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Schweizer Privatbanken sind erneut in Hochform

Am Sitz der Bank Sarasin können sich die Kunden bequem niederlassen. Keystone

Der Schweizer Privatbanken-Sektor erfreut sich bester Gesundheit. Laut Experten ist diese Entwicklung auf strategische Veränderungen und die gegenwärtige Wirtschaftslage zurückzuführen.

Für Julius Bär, Vontobel und Sarasin sowie die neue EFG zahlt sich die aggressive Ausrichtung auf die weltweit aufstrebenden Märkte aus.

Der Sektor hat seit dem Platzen der Internetblase 2001 wieder zum Erfolg gefunden. Es besteht aber die Gefahr, dass die Banken übers Ziel hinausschiessen, da die Ausgaben steigen.

Die Halbjahreszahlen beweisen, dass der Sektor in bester Gesundheit ist. Bank Vontobel konnte seinen Gewinn gegenüber 2006 um 27% steigern, Julius Bär legte um 28%, während Bank Sarasin und EFG einen Zuwachs des Gewinns von über 50% melden.

Diese Ergebnisse zeichnen ein völlig anderes Bild als zur Zeit der Dotcom-Krise. Damals wurde der Privatbanken-Sektor zwischen Grossbanken und kleineren Spezialbanken zerrieben.

Gerüchte um Zusammenschluss oder Übernahme sind verblasst, seit die UBS, die grösste Bank der Schweiz, ihren Anteil an Julius Bär in Ruhe verkauft hat. Die in Basel ansässige Bank Sarasin hatte den Gerüchten Auftrieb gegeben, als sie im Januar einen massgeblichen Anteil an die holländische Rabobank verkauft hatte.

Die Strategien der jeweiligen Banken sind verschieden: Vontobel spezialisierte sich auf Investment Banking, Julius Bär kaufte von der UBS die SBC-Vermögens-Management-Abteilung, EFG engagierte hochrangige Kundenbetreuer, die auf wohlhabende Kunden spezialisiert sind. Sarasin verkaufte sein Makler-Business und fusionierte mit der Rabobank.

Internationale Expansion

Allen gemeinsam ist die Ausrichtung ihrer Geschäfte auf ausserhalb der Schweizer Grenzen, um von den wachsenden Vermögen auf der Welt zu profitieren.

“Die guten Wirtschaftsbedingungen helfen, aber das ist nicht die ganze Geschichte”, sagt Hans Geiger, Professor am Bankeninstitut der Universität Zürich gegenüber swissinfo.

“Es ist allgemein bekannt, dass eine Privatbank lukrativ ist. Der Schlüssel liegt aber darin, Kunden zu gewinnen. Diese Banken haben ihr Modell exportiert.”

“Vor fünf Jahren war Julius Bär eine Schweizer Bank mit einigen Filialen in den USA. Heute befindet sich rund ein Drittel aller Angestellten im Ausland. EFG hat mehr Personal ausserhalb der Schweiz als im Inland.”

Die Bank Vontobel benutzt ihre Niederlassung in Wien, um an osteuropäische Vermögen heranzukommen, während Sarasin im ersten Halbjahr 2007 6,1 Mrd. Franken an neuen Kundengeldern anhäufen konnte.

“Die neuen Rekordzahlen verstärken unsere Überzeugung, dass wir auf dem richtigen Weg sind mit unserer stärkeren internationalen Ausrichtung”, sagt Sarasin-CEO Joachim Staehle letzten Monat.

Die Einstellug von immer mehr Personal zur Verwaltung der wachsenden Vermögenswerte hat ihren Preis: Die Kosten von Julius Bär stiegen um 13% im ersten Halbjahr gegenüber der Vorjahresperiode, jene der Bank Sarasin um 19%.

Vorsicht angesagt

Oliver Müller, Analyst bei der Credit Suisse, sagte gegenüber swissinfo, die Banken müssten wachsam sein angesichts möglicher magerer Zeiten.

“Sie haben ihre Management-Strukturen geändern und versuchen, international zu expandieren, vor allem nach Asien, um ihre Franchise zu erhöhen”, so Müller.

“Sie verzeichnen ein bedeutendes Wachstum an Einnahmen, der Preis dafür ist aber hoch. Die Situation ist anders als 2001-2002. Das Resultat könnte aber in drei oder vier Jahren dasselbe sein, sollte das Wachstum abnehmen und die Einnahmen langsamer wachsen bei gleichbleibenden Kosten. Das ist das Risiko des Wachstums.”

swissinfo, Matthew Allen, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)

Konzerngewinne erstes Halbjahr 2007:
Bank Vontobel: 168,4 Mio. Fr. (+27% gegenüber erstes Halbjahr 2006)
Julius Bär: 518 Mio. Fr. (+28%)
EFG: 158 Mio. Fr. (+56,9%)
Bank Sarasin: 111 Mio. Fr. (+70%)

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