
Feldschlösschen will Getränkegeschäft aufgeben
Der führende Schweizer Bierbrauer und Getränkeproduzent, die Feldschlösschen-Hürlimann-Gruppe, hat einen radikalen Kurswechsel angekündigt. Der Konzern gab am Mittwoch (29.03.) bekannt, dass er das Getränkegeschäft verkaufen will.
Der grösste Schweizer Bierbrauer, die Feldschlösschen-Hürlimann-Gruppe, zieht sich aus dem Getränkegeschäft zurück: Das Bier- und Mineralwassergeschäft soll noch dieses Jahr an einen internationalen Konzern verkauft werden. Die Firma wird damit im 125. Jahr ihrer Geschichte zur reinen Immobilienfirma.
Mangelnde Perspektiven
Verwaltungsratspräsident Robert A. Jeker, der in den vergangenen Jahren bereits eine Restrukturierung durchgezogen hatte, begründete den radikalen Kurswechsel am Mittwoch (29.03.) vor den Medien in Rheinfelden (AG) mit früheren Fehlern und mangelnden Perspektiven.
Er erwähnte unter anderem Strukturprobleme, die durch das jahrzehntelange Bierkartell verschleiert worden seien. Die Kosten des Bierbrauens in der Schweiz seien trotz Fusionen und unter grossen Opfern durchgeführten Restrukturierungen nicht wettbewerbsfähig.
Auch sozial- und standortpolitische Probleme hätten beim emotional beladenen Produkt Bier eine zeitgemässe Anpassung der Strukturen verhindert. Und die Branche habe nicht rechtzeitig auf den dramatischen Rückgang des Bierkonsums um 17 Prozent innerhalb von zehn Jahren reagiert.
Eingeklemmt zwischen den zu teuren Produktionskosten und dem Preisdruck der immer härter gewordenen Konkurrenz seien die Margen geschmolzen, sagte Jeker weiter. Das Biergeschäft von Feldschlösschen sei zwar isoliert betrachtet durchaus profitabel. Es werfe aber nicht genügend Gewinn ab, um die nötigen Restrukturierungen zu finanzieren und Marktanteile zurück zu gewinnen.
Radikaler Kurswechsel
Hatte der Verwaltungsrat von Feldschlösschen-Hürlimann vor Jahresfrist noch die Trennung vom Immobiliengeschäft angekündigt, schlägt er nun den umgekehrten Weg ein. Die Aktionäre sollen den Verwaltungsrat am kommenden 22. Mai ermächtigen, das Getränkegeschäft zu verkaufen.
Das Biergeschäft soll unter Führung der Investmentbank Credit Suisse First Boston bis zum Jahresende im Auktionsverfahren an einen grossen internationalen Brauer veräussert werden. Bei der Wahl des Käufer soll der aus finanzieller und industrieller Sicht attraktivste Partner zum Zuge kommen. Der Verwaltungsrat will nach den Worten von Jeker «im Rahmen des Möglichen» dafür sorgen, dass dieser Partner auch in Bezug auf die Werte und die Kultur der richtige Eigentümer sei.
Das Mineralwassergeschäft, das gemäss Jeker lediglich Deckungsbeiträge erwirtschaftet, soll möglicherweise separat verkauft werden.
Trotz des Eigeständnisses von früheren Versäumnissen bezeichnete Jeker den radikalen Wechsel als Abbild eines Prozesses, «der vielleicht ein bisschen anders hätte verlaufen können, aber schliesslich nicht mit einem vollständig anderen Resultat geendet hätte». Die Dachholding wird nach dem Deal zur reinen, börsenkotierten Immobiliengesellschaft werden.
2’500 Beschäftigte vor ungewisser Zukunft
Die noch rund 2’500 Beschäftigten des Getränkebereichs der Feldschlösschen-Hürlimann Holding stehen nach den heftigen Kontroversen um die Restrukturierungen, die seit der Fusion mit Hürlimann im Jahre 1996 durchgezogen worden waren, damit erneut vor einer ungewissen Zukunft.
Konzernchef Christof A. Zuber sagte, er sei sich dieser neuerlichen und zusätzlichen Belastungsprobe für das Personal bewusst. «Mit einer offenen und offensiven Kommunikationspolitik, wollen wir diesen Umständen, die wir nicht ganz aus der Welt schaffen können, so weit als möglich steuern», sagte er vor den Medien. Jeker, Zuber und Finanzchef Erwin Flückiger wollen in der Übergangsperiode ihre Funktionen beibehalten.
Unabhängig vom Verkauf kündigte Feldschlösschen die Stilllegung der Salmen-Brauerei in Rheinfelden bis ins Jahr 2004 an. Betroffen sind 40 Stellen, die ohne Entlassungen abgebaut werden sollen.
Die Gewerkschaft VHTL, die am Dienstag über die Verkaufspläne orientiert wurde, forderte in einer ersten Reaktion, dass bei der bevorstehenden Transaktion der Sicherheit der Arbeitsplätze oberste Priorität eingeräumt werde.
swissinfo und Agenturen

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