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Dornröschenschlaf zu Ende

In einigen Jahren wird die historische Fassade des Palace in Lugano restauriert sein und sich wieder in die Seeuferpromenade einfügen. Keystone Archive

Nach Konkursen, Immobilien-Spekulationen und Skandalen ist es soweit: Das seit 1969 leer stehende Ex-Hotel Palace in Lugano wird wieder aufgebaut.

«Wir hoffen, das Baugesuch bis Ende Jahr einzureichen», sagt Stadtpräsident Giorgio Giudici gegenüber swissinfo. Zuerst müsse der Gemeinderat noch eine Veränderung des Zonenplans sowie einen Kredit von 800’000 Franken verabschieden.

Die Bauarbeiten sollten 2003 beginnen und vier bis fünf Jahre dauern. Käme es zur Wiedereröffnung im Jahr 2009, wären seit der Schliessung genau 40 Jahre vergangen. «Viel zu viel Zeit», wie Sindaco Giudici einräumt.

Langer Dornröschenschlaf

Lange ist es her, seit das Palace in den 50er Jahren die bevorzugte Ferienresidenz des ägyptischen Königs Farouk war. Die üppige Vegetation hat die Hotelruine inzwischen überwuchert, Brände das Innere verwüstet.

Ende Juni wählte der Stadtrat den Vorschlag von Ivano Gianola aus vier verbliebenen Projekten für die Restauration aus. Insgesamt waren 122 Projekte eingereicht und von einer internationalen Jury unter der Leitung von Mario Botta beurteilt worden.

Fassade muss erhalten bleiben

Das prestigeträchtige Gewinnerprojekt sieht einerseits den Bau von zwei neuen Gebäuden vor, die als Museum und Stadttheater genutzt werden. Andererseits werden verbliebene Reste des Ex-Palace wiederaufgebaut und restauriert.

Darunter fallen die Fassade und die berühmten Männerstatuen am Haupteingang, die unter eidgenössischem Denkmalschutz stehen. Der Erhalt der Fassade war lange Zeit politischer Zankapfel in Lugano. In einer Volksabstimmung entschied sich das Stimmvolk schliesslich im Mai 2000 dafür.

Und der Kreuzgang

Erhalten bleibt auch der Kreuzgang des ehemaligen Klosters San Francesco. So ist die Sicherheit der anstossenden Kirche Santa Maria degli Angioli gewährleistet. Das 1499 gebaute Gotteshaus hat durch die Fresken von Bernardo Luini, einem Schüler Leonardo da Vincis, Berühmtheit erlangt.

Als drittes Element im Projekt Gianola werden im Ex-Palace Luxus-Appartements, Geschäfte und Büros eingerichtet. Auch Grünflächen und Fussgängerwege haben im künftigen Palace-Areal ihren Platz. «Wir wollen die Bedeutung des Parks für die Stadt unterstreichen», sagt Architekt Gianola. Daher soll ein Verbindungstunnel von der Via Nassa her entstehen.

Juwel für den Tourismus

Die Gesamtkosten für das Projekt werden auf 200 Mio. Franken beziffert. Die Stadt, die 1994 die Hotelruine von der Crédit Suisse für 30 Mio. Franken erworben hatte, wird diese Kosten nicht alleine tragen. Auch Private beteiligen sich.

Für Giorgio Giudici wird das Palace ein «Juwel für den Tourismus» werden. Der Bau wird seiner Meinung nach die heimische Bauwirtschaft ankurbeln, da die Aufträge möglichst an Firmen der Region vergeben werden.

Wechselvolle Geschichte

Die Tage des berühmtesten Schandflecks am Seeufer von Lugano sind somit gezählt. Dabei erscheint der Name Gianola irgendwie mit dem Schicksal des ehemaligen Luxus-Hotels verbunden zu sein. 1980 hatte der Unternehmer Giorgio Gianola, damals Gemeindepräsident von Bissone, die Immobilie für 12,6 Mio. Franken ersteigert. Die Stadt Lugano hatte nur 10,5 Millionen geboten.

Doch die anschliessenden Baugesuche des Unternehmers wurden wiederholt abgelehnt – von Bellinzona, aber auch von Bern. Es bestand der Verdacht, dass Gianola ausländisches Kapital benutzen wollte, um das Palace in eine Luxusresidenz zu verwandeln. Auf Grundlage der Lex Friedrich wurde der Bauantrag abgelehnt. Nebenbei: Giorgio und Ivano Gianola sind nicht miteinander verwandt.

Langjähriges Spekulationsobjekt

Das Dossier Palace dümpelte Jahre vor sich her, bis zum spektakulären Konkurs von Giorgio Gianola, der in Folge einer nicht bezahlten Rechnung über 7000 Franken aufgeflogen war. Gläubigerforderungen in Höhe von 300 Mio. Franken wurden bekannt. Giorgio Gianola verschwand von der Bildfläche.

Die Hotelruine wurde danach endgültig zum Spekulationsobjekt von Immobilienhaien. An den Handwechseln war auch der obskure Anwalt Patrick Wavre aus Neuenburg beteiligt, der 1999 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis wegen Betrugs und Unterschlagung verurteilt worden war.

1993 brach zwei Mal Feuer in der Hotelruine aus, die Bausubstanz fiel immer mehr in sich zusammen. Im November 1993 kaufte die Crédit Suisse den Komplex im Konkursverfahren für 54 Mio. Franken auf. Im April 1994 erwarb schliesslich die Stadt Lugano das ehemalige Nobelhotel für 30 Millionen.

Gemma d’Urso, Lugano
Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob

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