
Centerpulse vor Übernahme

Der Medizinaltechnik-Konzern Centerpulse soll für 3,3 Mrd. Franken von der britischen Konkurrentin Smith&Nephew übernommen werden.
Die ehemalige Sulzer Medica dürfte kein Jahr als «Centerpulse» bestehen: Die Verlegung des Firmensitzes gefährdet 40 Stellen – diesmal vor allem in der Führung.
Die ehemalige Sulzer Medica war durch die Affäre um verschmutzte Hüft- und Kniegelenke in den USA weltweit in die Schlagzeilen und unter Druck geraten. Seit Abschluss des Hüftgelenk-Vergleichs in den USA im vergangenen Jahr hatte sich das Unternehmen nach möglichen Fusionspartnern umgesehen.
Der neue Gesamtkonzern namens Smith&Nephew Group plc werde das weltweit drittgrösste Orthopädieunternehmen, heisst es in einer gemeinsamen Erklärung von Centerpulse und Smith&Nephew. Centerpulse-Konzernchef und -Präsident Max Link empfahl den Aktionären, das Übernahme-Angebot anzunehmen.
Wird die Transaktion wie vorgesehen bis Mitte Jahr abgeschlossen, würde der Name Centerpulse nach knapp einem Jahr wieder verschwinden. Der künftige Konzernchef der neuen Firma und amtierende Chef der britischen Partnerin, Chris O’Donnell, gab sich zuversichtlich, dass eine «reibungslose und schnelle Integration» der beiden Unternehmen gelingen werde.
Verlegung nach London
Link, der Centerpulse letztes Jahr wieder in die schwarzen Zahlen geführt hatte, soll Vizepräsident der neuen Gesellschaft werden. Das Präsidium soll in britischen Händen bleiben. Bei der Verlegung des Sitzes nach London sind laut Pressesprecherin Beatrice Tschanz 40 der 500 Stellen in der Schweiz gefährdet.
«Wir müssen wohl über die Klinge springen», sagte Tschanz in Bezug auf das Schweizer Management. Andererseits versprechen sich die britische Nummer 7 und die Schweizer Nummer 8 des weltweiten Orthopädiemarktes vom Zusammenschluss bedeutende Kosten- und Umsatzsynergien.
7 plus 8 gibt 3
Damit würde die neue Nummer 3 der Branche laut Mitteilung 74 Prozent der Umsätze in diesem Sektor erzielen. Im weiteren ergänzten sich die Unternehmen mit den Bereichen Dental-Implantate und Wirbelsäulen (Centerpulse) respektive Wundversorgung und Endoskopie (Smith&Nephew) ideal.
Abgesehen von den 40 Angestellten am Zürcher Hauptsitz haben die rund 2800 Centerpulse-Mitarbeiter laut Tschanz nichts zu befürchten. Sie würden übernommen.
Übernehmen soll der neue Konzern auch die ausstehende Nettoverschuldung von Centerpulse im Betrag von 358 Mio. Franken. Smith&Nephew sei eine neue garantierte Kreditfazilität von 2,1 Mrd. Dollar eingegangen – auch für die Barauszahlungen an die Aktionäre.
Neben dem freundlichen Angebot für Centerpulse solle am 16. April auch ihrer Hauptaktionärin, InCentive Capital AG ein Angebot unterbreitet werden, teilte Smith&Nephew weiter mit. InCentive Capital hält rund 19% an Centerpulse. Der Angebotspreis beträgt pro Aktie von 30 Franken Nennwert 25,15 Smith&Nephew Aktien und 73,42 Franken in bar.
Ende von Beteiligungsgesellschaft InCentive Capital
Damit wird die Centerpulse-Akie mit 282 Franken bewertet, wie Centerpulse schreibt. Die Aktie war am Mittwoch mit 277 Franken gehandelt worden. Der Verwaltungsrat von InCentive Capital befürwortete das Angebot, obwohl «diese Transaktion zur Aufgabe ihrer bisherigen Geschäftstätigkeit führen wird», wie die Beteiligungsgesellschaft bekannt gab.
Der Konzernchef von InCentive Capital, René Braginsky, lässt sich in einer Mitteilung zitieren: «Durch den Zusammenschluss von Smith&Nephew und unserer Kernbeteiligung Centerpulse wird einer der wichtigsten Mitbewerber im weltweiten Orthopädiemarkt entstehen.»
Skepsis an der Börse
Die Schweizer Börse reagierte skeptisch auf die Übernahme. Die Centerpulse-Aktie sackte bis zu 8% ab. Bei Handelsschluss lag sie mit 274 Franken noch 1,1% tiefer als am Vorabend.
Dies obwohl Centerpulse gleichentags auch bekannt gab, dass sie letztes Jahr 337 Mio. Franken Reingewinn erzielt hatte, nach einem Verlust von 1,193 Mrd. Franken im Vorjahr.
Analysten kritisierten, dass der Übernahmepreis zu billig sei. Wenn Schweizer Firmen Übernahmen tätigten, sei es immer zu weitaus höheren Preisen. Wenn eine Schweizer Firma ins Ausland verkauft werde, sei das Preisniveau auf den ersten Blick nicht gerade erbaulich, schreibt die Bank Wegelin& Co.
Für die Primärkotierung des neuen Gesamtkonzerns ist London vorgesehen. Die Smith &Nephew Group solle so bald wie möglich eine Sekundärkotierung ihrer Aktien and der Schweizer Börse SWX anstreben, schreiben die Briten weiter.
swissinfo und Agenturen

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