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Strom-Liberalisierung: Die Messer werden gewetzt

Liberalisierung des Strommarktes: Im Interesse der Konsumenten oder nicht? Die Diskussion läuft. Keystone

Befürworter und Gegner des Elektrizitätsmarkt-Gesetzes (EMG) rüsten sich für den Abstimmungskampf vom 22. September.

Was bringt die Strommarktöffnung? Um diese Frage drehten sich am Donnerstag zwei Veranstaltungen: Das Symposium des Verbandes Schweizerischer Elektrizitäts-Unternehmen (VSE) in Luzern und ein vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) organisiertes Mediengespräch mit dem US-Wissenschafter Richard Rosen.

VSE-Präsident Rudolf Steiner sagte in seiner Eröffnungsrede vor den rund 250 Symposiums-Teilnehmern, «Marktöffung und Liberalisierung sind eine Tatsache, sind im Gange, sind nicht mehr aufzuhalten und liegen letztlich im Interesse der Konsumenten.»

Unterstützung aus Deutschland

Rückendeckung erhielt Steiner vom Deutschen Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Werner Müller. In Deutschland sei die Liberalisierung bisher sehr erfolgreich verlaufen, sagte er gemäss einer Mitteilung des VSE.

Als grösster Strommarkt Europas profitiere Deutschland von einer hohen Anziehungskraft auf potenzielle Wettbewerber. Vor allem die Industrie und die Haushalte würden von den daraus folgenden Preissenkungen Nutzen ziehen.

Nutzen für Berggebiete

Auch der Direktor des Bundesamts für Energie (BFE), Walter Steinmann, plädierte für das EMG. Der Trend gehe klar in Richtung Zertifizierung der Elektrizität, daher werde Strom aus Wasserkraftwerken im liberalisierten europäischen Markt noch wertvoller. Dies kommt laut Steinmann auch den einheimischen Konsumenten sowie den Berggebieten zugute.

Der Bundesrat hatte die Abstimmung über das EMG mit der Begründung auf den 22. September verschoben, dass er zuerst Konsensgespräche über die zugehörige Verordnung abwarten wolle. Von Gegnerseite hiess es dagegen, der Bundesrat wolle den Urnengang wegen der liberalisierungs-kritischen Stimmung hinauszögern.

Sukkurs für die Gegner aus den USA

Zu den Kritikern zählt auch der US-Wissenschafter Richard Rosen, der auf Einladung des Gewerkschaftsbundes (SGB) in Bern einen Vortrag hielt. Er sieht für die Kleinkunden keinen Nutzen aus der Strommarkt-Liberalisierung.

Der Physiker und Mitbegründer des Tellus Institutes in Boston verfasste in den vergangenen 25 Jahren zahlreiche Studien über das Stromgeschäft, aus denen der SGB viele Argumente schöpft, wie SGB-Sekretär Rolf Zimmermann erläuterte.

Negativbeispiel Kalifornien

In Kalifornien hätten die Einwohner während der einjährigen Energiekrise pro Kopf rund 1500 Dollar mehr für die Stromrechnung zahlen müssen. Wettbewerb mache nicht einfach alles besser. So sei es im Stromgeschäft physikalisch unmöglich, die Leistungsfähigkeit wie bei Mobiltelefonen oder Computern alle 18 Monate zu verdoppeln.

Er sei überzeugt, dass die Schweiz kein Problem bekäme, wenn sie trotz der Liberalisierung in der EU den Heimmarkt reguliert beliesse, sagte Rosen. Wenn die Schweiz dennoch liberalisiere, solle sie zunächst das Verteilnetz dem Wettbewerb öffnen. Allein dieser Schritt könne Jahre in Anspruch nehmen.

Zudem müsse ein Preislimit unterhalb des aktuellen Niveaus festgelegt werden, sagte Rosen. Geklärt werden müsse auch, wie Stromproduzenten nicht-amortisierbare Kosten verrechnen könnten. Insgesamt sei das EMG überstürzt und ohne ausreichende Studien ausgearbeitet worden.

swissinfo und Agenturen

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