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Alle Schulen ans Internet!

Momentaufnahme vom Informatik-Unterricht in der Schulanlage Lerbermatt in Köniz. swissinfo.ch

Nur ein Bruchteil der Schweizer Schulen ist derzeit ans Internet angeschlossen. Die Swisscom will nun mit einem breit angelegten Sponsoring-Projekt allen Bildungsanstalten des Landes einen kostenlosen Anschluss ans "World Wide Web" ermöglichen - und verspricht sich davon langfristigen Gewinn.

Das im Herzen der Thurgauer Hauptstadt Frauenfeld gelegene Oberstufenzentrum Reutenen zählt zu den fortschrittlichen Schulen der Schweiz. Bereits seit drei Jahren ist die Schule ans Internet angeschlossen und verfügt über eine Infrastruktur, die sich sehen lassen kann: In jedem Klassenzimmer stehen für den Einsatz im täglichen Unterricht im Durchschnitt zwei Computer. Für den gezielten Informatik-Unterricht in Halbklassen stehen zudem zwei mit je 13 Computern bestückte Spezialzimmer zur Verfügung.

Robert Schroeder, Oberstufenlehrer und Informatik-Beauftragter im Schulhaus Reutenen, hat an seiner Schule die Entwicklung des Internets von Anfang an mitbetreut: «Das Internet ist ein Hilfsmittel im pädagogischen Alltag. Es bietet viele Anreize.» Dank dem Internet hätten die Schülerinnen und Schüler einen schnellen Zugriff auf aktuelle Daten, oder eine Klasse könne mit Partnerklassen kommunizieren. «Das sind Vorteile, die wir zu nutzen wissen.»

In der Schweiz herrscht Nachholbedarf

Längst nicht alle Schulen befinden sich auf ähnlich hohem technischen Niveau wie die Frauenfelder Oberstufe. Von den ungefähr 8’000 Schulen in der Schweiz ist heute nämlich lediglich ein Bruchteil ans Internet angeschlossen. Zwar gibt es laut Auskunft der Schweizerischen Fachstelle für Informations-Technologien im Bildungswesen (SFIB) diesbezüglich keine verlässlichen Zahlen. Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass gesamtschweizerisch lediglich etwa 2’000 Schulen vernetzt sind.

In diese Lücke will nun das Telekommunikations-Unternehmen Swisscom springen, welches beabsichtigt, in den kommenden Jahren allen Schweizer Schulen einen kostenlosen Anschluss ans Internet zu ermöglichen. Vom Angebot profitieren sollen sowohl öffentliche als auch private Schulen, die einen öffentlichen Bildungs-Auftrag erfüllen, wie die Swisscom am Dienstag (21.08) mitteilte.

Langfristige Investitions-Strategie

Das Unternehmen lässt sich das gewaltige Sponsoring-Projekt einen mehrstelligen Millionenbetrag kosten. Swisscom-Konzernchef Jens Alder umreisst das Ziel des Projekts folgendermassen: Es gehe darum, dass die heranwachsende Generation einen ähnlich selbstverständlichen Umgang mit dem Internet erlerne wie etwa mit dem Kleinen Einmaleins. Und: «Wenn wir es fertig bringen, dass die Menschen in diesem Land mit neuen Kommunikations-Technologien selbstverständlicher umgehen können, so dürfen wir auch davon ausgehen, dass wir als Unternehmen schliesslich wieder davon profitieren, weil unsere Leistungen mehr gekauft werden.»

Das Projekt wird von der Swisscom in Zusammenarbeit mit den Kantonen durchgeführt. Mit einigen Bildungsdirektionen sei man noch in Verhandlung. Bereits hätten sich aber über 1’000 Schulen beworben. Bis Ende Jahr sollen 500 bis 1’000 Schulen über einen gesponserten Swisscom-Internetzugang verfügen.

Die Swisscom zahlt, befiehlt aber nicht

Riskiert die Schule durch derartige Sponsoring-Projekte ihre Unabhängigkeit? Rainer Huber, Aargauer Bildungsdirektor und begeisterter Anhänger des Swisscom-Projekts, winkt ab: «Man muss sich der Gefahren bewusst sein, die da lauern. Es wäre gefährlich, wenn die Swisscom Vorgaben für Lerninhalte und Methoden des Schulunterrichtes machen würde. Das macht das Unternehmen jedoch klar nicht.»

Umstrittener pädagogischer Nutzen

Der Einzug von Computer und Internet in die Bildungs-Anstalten ist im Frühling dieses Jahres auf ungewöhnlich scharfe Kritik gestossen. Der amerikanische Computer-Spezialist Clifford Stoll brandmarkt in seinem Werk «LogOut – Warum Computer nichts im Klassenzimmer zu suchen haben» die technische Aufrüstung der Schule als Fehlentwicklung. Stolls Kritik: Computer zerstören mehr an menschlichen und kognitiven Werten, als sie aufzubauen vermögen. Und: «Ein engagierter Lehrer braucht keinen Computer – und ein schlechter Lehrer wird durch ihn nicht besser.»

Rainer Huber relativiert diese Skepsis: «Wir erleben derzeit die Ergänzung des Buches durch die elektronischen Medien. Es geht darum, dass die Schüler wissen, wie sie das Internet nutzen können im Bereich der Kommunikation oder der Wissens-Beschaffung. Das Internet ist ein Werkzeug. Der Umgang mit ihm muss geschult werden.»

Felix Münger

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