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Mitgliederschwund bei den Landeskirchen

Die Kirchenbänke leeren sich. Ex-press

Immer weniger Menschen in der Schweiz gehören einer Landeskirche an. Gründe sind der demografische Wandel sowie Kirchenaustritte.

Allerdings ist der Mitgliederrückgang nicht dramatisch. Der Priestermangel dagegen verschärft sich weiter.

Das ist das Fazit des Berichts “Katholische Kirche in der Schweiz: Zahlen – Fakten – Entwicklungen; 1996-2005”. Er wurde vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut (SPI) mit Sitz in St. Gallen verfasst und am Mittwoch publiziert. Der Bericht analysiert die Situation der beiden grossen Landeskirchen.

Die evangelisch-reformierte Landeskirche spürt laut Bericht den Rückgang an Mitgliedern stärker als die römisch-katholische. Bei letzterer wird der Rückgang durch die Zuwanderung von Menschen aus katholischen Ländern gebremst.

Mehr Austritte in den Städten

Tendenziell treten in den Städten mehr Menschen aus den Kirchen aus als auf dem Land. Überdurchschnittlich hoch sind die Austritte im Kanton Basel-Stadt: Dort sank die Mitgliederzahl von 1970 bis 2000 um über die Hälfte – bei den Katholiken und den Reformierten.

Der Kanton Basel-Stadt weist schweizweit die höchste Kirchensteuer auf. Die Kirchensteuer, die in der Schweiz meist auf der Grundlage der Kantonssteuer bemessen wird, beträgt in Basel-Stadt 8%.

Bemerkenswert ist auch, dass mit Ausnahme von Bern in sämtlichen grossen Reformationsstädten wie etwa Zürich und Genf heute mehr Katholikinnen und Katholiken leben als Reformierte. Der Anteil der Konfessionslosen beträgt in der Schweiz heute 11% – Tendenz steigend, auch hier besonders in Städten und Agglomerationen.

Ersatz für geweihte Priester

Die personelle Situation der katholischen Kirche in der Schweiz hat sich in den vergangenen Jahren markant verändert: Die Zahl der Diözesanpriester ist in den vergangenen 15 Jahren um nahezu ein Viertel auf 1587 (2005) zurückgegangen. Besonders stark fiel der Rückgang in den Bistümern St. Gallen, Sitten und Basel aus.

Von einem Personalmangel kann aber laut dem SPI-Bericht nicht die Rede sein. Anstelle der geweihten Priester wird der Dienst an der Kirche heute vielerorts von Diakonen und Pastoralassistentinnen und -assistenten bestellt. Dieser Trend wird sich noch fortsetzen.

Weniger Anwärter auf Priesteramt

Denn nicht nur die Zahl der Priester ist zurückgegangen, sondern auch die Zahl der Priesteramtskandidaten. Waren 1991 noch 158 Männer auf dem Weg zur Priesterweihe, waren es 2005 gerade noch 64. Die Zahlen aus dem Bistum Lugano sind dabei nicht berücksichtigt.

In naher Zukunft wird es schwieriger, die dem Priester vorbehaltenenen Sakramente (Eucharistie, Krankensalbung und Beichte) zu gewährleisten. Die Diözesen sind dazu gezwungen, Konzepte für grössere Seelsorgeräume aus mehreren Pfarreien umzusetzen. Eine Entwicklung, die laut SPI auch in den deutschsprachigen Nachbarländern stattfindet.

swissinfo und Agenturen

Religionszugehörigkeit in der Schweiz:
Römisch-Katholiken: 42%
Christ-Katholiken: 0,2%
Evangelisch-Reformierte (mit Freikirchen): 35%
Christlich-Orthodoxe (serbische, russische, mazedonische, griechische): 1,8%
Anglikanische Kirchen: 0,1%
Muslime: 4,3%
Juden: 0,2%
Buddhisten: 0,3%
Hindus: 0,4%
Andere religiöse Gemeinschaften: 0,1%
Ohne Religionszugehörigkeit: 11%
(Basis: Eidgenössische Volkszählung 2000)

Heute sind in den meisten Kantonen der Schweiz die reformierte, katholische und christ-katholische Kirche (auch altkatholische Kirche genannt) staatlich anerkannt.

1970 waren noch 95% der Bevölkerung Mitglieder einer der drei staatlich anerkannten Kirchen. Gemäss der letzten Volkszählung aus dem Jahr 2000 waren es noch 75%.

Im Kanton Basel-Stadt gehören über 50% der Einwohner keiner anerkannten Kirche mehr an.

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