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Ende Canyoning-Prozess

Das Urteil wird am Dienstag, 11.12. erwartet. Keystone

Mit den Plädoyers von Anklage und Verteidigung tritt der Canyoning-Prozess in Interlaken am Montag in seine Schlussphase.

Richter Thomas Zbinden steht vor einem heiklen Entscheid. Nach den Plädoyers wird er bestimmen müssen, ob die acht Angeklagten des inzwischen aufgelösten Adventure World-Unternehmens wegen fahrlässiger Tötung schuldig zu sprechen sind.

Anklage wurde erhoben, nachdem 21 Teilnehmende einer Canyoning-Expedition durch strömende Flutwellen im Saxetbach ausserhalb Interlaken vor zweieinhalb Jahren in den Tod gerissen wurden.

Es gab damals keine eigentlichen Gesetze oder Verhaltensregeln für Anbieter von Canyoning-Trips. Während der ersten fünf Prozesstage liessen die Adventure World-Verantwortlichen und beteiligte Guides mit ihren Aussagen keine Zweifel über die Professionalität des Unternehmens aufkommen.

Experten sagten aus, dass Adventure World punkto Sicherheits-Praktiken und Ausbildung von Guides mit irgendeinem Operator im Canyoning-Business konkurrieren könne.

Mangelnde Kenntnis oder Arroganz

Richter Zbinden wird entscheiden müssen, ob die Verantwortlichen und ihre mitangeklagten Guides nicht in der Lage waren, die Witterungsverhältnisse korrekt einzuschätzen oder ob sie zu überheblich waren, den Trip rückgängig zu machen, obwohl dies durch hereinbrechende Gewitter angezeigt gewesen wäre.

Die Angeklagten beharren auf der ersteren Version. Sie behaupten, es sei möglich, einen Canyon bei Gewitter zu durchqueren, vorausgesetzt der Zustand des Baches erlaube dies. Wasserfarbe und Wasserpegel seien da von höchster Wichtigkeit; eine diesbezügliche Kontrolle habe nicht darauf gedeutet, dass sie mit plötzlichen, reissenden Flutwellen rechnen mussten.

Die Statements wurden durch zwei Experten-Aussagen untermauert: Niemand hätte auf Grund des damaligen Kenntnis-Standes ein solches Naturphänomen erwarten können.

«Da kam die Welle so gross wie der Canyon»

In krassem Gegensatz zu den Aussagen der Angeklagten, äusserte sich letzte Woche während der Beweisaufnahme die überlebende Australierin Rachel O’Brian. Als die Gruppe beim Canyon angekommen sei, habe es bereits in Strömen geregnet und geblitzt. Rund eine Stunde später sei das Wasser stark angestiegen und habe eine dunkelbraune Farbe angenommen.

Beim vierten Sprung habe die Hinterste geschrien und alle hätten sich umgedreht. «Da kam die Welle so gross wie der Canyon. Uns blieben etwa zwei Sekunden Zeit zum Reagieren», sagte die Zeugin.

Vor den Medien erklärte O’Brian später, sie und alle anderen am Canyon-Trip beteiligten Mitglieder hätten am Anfang völliges, bedingungsloses Vertrauen in Adventure World und seine Guides gehabt.

Dale Bechtel in Interlaken

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