UNO mahnt zur Härte gegen Kriegsverbrecher
Die Vereinten Nationen fordern die Schweiz auf, einen kontroversen Gesetzesartikel zu revidieren, der die Verfolgung von Kriegsverbrechern behindere.
Das in Genf beheimatete UNO-Komitee für Kinderrechte sagte am Freitag, die Schweiz müsse sich auch im Umgang mit traumatisierten Kindern verbessern.
Die Schweiz ist wegen einer Änderung des Militärstrafgesetzes ins Schussfeld der UNO gekommen. Darin wird festgehalten, dass Kriegsverbrecher einen «engen Bezug» zur Schweiz haben müssen, um vor Gericht zu kommen.
Der Abschnitt betrifft Verdächtigte, die Grundbesitz oder Familienmitglieder in der Schweiz haben, aber nicht jene, die nur auf der Durchreise sind.
Anfang Januar hat die UNO die Schweizer Regierung um eine Erklärung gebeten – doch das 18-köpfige Komitee ist mit der Antwort ganz klar nicht zufrieden.
Experten begrüssen Mahnung
Am Freitag mahnten sie nun die Schweiz, «den betreffenden Gesetzestext zu revidieren, mit dem Ziel, die volle Rechtssprechung über Kriegsverbrechen wieder herzustellen». Dies zum Beispiel, wenn es um die Anwerbung und Rekrutierung von Kindern unter 15 gehe.
Menschenrechts-Spezialisten und Rechtsexperten begrüssten die Intervention des UNO-Komitees. Die Formulierung «enger Bezug» müsse aus dem Schweizer Gesetzestext verschwinden.
«Ich habe immer gesagt, dass diese Formulierung vermutlich gegen die Genfer Konventionen verstösst», sagte Helen Keller, Professorin für internationales Recht an der Universität Zürich, gegenüber swissinfo.
«Das Parlament sollte nun auf seinen Entscheid zurückkommen und den Artikel 9 des Militärstrafgesetzes noch einmal revidieren.»
Zeit zu Handeln
Philip Grant, Präsident der in Genf beheimateten Schweizerischen Gesellschaft gegen Straflosigkeit «Trial», ist zuversichtlich, dass Regierung und Parlament den Empfehlungen des Komitees folgen werden.
«Für ein Land, das Depositärstaat der Genfer Konventionen ist, ist das eine beschämende Situation», sagte er. «Wenn genug Beweise vorliegen und sich ein Verdächtigter in der Schweiz aufhält, sollten wir handeln können.»
Die Position von «Trial» wird laut eigenen Angaben von rund 60 weiteren Rechtsprofessoren aus der ganzen Schweiz geteilt.
Kindersoldaten
Eine weitere Sorge der UNO-Kommission ist die Tatsache, dass die Schweizer Asyl-Spezialisten, die Asyl suchende Kinder befragen, keine Ausbildung erhalten, wie diese oft traumatisierten Kindern zu behandeln sind.
Auch würden Daten über frühere Kindersoldaten fehlen sowie ein spezifisches Integrationsprogramm für diese Kinder, kritisierte das Komitee.
Doch die UNO fand auch lobende Worte für die Schweiz: Die Anstrengungen der Regierung zur Ächtung der Anwerbung von Kindersoldaten und die finanzielle Unterstützung von internationalen Organisationen, die sich für Kinder in bewaffneten Konflikten einsetzen, seien vorbildlich.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erklärte am Freitag, zuerst müssten die Vorschläge des UNO-Komitees im Detail beobachtet werden, bevor mit einer Antwort zu rechnen sei.
swissinfo und Agenturen, Adam Beaumont, Genf
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)
Die Generalversammlung der UNO hiess das Zusatzprotokoll zur Konvention über die Kinderrechte im Mai 2000 gut. Damit sollen Kinder in bewaffneten Konflikten besser geschützt werden.
Die unterzeichnenden Nationen verpflichteten sich, die Anwerbung und den Einsatz von Kindersoldaten zu verhindern und ihre Gesetzgebung entsprechend anzupassen.
Die Schweiz unterzeichnete das Protokoll im September 2000. Es wurde im Juni 2002 vom Schweizer Parlament ratifiziert. Im Juli 2002 trat es in Kraft.
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