Vom Rinder-Ranzen zum Plastik-Thek

Jedes Jahr fiebern in der Schweiz rund 78'000 Knaben und Mädchen und ihre Eltern dem Schulanfang entgegen.
Sichtbares Zeichen dafür ist der gute alte Schulthek, oder -ranzen. Doch die grösste Konkurrenz liegt im Rucksack.
Vor 40 Jahren bestanden die Schul-Theks oder Schul-Ranzen noch vollständig aus Fell oder Leder. Die alte deutsche Bezeichnung «Ranzen» leitet sich auch tatsächlich vom Kuhbauch ab: Ursprünglich wurde für die Fertigung eines Schul-Theks ein langes Stück Leder vom Rinderbauch verwendet.
Doch der Markt für Schulsäcke tendiert in den letzten Jahren leicht rückläufig. Einerseits gibt es immer weniger Kinder. Andererseits machen Preiszerfall und Konkurrenz durch Rucksäcke zu schaffen.
Heute: Ergonomie statt Rindsleder
Wenn heute die Schülerinnen und Schüler Schultheks tragen, so sind es zumeist ergonomisch angepasste Theks aus leichtem Nylon oder anderem Kunststoff. Auch sind sie grösser geworden.
Ausserdem existiert eine riesige Angebotspalette an farbigen Motiven. Gefragt sind vor allem Tiere und Sportarten. Reflektoren und Leuchtstreifen sorgen für gute Sichtbarkeit.
Thek-Verkauf schon an Ostern
Der Verkauf der Schultheks läuft jeweils bereits vor Ostern an und zieht sich in die Sommermonate hinein. Früher galt der Schulanfang als kurzes und intensives Geschäft, das einige wenige Wochen vor Schulbeginn stattfand, also je nach Kanton im Frühling oder Herbst.
Doch heute, wo der Beginn des Schuljahres landesweit gleich geregelt ist, hat sich die Verkaufssaison verlängert – bis in die Sommerferien.
Besonders kurz vor den Sommerferien werden zahlreiche Theks verkauft. Denn in vielen Berner und Zürcher Kindergärten ist es nämlich üblich, dass Kinder, die in die Schule übertreten, noch vor den grossen Ferien an jeweils einem Tag ihren neuen Thek mitnehmen dürfen.
Zwei Unternehmen dominieren den Markt
Dominante Schulthek-Produzenten auf dem Schweizer Markt sind die Funke AG und die Oskar Debrunner AG. Ihre Marktanteile betragen schätzungsweise jeweils zwischen 20 und 25% pro Firma.
Rund 15’000 Schulsäcke verkauft die Funke AG pro Jahr in der Schweiz, wie Inhaber Daniel Gugelmann sagt. Das 1910 gegründete Unternehmen verfügt inzwischen in der Schweiz über lediglich vier Vollzeitstellen.
Produziert werden die Schulranzen in der eigenen Fabrik in Tschechien von rund 50 Beschäftigten. Im Fachhandel (Papeterien) und in Warenhäusern werden die Schulsäcke und Etuis dann verkauft.
Für beide Unternehmen sind die Theks nur ein Produkt aus einer ganzen Angebotspalette von Schul-, Lederwaren, Schreibmappen, Etuis und ähnlichem.
Debrunner produziert nur in der Schweiz
Die einzige Schweizer Schulranzen-Fabrik, die nur in der Schweiz produziert, ist die Oskar Debrunner AG. Das seit 1933 bestehende Unternehmen verzichtet aus sozialen Gründen darauf, die Produktion ins billigere Ausland auszulagern.
Aufgrund des «zum Teil vernichtenden Konkurrenz-Kampfes» gebe die Oskar Debrunner AG weder den Umsatz noch die Zahl verkaufter Produkte bekannt, heisst es. Laut Schätzungen verkauft Oskar Debrunner unter dem Namen «Big Box» rund 10’000 Schulsäcke pro Jahr.
Grosshandel spielt keine grosse Rolle
Migros und Coop backen für einmal kleinere Brötchen. Erstaunlicherweise verfügt die Migros beim Schul-Thek über keine Eigenmarke.
Der Grossverteiler bezieht die Schulranzen sowohl aus der Schweiz (aber weder von Debrunner noch von Funke) als auch aus Deutschland und China. Pro Jahr werden Schultaschen im Wert von rund 450’000 Franken abgesetzt, wie Mediensprecher Urs-Peter Naef sagt. Die Stückzahl wird nicht bekannt gegeben.
Die Migros-Preise schwanken zwischen 30 und 150 Franken. Bei einem Durchschnittspreis von rund 100 Franken würde der Marktanteil von Migros daher zwischen 6 und 8% liegen.
In einem vergleichbaren Umfang präsentiert sich das Geschäft mit Schulranzen bei Coop. Nahezu 7000 Schultaschen würden pro Jahr verkauft, sagt Coop-Sprecher Jörg Birnstiel. Der Umsatz liegt bei etwas über 400’000 Franken. Coop verkauft Eigenmarken aus Fernost und Markenartikel von Schweizer Lieferanten.
swissinfo und Agenturen
Der Schulthek gilt als Statussymbol jener Kinder im Kindergarten, die vor der Einschulung stehen.
Früher fand diese je nach Kanton im Frühling oder im Herbst statt.
Die Verkaufssaison beschränkte sich dabei auf wenige Wochen vor Schulbeginn.
Heute beginnt der Verkauf schon an Ostern und dauert bis in den Sommer, denn die Schule beginnt landesweit im Herbst.
Konkurriert wird der Schulthek von den Rucksäcken. Der Thek besteht kaum mehr aus Leder, sondern zumeist aus Kunststoff und ist ergonomisch konstruiert.
Den inländischen Markt für Schultheks teilen sich bei der Produktion zwei Unternehmen auf: Die Oskar Debrunner AG und die Funke AG.
Zusammen halten sie ungefähr die Hälfte des Marktvolumens.
Bei der Distribution spielen die Grossverteiler keine dominante Rolle.
Die Migros verfügt über keine Eigenmarke.

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