
Kinderkrankheiten, Zusatzkredite und Rüffel
Die digitale Polizei- und Justizplattform Nevo/Rialto hat eine schwierige Geschichte: 2017 als gemeinsames Projekt von Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft lanciert, kämpfte die Software mit schwerwiegenden Kinderkrankheiten und konnte nur mit mehreren Zusatzkrediten praxistauglich gemacht werden.
(Keystone-SDA) Von einem schweizweit einzigartigen Pionierprojekt, das auch andere Polizeien und Staatsanwaltschaften interessieren sollte, blieb am Ende vor allem eines: Ernüchterung.
Die Informatiklösung sei wenig zuverlässig, viel zu langsam und fehleranfällig hiess es schon kurz nach der Einführung bei der Polizei. So könne man nicht arbeiten, so die Kritik.
Der Kanton musste nachbessern, der Grosse Rat sprach zähneknirschend Nachkredite. Statt rund 13 Millionen Franken kostete das System bis heute über 23 Millionen. Bei der Polizei laufe die Plattform unterdessen seit drei Jahren «zufriedenstellend», hiess es am Donnerstag in einer Mitteilung des Kantons. Begeisterung klingt anders.
Die Brücke zur Staatsanwaltschaft ist bisher nur zu kleine Teilen umgesetzt.
Die bernische Finanzkontrolle wies auf verschiedene Risiken hin, etwa dass der Kanton Bern mit dem System Neuland betrete. Für ihn als bis dato einzigen Nutzer könnte der Betrieb teuer werden.
Auch die Geschäftsprüfungskommission des bernischen Grossen Rates beschäftigte sich mit dem Projekt. Der Kanton solle künftig auf Eigenentwicklungen im Informatikbereich verzichten, riet sie. Das Projekt sei massiv unterschätzt worden, so die Kommission 2023 in einem Bericht.
2024 doppelte die Kommission nach. Sie wollte den Regierungsrat nicht so einfach aus der Verantwortung entlassen, wie dieser gerne gehabt hätte. Er müsse verantwortlich zeichnen, bis der Datenaustausch zwischen Justiz und Polizei laufe, so die Kommission. Auch das Parlament, forderte mehr Verantwortung von der Regierung.