PRESSE/UBS-Steueraffäre: Zürcher Justiz verteidigt Verzicht auf Klage
Zürich (awp/sda) – Oberstaatsanwalt Andreas Brunner verteidigt den Entscheid der Zürcher Justiz, auf ein Strafverfahren gegen frühere UBS-Manager zu verzichten: Seine Behörde dürfe keine politischen Prozesse führen.
«Die Staatsanwaltschaft darf nicht auf öffentlichen Druck hin eine Untersuchung eröffnen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind», sagte Brunner in einem Interview mit der «Basler Zeitung» vom Samstag. Er könne aber nachvollziehen, dass dies vielfach nicht verstanden werde.
Ähnlich äusserte sich der Zürcher Justizdirektor Markus Notter gegenüber der «SonntagsZeitung»: «Man kann nicht ein Verfahren eröffnen, nur um den Volkszorn zu besänftigen.» Zwar sei ein grosser Schaden entstanden, «und man darf finden, das sei eine riesige Schweinerei – es reicht nicht für eine Strafuntersuchung.»
Die Staatsanwaltschaft habe nicht zu beurteilen, ob das Geschäftsmodell der UBS ethisch vertretbar oder zukunftsgerichtet sei. Die Idee, diese Frage über eine Strafuntersuchung zu diskutieren, sei naiv. Das müssten die Finanzmarktaufsicht und die Politik aufarbeiten.
Die Kritik, dass mit dem Strafrecht nur «kleine Fische» gefangen würden, lässt Oberstaatsanwalt Brunner nicht gelten: «Liegt ein entsprechender Anfangstatverdacht vor, fangen wir alle, auch die grossen Fische. Klar ist, dass grosse Fische vielfach hohe Wellen schlagen, was aber noch lange nicht heisst, dass sie sich dabei strafbar machen.»
Die Zürcher Staatsanwaltschaft hatte letzte Woche mitgeteilt, dass sie mangels Anfangsverdachts vorerst auf die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ehemalige UBS-Mitarbeiter verzichte. Weder die Milliarden-Verluste als Folge von Fehlspekulationen noch die US-Steueraffäre seien nach Schweizer Recht strafbar.
Insofern unterscheide sich der «Fall UBS» vom Verfahren nach dem Grounding der Swissair: «Im Fall Swissair lag ein Anfangstatverdacht für im Kanton Zürich verübte mögliche Delikte – auch Konkursdelikte – vor, was zur Eröffnung des Strafverfahrens führte», erklärte Brunner.
Brunner wies die Kritik zurück, dass Wirtschaftsverfahren zu lange dauerten und die Urteile zu wenig hart ausfielen: Die Bilanz falle gut aus. Im Durchschnitt dauerten die Verfahren «etwas länger als zwei Jahre». In Einzelfällen könne eine lange Verfahrensdauer aber nicht ausgeschlossen werden.
Gemäss einer Analyse der Anklagen der Zürcher Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte der Jahre 2007 und 2008 wurden 42 Urteile in Wirtschaftsstrafverfahren erwirkt. Drei Personen wurden laut Brunner erstinstanzlich freigesprochen. Für die übrigen Angeklagten sprachen die Gerichte insgesamt über 90 Jahre Freiheitsstrafe aus. Die durchschnittliche Strafdauer betrug zweieinviertel Jahre.
uh