Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy kommt unter Auflagen frei
Nach knapp drei Wochen Haft darf Frankreichs früherer Präsident Nicolas Sarkozy das Gefängnis unter Auflagen wieder verlassen.
(Keystone-SDA) Das Pariser Berufungsgericht entschied, dass der 70-Jährige das Berufungsverfahren gegen seine Verurteilung zu fünf Jahren Haft in der Libyen-Affäre unter Justizaufsicht in Freiheit abwarten kann. Der Berufungsprozess wird im Frühjahr erwartet.
In einem einmaligen Vorgang war Sarkozy im Oktober per Haftbefehl ins Gefängnis gekommen. In der Affäre um mutmassliche Wahlkampfgelder aus Libyen hatte ein Pariser Strafgericht ihn wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu fünf Jahren Haft verurteilt. Dabei ordnete das Gericht an, die Strafe vorläufig zu vollstrecken, obwohl der Konservative in Berufung ging. Noch nie erhielt ein früheres Staatsoberhaupt in der jüngeren französischen Geschichte eine so harte Strafe.
Justizaufsicht statt Zelle
Etwa drei Wochen musste Sarkozy daraufhin in dem Pariser Gefängnis La Santé verbringen. Untergebracht war er in einem isolierten und besonders geschützten Bereich, jedoch in einer normalen, schlichten Zelle. Mit Haftantritt konnten die Anwälte des Konservativen beantragt, dass der 70-Jährige vorerst wieder aus dem Gefängnis kommt, und taten das postwendend. Dem wurde nun stattgegeben.
Weil Sarkozy das Urteil anficht, gilt er nicht als verurteilter Straftäter, sondern lediglich als Verdächtiger. Doch da seine Inhaftierung mit vorläufiger Vollstreckung vom Gericht bestimmt wurde, musste er dennoch in Haft.
Zu den Auflagen, die das Berufungsgericht mit Sarkozys Freilassung aus dem Gefängnis verband, gehört, dass der Ex-Präsident Frankreich nicht verlassen darf. Ausserdem wurde ein Kontaktverbot mit Prozessbeteiligten sowie mit Justizminister Gérald Darmanin verhängt. Dieser hatte Sarkozy, der sein politischer Mentor war, in der Haft besucht und damit die Kritik auf sich gezogen. Darmanin hatte den Besuch vorab damit begründet, dass er sich vergewissern wolle, ob die Sicherheitsbedingungen angemessen sind.
Wollte «Sarko» Gelder aus Libyen beschaffen?
In der Libyen-Affäre geht es um den Vorwurf, dass für Sarkozys Präsidentenwahlkampf 2007 illegal Geld von der Führung Libyens unter dem damaligen Machthaber Muammar Gaddafi geflossen sein soll.
Sarkozy hatte in dem Verfahren stets seine Unschuld beteuert. Seine Verurteilung sah er als «unerträglichen Ungerechtigkeit» und einen Skandal. «Ich werde bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, um meine vollständige Unschuld zu beweisen.» Eine Entscheidung in zweiter Instanz dürfte allerdings erst frühestens im kommenden Jahr fallen. Ob Sarkozy dort mit einem Freispruch oder einer milderen Strafe rechnen kann, ist ungewiss.
Vom höchsten Staatsamt ins Gefängnis
Der Gefängnisaufenthalt ist für Sarkozy ein tiefer Fall und seine bislang herbste Niederlage im Kampf, den er sich seit Jahren mit der Justiz liefert. Bereits in zwei anderen Fällen war der einstige Hoffnungsträger der bürgerlichen Rechten Frankreichs verurteilt worden, einmal davon rechtskräftig.
Gut drei Monate musste er wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme eine Fussfessel tragen. Sein Haus durfte er nur zu bestimmten Zeiten verlassen. Die ursprünglich auf ein Jahr angelegt Strafe wurde wegen des hohen Alters des Spitzenpolitikers verkürzt.
Bereits Sarkozys Amtszeit im Élysée-Palast von 2007 bis 2012 war von Affären um reiche Freunde, Vetternwirtschaft und masslose Regierungsmitglieder geprägt. Die Wahl 2012 verlor er als Amtsinhaber gegen den Sozialisten François Hollande. Fünf Jahre später scheiterte er bereits im parteiinternen Auswahlverfahren. Trotz seines Kampfs mit der Justiz und ohne Ämter galt er bei Anhängern der bürgerlichen Rechten bis zuletzt als einflussreiche Stimme.