wird dies in einer disziplinierten Art und Weise tun. Es ist nicht meine Philosophie, das Geld der Aktionäre leichtfertig auszugeben. Ich will mit dem Kapital vernünftig umgehen. So, wie wenn es mein eigenes Geld wäre.
Es gibt verschiedene Gründe für sinnvolle Akquisitionen. Wir können damit unsere Position ausbauen. Sei es geographisch, technologisch oder, um Kosten zu sparen.
swissinfo: Kürzlich hat ABB in Nahost verdächtige Zahlungen entdeckt und eine Disziplinaruntersuchung gegen mehrere Angestellte eingeleitet.
F.K.: Zuerst einmal muss ich festhalten, dass hier noch nichts bewiesen ist, da die Fälle noch nicht untersucht sind.
Erfolg hängt nicht lediglich vom Erreichen finanzieller Ziele ab. Genauso wichtig ist geschäftliche Ethik. Auch da haben wir klare Ziele.
swissinfo: Sie konnten ja wegen dem hängigen Asbestverfahren den Geschäftsbereich ABB Lummus Global nicht wie geplant verkaufen. In der Zwischenzeit bewegt sich Lummus wieder im Profit-Bereich. Ist das ein Silberstreifen in der leidigen Asbest-Geschichte?
F.K.: Vor ein paar Jahren war die Situation die, dass ABB Geschäftsbereiche auch für relativ wenig Geld verkaufen musste, um zu liquiden Mitteln zu kommen.
Bei Lummus war das Gegenteil der Fall. Wir konnten nicht verkaufen und der Bereich entwickelte sich positiv. Lummus gehört auch heute nicht zu unserem Kerngeschäft. Das heisst aller Wahrscheinlichkeit nach, dass wir künftig nicht mehr in diesem Business bleiben werden.
Es wäre opportunistisch, das Gas- und Ölgeschäft wieder als Kerngeschäft zu deklarieren. Unsere Langzeitstrategie verlangt nach klaren Lösungen. Dass Lummus nun profitabel ist, heisst auch, dass wir den Geschäftsbereich zu einem höheren Preis werden verkaufen können.
swissinfo-Interview, Matthew Allen, Zürich
ABB entstand 1988 aus der Fusion der schwedischen Asea (1883) mit der schweizerischen BBC Brown Boveri (1891) zu «Asea Brown Boveri» (ABB).
Nach einem anfänglichen Expansionskurs schlitterte der Konzern im Jahr 2001 in eine Krise.
Fred Kindle ist seit Januar 2005 CEO von ABB.
Er löste damals Jürgen Dormann ab, welcher im Jahr 2003 erfolgreich einen Turnaround einleitete.
Kennzahlen ABB in Mrd. Dollar 2005 (2004):
Umsatz 22,4 (20,6)
Betriebsergebnis EBIT 1,74 (1,05)
Reingewinn 0,735 (-0,035)
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