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In Freundschaft verbunden mit Picasso und Chagall

Angela Rosengart begann als Teenager, Bilder zu sammeln. rosengart.ch

Sie ist Kunsthändlerin, besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen des 20. Jahrhunderts in der Schweiz und feiert nun den zweiten Geburtstag ihres Museum in Luzern: Angela Rosengart.

Ein halbes Jahrhundert lang hat sie Werke erworben von berühmten Künstlern wie Renoir oder Kandinsky, und sie gewann die Freundschaft von Picasso und Chagall.

Die Rosengart Collection, untergebracht im ehemaligen Gebäude der Nationalbank, ist ihr zweites Geschenk an die Luzerner Kunstwelt.

Angela Rosengart und ihr Vater Siegfried übergaben bereits ihre grosse Sammlung mit Picasso-Zeichnungen und Skizzen 1978 an Luzern, zum 800.Geburtstag der Stadt.

In der Galerie ihres Vaters in Luzern war es denn auch, wo Angela Rosengart mit 16 Jahren ihre Karriere als Kunsthändlerin begann.

“Wir standen uns immer sehr nahe und liebten dieselben Bilder”, sagt Rosengart gegenüber swissinfo.

In ihrer 38-jährigen Partnerschaft wurden Vater und Tochter nicht nur zu international bekannten Händlern, sondern erwarben sich auch eine Sammlung mit über 220 Gemälden, die meisten von französischen Künstlern des 20. Jahrhunderts.

“Wir hatten nie geplant, eine eigene Kollektion zu schaffen – denn es war äusserst schwierig, genug Geld zusammenzubringen, um diese Bilder zu kaufen. Wir legten nur manchmal Bilder zur Seite, die wir so sehr mochten, dass wir gar nicht daran denken konnten, sie wieder zu verkaufen.”

Der erste Klee

Rosengarts Gesicht hellt sich auf, wenn sie von ihrer ersten Erwerbung erzählt: ein Bild von Paul Klee, im Jahre 1948.

“Ich erinnere mich, dass ich zu dem Mann gegangen bin, der Klees Nachlass verwaltete, und ihm erzählte, wie sehr ich dieses Bild liebe”, erzählt die heute 71-Jährige.

“Er fragte mich, ob ich bereit sei, einen Monat lang bei ihm zu arbeiten, um das Bild zu bezahlen, und ich sagte: ‘selbstverständlich’. Da verkaufte er es mir für 50 Franken, was damals mein Monatsgehalt war.”

Die Rosengarts sammelten im Laufe der Zeit weitere 125 Zeichnungen und Bilder von Klee, der damals – in den 40er- und 50er-Jahren – erst sehr wenige Bewunderer hatte.

“Ich war so enttäuscht, wenn Leute zu mir kamen und meinten, ihre Kinder könnten wohl ebenso zeichnen wie Paul Klee. Ich wusste, dass das Unsinn war, aber ich konnte die Grösse seiner Malerei nicht in Worte fassen.”

Reisen mit Chagall



Die Rosengarts lernten viele Künstler kennen, und zu manchen entstand eine tiefe Freundschaft, besonders zum russisch-französischen Surrealisten Marc Chagall und zu Pablo Picasso.

“Ich war sehr glücklich, als junge Kunsthändlerin mit diesen grossen Künstlern zusammenzusein. Sie waren freundlich und warmherzig, und ich fühlte mich nie eingeschüchtert. Wir unternahmen häufig Reisen mit Chagall und schauten ihm beim Malen zu. Und die meisten dieser Bilder” – und Angela Rosengart zeigt auf die unzähligen Skizzen und Bilder – “die meisten sind Geschenke von ihm”.

Ein Grossteil der Sammlung – rund 50 Werke – stammen von Picasso, der während ihrer Besuche in seinem Atelier in Cannes immer wieder Porträts machte von Angela.

Picassos Ausstrahlung



“Zu wissen, dass dieser grosse Künstler ein Porträt von mir macht, war wunderbar und einschüchternd zugleich”, sagt Rosengart rückblickend.

“Picassos Augen waren die aussergewöhnlichste Sache, die ich je gesehen habe. Da war ein Blick, der tief in dich hineintauchte, und du fühltest dich völlig nackt.”

Rosengarts sammelten Picasso-Bilder bis in die späten 60er-Jahre, als er die Gunst der Kunstkritiker bereits verloren hatte. “Viele sagten, dass er vorbei sei oder dass er ein bisschen verrückt geworden sei, aber wir wussten instinktiv, dass seine Arbeiten noch immer brilliant waren.”

1990 begann Angela Rosengart für ihre Sammlung ein geeignetes Haus zu suchen.

“Ich bin nicht am Besitz von Bildern interessiert, sondern an der Freude, die sie einem geben. Ich wollte, dass man sie sehen kann, und deshalb war es die Erfüllung meines Traums, als ich schliesslich dieses Gebäude in Luzern fand.”

Im Hinblick auf ihre lange, erfolgreiche Karriere als Kunstsammlerin meint sie: “Vielleicht betrachte ich Bilder heute ein bisschen tiefer, gründlicher als früher, aber es ist noch immer das Herz, dass am stärksten reagiert.”

swissinfo, Vanessa Mock, Luzern
(Übertragung aus dem Englischen: Katrin Holenstein)

Die Rosengart Collection umfasst über 220 Gemälde, Skizzen und Skulpturen von 25 Künstlern, darunter Klee, Picasso und Chagall.

Vertreten sind auch Bonnard, Cézanne, Kandinsky, Matisse, Miro, Modigliani, Monet, Pissaro, Renoir, Signac und Vuillard.

Die Rosengart Collection wurde im März 2002 eröffnet.

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