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Ende der Turbulenzen?

Wird der neue VR-Präsident Mario Corti der Swissair wieder zum Höhenflug verhelfen? Keystone

Seit Januar kommt die SAirGroup und mit ihr die Swissair nicht mehr aus den Schlagzeilen: Auf Entlassung folgten Strategieänderungen, Rücktritte und wiederum Strategiewechsel. Der Montag (2.4.) bringt vielleicht Klarheit: Die SAir lädt zur Bilanzmedien-Konferenz.

Wegen Beteiligungen an maroden Fluggesellschaften, aber auch wegen schlechten Erträgen bei der eigenen Fluggesellschaft Swissair steht die SAirGroup mit wahrscheinlich 2,5 Mrd. Franken im Minus.

Probleme, Probleme, Probleme

Das zweieinhalb-Milliarden Loch zu stopfen gibt es verschiedene Szenarien: Der Verkauf flugverwandter Geschäfte, wie der Catering-Perle Gate Gourmet, dem Duty Free-Geschäft Nuance, der vier- bis fünfstern Hotel-Kette Swissôtel, um nur einige zu nennen. Für die Swissôtels sollen Offerten für 400 bis 500 Mio. Franken eingegangen sein. Aber: Familiensilber verkauft sich nur einmal.

Andererseits könnte der Ausstieg aus den Beteiligungen maroder Fluggesellschaften, wie der polnischen LOT, Geld sparen. Vor allem aber der Ausstieg aus den drei französischen SAir-Töchtern Air Littoral, Air Liberté und AOM. Jede Stunde verlieren diese rund 75’000 Schweizer Franken. Steigt die SAir aber in Frankreich aus, verliert sie da wertvolle Timeslots, Abflugfenster.

Blutegel ist die Sabena

Ein weiteres und auch wahrscheinliches Szenario ist der Ausstieg aus der Sabena: Dieser würde Liquidationskosten in Milliardenhöhe bedeuten. Ganz zu schweigen von den Folgen für die 11’000-köpfige Sabena-Belegschaft. Zudem sind Sabena und Swissair in der AMP, der Airline Management Partnership verquickt. Darin wurden alle Bereiche ausser den Operationen zusammengelegt. Beispielsweise der Verkauf, das Marketing oder Call Centers.

Doch die Swissair profitiert auch von der Sabena: Der Hub Brüssel ist Tor zu Europa und kennt im Gegensatz zu Kloten kaum Einschränkungen bezüglich Lärm und Abgasen. Im Klartext bedeutet dies: Expansionsmöglichkeiten. Auch kann die Swissair vom afrikanischen Streckennetz der belgischen Fluggesellschaft profitieren. Bestimmt ein Plus bei Verhandlungen um einen allfälligen Allianz-Beitritt.

Wie konnte es soweit kommen?

Der Mann, der nun alles richten soll heisst Mario Corti. Lange Geschichte kurz erzählt: Im Januar musste Konzernleiter Philippe Bruggisser den Hut nehmen. Mit einem System von Beteiligungen wollte er im europäischen Fluggeschäft hinter British Airways, Lufthansa und Air France die Nummer vier werden. Immer größer wurde Bruggissers Netz – er hat aber mehr Masse als Klasse gekauft. Zuletzt stand er vor einem Haufen roter Zahlen.

Der Verwaltungsratspräsident Eric Honegger wurde Konzernleiter ad interim, Crossair-Chef Moritz Suter Leiter der SAirLines. Letzterer ging 44 Tage nach Amtsantritt: ihm seien die Hände gebunden. Ersterer verlässt Ende April das sinkende Schiff. Überhaupt tritt der Verwaltungsrat zurück, zu sehr war und ist er im Kreuzfeuer der Kritik, die Lage nicht unter Kontrolle gehabt zu haben. Einzig Mario Corti bleibt und ist neu Konzernchef.

Mario Corti will nun die Strukturen der SAir radikal vereinfachen. Zu viele Ebenen verkomplizierten die Übersicht und die Kommunikation. Der Name SAir dürfte verschwinden und das altbekannte Swissair wieder Brandname werden.

Der Fahrplan

An der sehnlichst erwarteten Bilanzmedien-Konferenz will Mario Corti die Situation der SAir schonungslos offen legen und mögliche Sanierungsvarianten vorstellen. An der Generalversammlung (GV) vom 25. April will er die «Konturen der neuen Swissair» bekannt geben und an der ausserordentlichen GV im Herbst den Sanierungsplan präsentieren, zusammen mit den Namen der neuen Verwaltungsräte. Konkret bedeutet dies: Ende April sollte die neue Strategie der SAir klar sein.

Rebecca Vermot

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