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Und der Schweizer Humor existiert doch

Die Schweizer sind nicht eben bekannt für ihren Humor. Die Ausstellung "Witzerland" im Landesmuseum Zürich zeigt, dass auch hierzulande gelacht wird. Eine multimediale Zusammenstellung humoristischer Blicke auf die Schweiz.

Am Anfang der Ausstellung sei die Frage gestanden, ob so etwas wie ein «schweizerischer» Humor oder Witz existiere, schreibt Kurator Walter Keller in der Begleitpublikation zu «Witzerland». Die Frage könne nicht abschliessend beantwortet werden, aber man könne sich ihr annähern.

Die Frage ist auch für «Witzerland»-Projektassistentin Marlène Sandrin schwierig: «D e n Schweizer Witz gibt es wohl nicht», sagt sie gegenüber swissinfo.

«Aber es gibt Themen, die immer wieder in Witzen vorkommen, wobei die einen mit der Schweizer Identität zu tun haben und die anderen einfach mit dem Menschsein.»

Andere Sprache, anderer Humor?

Auch die Frage, ob die Deutschschweizer über dasselbe wie die Romands oder die Tessiner lachen, ist für Sandrin nicht einfach zu beantworten.

«Die Ausstellung ist eher auf die Deutschschweiz ausgerichtet. Man kann nicht sagen, die Tessiner lachen über das, die Deutschschweizer über jenes. Aber man kann sagen, dass es sicher Unterschiede gibt.»

Die Satirezeitschrift Nebelspalter sei ein deutschschweizerisches Phänomen, «wobei in der Westschweiz die Satire auch sehr ausgeprägt ist».

Typisch für die Romandie sei der Zeichner Zep (Philippe Chappuis), der sich eher an frankophone Comics anlehne. «Oder Marie-Thérèse Porchet, die über den Röstigraben schaut und sich über die Deutschschweizer lustig macht – das würden die Deutschschweizer umgekehrt nicht machen», so Sandrin.

Humor-Föderalismus in der Deutschschweiz?

Thematisiert werden in «Witzerland» auch die Seitenhiebe zwischen den Regionen in der Deutschschweiz. Marlène Sandrin zum Thema ‹Kantönligeist›: «Unterschiede zwischen Kantonen, Stadt und Land, Zentrum und Peripherie sind immer auch Witz-Themen. Wo es Reibungsflächen gibt, entstehen Witze, und die können Blitzableiter-Funktion haben.»

Die Ausstellung zeigt dazu ein frühes Zeugnis (1712) dieser Form von Humor, ein Pamphlet über die 13 damaligen Orte der Eidgenossenschaft. Über Zürich steht da zu lesen: «Zürich ist so gläubig, dass es ganz konfus ist vor lauter Strenggläubigkeit.»

In Zürich verstehe man den ‹Kantönligeist› heute nicht unbedingt, weil man sich dort als viel weltoffener zeige. Nicht so in Bern, sagt Sandrin. Ein Berner könne noch heute sagen: «Doch doch, wir lachen immer noch über die Aargauer.»

Nicht humorloser, aber weniger böse

Die Aussage, Schweizer seien weniger humorvoll als ihre europäischen Nachbarn, betrachtet Marlène Sandrin als Klischee. «Der Schweizer hat vielleicht eine andere, weniger böse Art von Humor. Wobei man unter den Karikaturen durchaus auch deftige Formen findet. Aber die bösartige Politsatire ist in der Schweiz sicher seltener. Vielleicht wegen des politischen Systems, wir haben flachere Hierarchien, unsere Politiker sind irgendwie fassbar.»

Ein schönes Beispiel dafür ist für Sandrin die Szene aus dem Film «Demokrat Läppli» von Alfred Rasser, wo Läppli ins Bundeshaus geht, weil er den Bundesrat sprechen will. «Diese Szene könnte man in Deutschland gar nicht filmen, das würde niemand verstehen, man kann nicht mit den Regierungsvertretern direkt reden. Die Idee, dass man dies könnte, ist typisch schweizerisch.»

Bissiger Dürrenmatt – konstanter Nebelspalter

Wie bissig Karikatur sein kann, zeigen Friedrich Dürrenmatts Zeichnungen im Werk des Schriftstellers «Die Heimat im Plakat» von 1963.

Im Bereich der politischen Karikatur weist der Nebelspalter als Klassiker unter den Satirezeitschriften eine erstaunliche Konstanz auf. Seit seiner Gründung 1875 hat er viele Generationen in ihrem Humor- und auch in ihrem Politikverständnis geprägt.

Der Nebelspalter und das Landesmuseum haben namhafte Karikaturisten eingeladen, ihre Sicht einer widersprüchlichen Schweiz darzustellen. Zu sehen sind zum Teil deftige und bitterböse Zeichnungen – «Zeichnungen, die man nicht in jeder Zeitung sehen könnte», bemerkt Sandrin.

Von Kinderwitzen bis zu politisch unkorrektem Humor

«Witzerland» zeigt auch Kinderwitze und -verse. Und wie weit bestimmte Cartoon- und Witzmotive wie «Kuhschweizer» oder «Bankier» ihre Wurzeln in der Geschichte haben, belegen Beispiele ab dem 17. bis ins 19. Jahrhundert.

Und dann gibt es noch manch politisch unkorrekte Witze in der Ausstellung, die sich Männer und Frauen ab 18 Jahren getrennt hinter stilisierten WC-Türen zu Gemüte führen können. Wie etwa der: «Ein Mann fragt seine Frau, nachdem sie Sex hatten: Möchtest du nicht auch einmal ein Mann sein? – Nein, und du?»

swissinfo, Jean-Michel Berthoud, Zürich

«Witzerland» – Sonderausstellung über Witz in der Schweiz

Schweizerisches Landesmuseum Zürich

2. April – 15. November 2009

Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 10.00 – 17.00 Uhr
Donnerstag 10.00 – 19.00 Uhr
Feiertage geöffnet

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