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Schweiz kein «sicherer Hafen» für Kriminelle

Die EU-Karte wurde nach der Ost-Erweiterung neu gezeichnet. Nun werden die Beziehungen Schweiz-EU besser definiert. Keystone Archive

Ein europäischer Parlamentarier kritisiert die EU-Kommission bei der Regelung des Schweizer Kohäsionsbeitrages.

Der sozialdemokratische österreichische Abgeordnete Herbert Bösch pries jedoch gleichzeitig den Wert der bilateralen Abkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz.

Am Dienstag wird das EU-Parlament in Strassburg voraussichtlich den ersten Dossiers der Bilateralen Abkommen II zwischen der EU und der Schweiz zustimmen.

Der österreichische EU-Parlamentarier Herbert Bösch (SPÖ) beschäftigte sich als Zuständiger im Haushalts-Kontrollausschuss intensiv mit der Betrugsbekämpfung und der Schweiz. Der Ausschuss stimmte dem Abkommen einstimmig zu.

«Modellhafter Charakter»

Für Bösch ist dies ein wichtiger Schritt vorwärts. Die Schweiz als «sicherer Hafen» für Kriminelle falle weg, sagte der Bregenzer gegenüber der Nachrichtenagentur sda.

2001 hatte er noch gefordert, keine Abkommen mit der Schweiz mehr abzuschliessen, bis es Verbesserungen bei der Betrugsbekämpfung gebe.

Dem Abkommen müssen noch die Parlamente der 25 Mitgliedstaaten zustimmen. Bösch betont bereits den «modellhaften Charakter» für die Kooperation mit anderen Ländern wie Norwegen, Liechtenstein, Monaco und der Türkei.

«Überhaupt kein Verständnis» für EU-Kommission

Insgesamt hätten bei den Bilateralen II beide Seiten gegeben, beide etwas erhalten, urteilt Bösch. Nach dieser erfolgreichen Zusammenarbeit hat er «überhaupt kein Verständnis» dafür, dass die EU-Kommission nun einen Staatsvertrag für den Schweizer Kohäsionsbeitrag fordert.

Die Schweiz bietet an, die 10 neuen EU-Mitglieder mit ingesamt 1 Mrd. Franken in jährlichen Tranchen von 200 Mio. Franken zu unterstützen.

Bösch spricht von «Fingerübungen» und «Prinzipienreiterei». Zwar ist zurzeit in dieser Frage keine formelle Mitsprache des EU-Parlamentes vorgesehen. Doch Bösch will während seiner Rede zur Betrugsbekämpfung am Dienstag im Plenum seine Parlamentskolleginnen und -kollegen auf das Problem aufmerksam machen.

Verhandlungen: Neue Phase

Das Geschäft ist zurzeit nicht nur in den Händen der EU-Kommission. Mit dem Schweizer Kohäsionsbeitrag beschäftigte sich am Freitag einmal mehr auch die EFTA-Gruppe der EU-Staaten. Dabei ging es darum, das nächste Treffen der Kommission mit den Schweizer Unterhändlern zu besprechen, das Anfang März in Bern stattfinden soll.

Man sei in eine neue Denkphase eingetreten, sagte ein EU-Diplomat nach der Sitzung. Nach dem Gespräch zwischen Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und EU-Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner Anfang Februar versuchten beide Seiten nun, einen Kompromiss zu finden.

Einige offene Optionen

Es bleibe aber inakzeptabel, dass nicht die EU die Vertragspartnerin der Schweiz sei, ergänzte der EU-Diplomat. Die Schweiz hatte immer betont, ein «Memorandum of Understanding», eine Vereinbarung, mit der EU reiche aus. Die Verträge sollten direkt mit den Empfängerstaaten – den 10 neuen EU-Mitgliedern – abgeschlossen werden.

Wer zu den Begünstigten gehören wird, scheint momentan noch nicht restlos geklärt zu sein. Spanien, Portugal und Griechenland würden auch gerne von den Schweizer Zahlungen profitieren. Viele Optionen würden geprüft, sagte ein hoher EU-Funktionär. Zu Kompromiss-Szenarien wollte er sich nicht äussern.

swissinfo und Agenturen

Die Schweiz und die EU sind sich noch nicht einig über die Auszahlung des Kohäsionsbeitrags der Schweiz an die neuen EU-Staaten.

Die Schweiz hat 1 Mrd. Franken angeboten, zahlbar in fünf jährlichen Raten von 200 Mio. Franken.

Die EU-Kommission möchte darüber mit der Schweiz einen Staatsvertrag abschliessen, während die Schweiz eine unverbindliche Vereinbarung als genügend erachtet.

Die Schweiz ist nicht Mitglied der Europäischen Union. Sie gehört mit Island, Liechtenstein und Norwegen zur Europäischen Freihandels-Assoziation EFTA.

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