Agota Kristof erhält Gottfried-Keller-Preis

Agota Kristof hat in Zürich den angesehenen Gottfried-Keller-Preis erhalten. Sie ist eine der ungewöhnlichsten Schriftstellerinnen der Schweiz.
Agota Kristof lebt seit 45 Jahren in der Schweiz und nimmt am literarischen Leben dieses Landes teil. Viele schlagen sie der Westschweizer Literatur zu, auch wenn sie aus Ungarn stammt und erst mit 21 Jahren als Flüchtling in die Schweiz kam.
Bekannt wurde die 1935 geborene Autorin durch ihre Roman-Trilogie «Das grosse Heft», «Der Beweis» und «Die dritte Lüge». Alle ihre Werke haben die Suche nach Identität zum Thema und sind in mehr als dreissig Sprachen übersetzt.
Keine Koketterie, kein Aufsehen
Von Agota Kristof ist privat eigentlich wenig bekannt, abgesehen davon, dass sie nahe der österreichischen Grenze aufwuchs; in der Schweiz musste sie dann später eine neue Sprache und Existenz suchen. Den Literaturbetrieb meidet sie, weil ihr alles mediale Aufsehen zuwider ist. Einzig Schreiben bedeutet ihr alles.
1986 trat Agota Kristof auf die literarische Bühne mit einem schmalen, unscheinbaren Buch: «Le Grand Cahier» («Das Grosse Heft»). Es erregte durch die schonungslose Darstellung des schrecklichen Alltags zweier Knaben im Zweiten Weltkrieg sogleich internationales Aufsehen. Der eigene Ton und die neue, aufs Wesentliche reduzierte Sprache, die den Horror emotionslos beschreibt, wurden sofort wahrgenommen.
Ein Buch, auch wenn es noch so traurig sei, könne nie so traurig sein wie das Leben, findet Agota Kristof. In ihrem vierten und bisher letzten Roman «Hier» («Gestern») bleibt die Autorin ihrem Lebensthema treu: Dem Schreiben als einzige Rettung für ein gescheitertes Leben. Sie entwickelt hier eine poetischere Sprache als Leserinnen und Leser von ihrem früheren Werk her gewohnt sind.
Neben dem Grossen Schiller-Preis gilt der mit 25’000 Franken dotierte Gottfried-Keller-Preis als angesehenste Literatur-Auszeichnung der Schweiz. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderen Hermann Hesse, Elias Canetti, Charles Ferdinand Ramuz und Peter Bichsel.
swissinfo und Agenturen

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